Einige überdurchschnittlich positiv bewertete
Assoziationen zu »Schömberg«
ruecker42 schrieb am 15.5. 2011 um 23:56:59 Uhr zu
Bewertung: 4 Punkt(e)
Am Sonntagmorgen beschloß Peters, an die frische Luft zu gehen. Er hatte nun seit über 48 Stunden nicht geschlafen und er kannte diesen Zustand zur Genüge - auf dem Boden sitzen und Löcher in die Luft starren. Das ziellose Schlendern durch die Straßen und Gassen, so hoffte er, würde seine rasenden Gedanken zur Raison bringen. Ein Teil seines Kopfes war unbeteiligter Beobachter, der sich das Theater im anderen Teil ansah, dort ging es (wieder einmal) um die Entstehung und das Vergehen der Welt, und nichts geringeres. Bevor er die Wohnung verließ, schaute er sich im Spiegel an. »Geben sie Gedankenfreiheit, Sire« murmelte er seinem Gegenüber zu und brach auf.
Sein Weg führte ihn diesmal schließlich ans Flußufer, er setzte sich auf eine der Bänke an der Promenade. Ein Mann durchsuchte die Papierkörbe, die neben den Bänken aufgestellt waren. Peters staunte über die Routine, die der Mann, er mochte Mitte 50 sein, dabei an den Tag legte. Als er an seiner Bank ankam, nickte er Peters kurz zu, warf einen kurzen Blick in das leere Behältnis und ging weiter. Peters schaute ihm lange hinterher, dabei nickte er schließlich ein.
Die Leiche schrieb am 23.5. 2011 um 09:30:25 Uhr zu
Bewertung: 3 Punkt(e)
Schömberg saß am Computer. Dauerhaft arbeitsunfähig krank, auf den Abschluß des endlosen Rentenverfahrens wartend, in einer kleinen Sozialwohnung anstelle des kompfortabelen Einfamilienhauses, daß er mit seiner Exfamilie bewohnt hatte - und klickte sich durchs internet. Er klickte sich zuerst nur spätabends und nachts durch die Sexseiten, dann auch schon am nachmittag und frühmorgens. Und irgendwann fuhr er mit der Regionalbahn in die nächste Kreisstadt, wo es einen Elektronik-Handel gab, und erwarb eine webcam. Er fühlte sich sehr merkwürdig dabei, wie früher, als er in der Videothek nach Pornofilmen schaute. Er meinte, jeder würde ihn ansehen und sich sein Teil über ihn denken. Schömbergs Hände zitterten leicht, als er an die Kasse trat. Doch der schon ergraute Herr an der Kasse benahm sich mit gelangweilter Routine. Schömberg war dankbar dafür. Er konnte es sich einfach nicht vorstellen, daß es im 21. Jahrhundert ausgesprochen normal war, eine webcam zu kaufen. Selbst die damit verbundene Anzüglichkeit war ja mittlerweile normal.
Die Leiche schrieb am 5.5. 2011 um 21:53:07 Uhr zu
Bewertung: 3 Punkt(e)
Ein schwieriger Moment in Schömbergs Leben war das zu Bett gehen geworden. Insbesondere zu Zeiten, in denen Schömbergs Vitalfunktionen derart beeinträchtigt waren, daß er den Tag notgedrungen fast vollständig auf dem Sofa verbracht hatte, fiel es ihm äusserst schwer, Schlaf zu finden. Las er, dann fielen ihm die Augen zu. Löschte er das Licht, dann wurde er hellwach, und grübelte über die endlosen Gerichtsverfahren nach, an denen seine Rentenansprüche hingen, überschlug immer wieder, wielange seine Ersparnisse noch ausreichen würden, bevor er auf Sozialhilfe angewiesen sein würde. Nur äusserst widerwillig und nach mehreren schlaflosen Nächten griff er dann doch zu dem Schlafmittel, daß ihm sein Arzt bereitwillig verschrieben hatte. Das Problem sein bekannt, hatte der Arzt nur lapidar bemerkt.
Die Leiche schrieb am 21.5. 2011 um 09:10:56 Uhr zu
Bewertung: 2 Punkt(e)
Schömberg hatte sich vom Schock der Hausdurchsuchung immer noch nicht erholt, als die nächste Überraschung über ihn hereinbrach. Sein Sohn Lars stand vor der Tür, mit einem olivgrünen Seesack über der Schulter. »Mama hat mich rausgeschmissen !« Auch bei Schömbergs zukünftiger Exfrau hatte eine Hausdurchsuchung stattgefunden. Bei Schömberg hatte man Haschisch gefunden, Schömbergs Sohn war einschlägig vorbestraft - also ?! »Gefunden haben sie nix! Ich bin nich blöd!« grinste Lars. Vater und Sohn saßen nebeneinander auf Schömbergs Couch, und tranken Bier aus der Flasche. Schömberg betrachtete die Tätowierungen auf den nackten Schultern und Oberarmen seines Sohnes, der nur ein Trägershirt trug. »Triple Style« erklärte Lars. »Voll krass, gell ?« Nun klar, Schömberg konnte und wollte seinem Sohn das Asyl nicht verweigern. Erst recht nicht, als er auf entsprechende Nachfrage seines Sohnes erklären mußte, wieso sie bei ihm, Schömberg, eine Hausdurchsuchung veranstaltet hätten. Diese Erklärungen waren umfangreicherer Natur, da Lars Schömberg die Begriffe des Bank- und Börsenrechts durchaus fremd waren. Er hatte den -ehemaligen - Beruf seines Vaters nie leiden mögen. Doch nun erwuchs in ihm eine kumpelhafte Achtung vor seinem wirtschaftskriminellen Vater. »Ey Dad, das hätt' ich Dir nie zugetraut ! Aber jetzt sind wir quitt, wa ?« - Das bezog sich auf Lars Schömbergs Indiskretion über die Bezahlung des Strafverfahrens gegen Lars Schömberg wegen Betäubungsmitteln, aufgrund derer Schömberg nunmehr von seiner zukünftigen Exfrau - Larsens Mutter - auf Auskunft über sein Einkommen und Unterhalt verklagt wurde. Immerhin: der Unterhaltsanspruch für Lars, den seine Exfrau geltend gemacht hatte, war nun erledigt: Lars lebte ja jetzt bei seinem Vater ! Dieser konnte im Gegenteil nunmehr gegen seine zukünftige Exfrau Unterhalt für Lars, der ja noch 2 Jahre die Schulbank drücken würde (»Mindetens !«) geltend machen. »Ey klar, Alter, das machen wir ! Die blöde Alte soll uns kennenlernen ! Prost !« Und als sie die Flaschen abgesetzt hatten, grinste Lars seinen Vater schelmisch an: »Haste Bock, was zu rauchen ?«
Die Leiche schrieb am 4.5. 2011 um 21:19:05 Uhr zu
Bewertung: 3 Punkt(e)
Schömberg hatte gute Tage, gute Wochen. Dann schlief er gut, und wurde unternehmungslustig. Er unternahm Spaziergänge, ja regelrechte Wanderungen, wischte und räumte in seiner Wohnung herum, veranstaltete Kochexperimente, und genoß es intensiv, im Sonnenschein auf Parkbänken zu sitzen. Doch dann gab es immer wieder die schlechten Tage und schlechten Zeiten, manchmal wochenlang, manchmal Monate, in denen Schömberg erst im Morgengrauen Schlaf fand, und sich dann in wechselnden Stufen der Depression durch den Tag schleppte. Manchmal konnte er kaum gehen, bekam Schweißausbrüche davon, den Mülleimer runterzubringen, mußte auf dem Weg von und zum Supermarkt schnaufend anhalten, so daß meist ältere Mitmenschen besorgt auf ihn zukamen und ihre Hilfe anboten.
ruecker42 schrieb am 24.5. 2011 um 21:00:51 Uhr zu
Bewertung: 2 Punkt(e)
Peters ließ seinen Blick aus dem bis zum Boden reichenden Fenster seines Büros über die Stadt ziehen, die sich 16 Etagen unter ihm ausbreitete.
Das Spiegelbild dieses Panoramas wurde durch die Fugen zwischen den Fassadenelementen des Nachbarturmes in waagrechte und senkrechte Linien unterteilt, Peters fing leise an zu kichern, als ihm dies auffiel. »Los«, sprach er in strengem Tonfall zu seinem Schreibtisch, »analysieren Sie den Chart nicht, erfassen Sie mit einem Blick den Trendkanal. Es ist keine Zeit für langwierige Erörterungen und Abschätzungen, Sie müssen schnell und präzise entscheiden.« Trendkanal, Linien wir auf dem Bild von Kandinsky ...
Er schüttelte sich kurz und kam sich dann selbst übertrieben pathetisch vor. Was Furgeson ihm da in der vierzigsten Etage über dem dampfenden Espresso offenbart hatte, konnte ja gar nicht sein. Vielleicht hatte er in seiner Pfeife ja etwas von dem Zeug geraucht, daß man unten in den Anlagen kaufen konnte, wenn man es darauf anlegte. (Elaine meinte einmal, daß man in den Anlagen nur übelste Qualität bekäme, sie könne dann auch gleich alte Schuhcreme rauchen. Peters konnte das nicht beurteilen, im Alter von vier Jahren hatten seine Eltern ihn zu Sylvester an einer Mentholzigarette ziehen lassen, dieses »Erlebnis« hatte ihn ein für allemal geprägt, er rauchte nicht und trank keinen Alkohol.) Andererseits wurde ihm klar, daß diese Aktion eine Vorlaufzeit von jetzt gut 5 Jahren hatte (von 2007 bis 2010 wurde der ganze Komplex renoviert, nur da war das mit der Glasfaser überhaupt möglich gewesen, ohne allzu große Aufmerksamkeit zu erregen), das konnte kein Einfall eines »Kiffers« sein. Und niemand hatte auf Peters gewartet, man hatte einfach nur auf jemanden gewartet, der einen Teil dieser Aktion umsetzen können würde, und das war nun - rein zufällig - er. Na dann. Er beschloß, zu den Charttechnikern zwei Etagen tiefer zu gehen und dort nach Literatur über diese Elliott-Wellen zu fragen. Mit gut sechs Millisekunden Vorsprung sollte etwas zu machen sein, und Peters interessierte es schließlich, ob das ganze nun tatsächlich funktionieren würde oder einfach nur ein riesiges Hirngespinst sei. Furgeson war ihm einfach zuvor gekommen, er hatte ihn ja eh' dazu fragen wollen. Elliott, Eliot ... »I've heard the mermaids singing, each to each. I do not think that they will sing to me.«, er trat auf den Flur und begann auf dem Weg zum Fahrstuhl (nein, heute keine Treppen mehr) laut zu deklamieren:»LET us go then, you and I, when the evening is spread out against the sky...«, aber in dieser Abteilung war man gewohnt, daß mild wahnsinnige die Büros bevölkerten, über so etwas verlor keiner auch nur ein Wort.
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