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Der Arzt hatte sich ans Fußende von Schömbergs Bett gehockt. Sie waren alleine im Zimmer - Schömberg hatte alle möglichen Zusatzversicherungen abgeschloßen, die es seiner Frau ermöglicht hatten, Schömbergs Anrecht auf ein Einzelzimmer geltend zu machen. Der Weisskittel erzählte von den gut verheilten inneren Verletzungen, die dann doch nur recht kleine Eingriffe erforderlich gemacht hätten - nur das Schädel-Hirn-Trauma wäre etwas ernster. Schömberg brauche jetzt einige Wochen Ruhe - und dann »eine kleine Reha-Kur«. Schömberg hörte sich das alles mehr oder weniger interessiert an, und sprach dann den Arzt auf »merkwürdige« Träume an, die er gehabt habe. Das könne sein, meinte der Arzt. Man könne im Koma träumen - doch die Erinnerungen daran seien meist noch schlechter, als normalerweise. Doch Schömberg konnte sich nur allzugenau daran erinnern. Er fasst sich ein Herz: er hätte unter anderem davon geträumt, mit seinem eigenen Sohn Sex gehabt zu haben ! Von seinem Kollegen Berresheim, der den Wagen gefahren war, mit dem er verunfallt war; und von einer intensiven Wasserkur nach Kneipp wegen irgendeiner Blutkrankheit. Der Arzt lächelte. Er erzählte, daß an seinem Krankenbett öfters von einer solchen Kur geredet worden war. Gerade im Reha-Bereich arbeite man viel mit Kneippschen Anwendungen. Das er von seinem Kollegen Berresheim geträumt hätte, sei ganz normal - schließlich habe dieser den Unfallwagen gefahren. Und das mit dem Sex mit seinem eigenen Sohn - der Arzt verkniff sich das Grinsen mit großer Anstrengung - nunja, das könnten unterdrückte Triebe sein, die sich, wie so häufig, ihren Weg in den Traum gebahnt hätten. Schömberg solle erwägen, mal »eine kleine Psychotherapie« zu machen. Eine kleine Psychotherapie, eine kleine Reha-Kur - bald sprach der Arzt noch von »der kleinen Woche«, die man ihn noch zur Beobachtung dabehalten wollte. Alles war immer klein bei diesem Arzt, was Schömberg aufzuregen begann.
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