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Christine, am 3.10. 2018 um 00:55:59 Uhr
Jähzorn

In der DDR absolvierte man sein Abitur an der Erweiterten Oberschule. Dabei gab es jede Woche 45 Minuten Staatsbürgerkunde. Unser Stabülehrer Brackmann hatte ein Schandmaul. Das war wahrscheinlich der Grund dafür, dass er ausgerechnet diesen Job gewählt hatte. Seine Arroganz konnte sich mit der eines Quizmasters messen. Um ihn einmal so richtig aus der Ruhe zu bringen, verabredeten wir uns, ihm eine Stunde lang nicht zu antworten und stattdessen alle auf seinen Schlips zu starren. Er war tatsächlich sekundenlang irritiert. Aber Jähzorn war da keiner zu spüren. Den bekamen nur die Flämig-Jünger zu spüren, die ihr Leben im Kreuzchor fristeten, während wir ein paar Meter weiter auf ebendiesen Schlips starrten. Noch als Beate vor der Wiederholung der Anatomiepüfung ihren SchlipsImRadBlues bekam, dachte ich an Bracki, der vielleicht ein Zyniker gewesen sein mag, aber niemanden so durchkrachen ließ, wie es diese Hallenser Misanthropen reihenweise mit den Medizinstudenten taten. 45 Prozent des Studienjahrs waren danach draußen. Left outside alone wäre also nicht die schlüssigste Erklärung für ihr Miteinander. Sie hatten das Glück der rechtzeitigen Erleuchtung. Wer Arzt ist, muss es tatsächlich sein wollen und nicht nur Schlips tragen. Es ist kein Verlegenheitsjob für Einfallslose.


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