Einige überdurchschnittlich positiv bewertete
Assoziationen zu »Schömberg«
ruecker42 schrieb am 15.5. 2011 um 23:56:59 Uhr zu
Bewertung: 4 Punkt(e)
Am Sonntagmorgen beschloß Peters, an die frische Luft zu gehen. Er hatte nun seit über 48 Stunden nicht geschlafen und er kannte diesen Zustand zur Genüge - auf dem Boden sitzen und Löcher in die Luft starren. Das ziellose Schlendern durch die Straßen und Gassen, so hoffte er, würde seine rasenden Gedanken zur Raison bringen. Ein Teil seines Kopfes war unbeteiligter Beobachter, der sich das Theater im anderen Teil ansah, dort ging es (wieder einmal) um die Entstehung und das Vergehen der Welt, und nichts geringeres. Bevor er die Wohnung verließ, schaute er sich im Spiegel an. »Geben sie Gedankenfreiheit, Sire« murmelte er seinem Gegenüber zu und brach auf.
Sein Weg führte ihn diesmal schließlich ans Flußufer, er setzte sich auf eine der Bänke an der Promenade. Ein Mann durchsuchte die Papierkörbe, die neben den Bänken aufgestellt waren. Peters staunte über die Routine, die der Mann, er mochte Mitte 50 sein, dabei an den Tag legte. Als er an seiner Bank ankam, nickte er Peters kurz zu, warf einen kurzen Blick in das leere Behältnis und ging weiter. Peters schaute ihm lange hinterher, dabei nickte er schließlich ein.
Die Leiche schrieb am 4.5. 2011 um 19:34:47 Uhr zu
Bewertung: 2 Punkt(e)
Das Telefon klingelte - und das alleine versetzte Schömberg in Aufregung. Es war sehr selten geworden, daß sein Telefon klingelte. Und wenn es klingelte, war es meist ein Call-Center-Agent der Telefongesellschaft, der ihn von den Vorteilen eines neuen Tarifes überzeugen wollte. Doch heute war es Berresheim, mit dem er über 10 Jahre lang gut zusammengearbeitet hatte. Er wäre zufällig in der Gegend, ob man nicht zusammen abendessen könnte ? Schömberg kam sich vor, als hätte er einen elektrischen Schlag bekommen. Sein Puls ging schneller, und stundenlang überlegte er, was er anziehen sollte. Schließlich entschied er sich, das anzuziehen, was er in letzter Zeit immer anzog, wenn er zum Mykonos-Grill ging: jeans und sweatshirt, die Goretex-Jacke darüber. Lange hatte er vor dem Bügel mit dem Blazer gestanden, hatte sich sogar hinsetzen müssen. Die Kniee waren ihm schwach geworden, und er mußte eine Tablette nehmen. Doch dann war er sich seiner sicher geworden: Berresheim sollte ihn so sehen, wie er nunmehr lebte. Sogar auf die Rasur verzichtete er, obschon man seine Stoppeln schon lange nicht mehr als modischen Dreitagebart bezeichnen konnte. Aber die Haare würde er waschen - soviel war er sich schuldig, wenn er mit Berresheim zum Mykonos gehen würde.
Die Leiche schrieb am 19.5. 2011 um 07:57:29 Uhr zu
Bewertung: 2 Punkt(e)
Schömberg, der durch seine Tätigkeit als Strohmann für Insidergeschäfte seines Exkollegen Berresheim (und dessen Bettschlampe Jutta, die als Sekretärin in der Investment-Abteilung die Tips gab) wieder zu etwas Geld gekommen war, sah sich nunmehr unversehens erheblichen Mißhelligkeiten ausgesetzt. Sein Anwalt hatte ihm eindringlich klargemacht, daß er seine Rentenansprüche »in der Pfeiffe rauchen könne« - wer binnen weniger Monate mit Börsenspekulationen über 100.000 Euro Gewinn machen könnte - der sei weder berufs- noch erwerbsunfähig. Ja - Schömberg wurde dringend anempfohlen, seine Klagen zurückzunehmen. Der Vorwurf des Prozeßbetruges schwebe im Raum. Ebenso sei der Unterhaltsanspruch von Schömbergs Exfrau und seiner Tochter Angela wieder aufgelebt, der nunmehr geltend gemacht wurde. Schließlich mußte Schömberg nunmehr Einkommenssteuer zahlen. Da ihm kaum Abzugsmöglichkeiten zur Verfügung stünden, beliefe sich die Steuerlast nach der Einschätzung des Anwalts auf rund 40.000 Euro - »Pi mal Schnauze«. Hinzu kämen ca. 15.000 € rückständiger Unterhalt und monatliche Zahlungen in Höhe von mindestens 1000, wahrscheinlich eher 2000 Euro, da man annehmen werde, daß Schömberg ein hochgerechnetes Jahreseinkommen von an die 200.000 Euro haben werde. Als Schömberg das Büro des Anwalts verlassen hatte, setzte er sich auf eine Bank in der Fußgängerzone, und drehte sich mit zittrigen Händen eine Zigarette. Gerade mit Glück der Verarmung entronnen, sah er wieder dem Elend ins Auge. Er würde Berresheim anrufen müssen - und seinen Sohn Lars.
Die Leiche schrieb am 23.5. 2011 um 09:30:25 Uhr zu
Bewertung: 3 Punkt(e)
Schömberg saß am Computer. Dauerhaft arbeitsunfähig krank, auf den Abschluß des endlosen Rentenverfahrens wartend, in einer kleinen Sozialwohnung anstelle des kompfortabelen Einfamilienhauses, daß er mit seiner Exfamilie bewohnt hatte - und klickte sich durchs internet. Er klickte sich zuerst nur spätabends und nachts durch die Sexseiten, dann auch schon am nachmittag und frühmorgens. Und irgendwann fuhr er mit der Regionalbahn in die nächste Kreisstadt, wo es einen Elektronik-Handel gab, und erwarb eine webcam. Er fühlte sich sehr merkwürdig dabei, wie früher, als er in der Videothek nach Pornofilmen schaute. Er meinte, jeder würde ihn ansehen und sich sein Teil über ihn denken. Schömbergs Hände zitterten leicht, als er an die Kasse trat. Doch der schon ergraute Herr an der Kasse benahm sich mit gelangweilter Routine. Schömberg war dankbar dafür. Er konnte es sich einfach nicht vorstellen, daß es im 21. Jahrhundert ausgesprochen normal war, eine webcam zu kaufen. Selbst die damit verbundene Anzüglichkeit war ja mittlerweile normal.
Die Leiche schrieb am 17.5. 2011 um 21:44:24 Uhr zu
Bewertung: 3 Punkt(e)
Schömbergs erster joint nach über 25 Jahren Drogenabstinenz (wenn man von Alkohol, Koffein, Niktotin sowie einer ständig länger werdenden Liste von apothekenpflichtigen Arzneimitteln absieht) war eine Katastrophe geworden. Die Widrigkeiten der Herstellung, des Zusammenbringens mehrerer Zigarettenpapierchen und eines Pappfilters waren noch das Geringste. Übel war vielmehr, daß sich Schömberg gewaltig in der Menge vertan hatte. Er ging nämlich von denjenigen Mengen aus, die vor einem Vierteljahrhundert im Fahrradkeller des Schillergymnasiums in Euskirchen verwandt wurden. Daß die Gentechnik mit ihrem ungeheuren Potential an Effizienzsteigerung zuallererst die Drogenbranche erobert hatte, war Schömberg völlig unklar. Nach den ersten Zügen, zu denen Schömberg behaglich eine Tasse Kaffee mit viel Milch schlürfte, erging sich Schömberg noch in wehmütigen Reminiszenzen an seine Pennälerzeit - doch nach einer Viertelstunde brach ihm der kalte Schweiss aus. Panik jagdte durch sein Hirn, sein Kreislauf fuhr mit Lichtgeschwindigkeit Achterbahn. Obwohl sich Schömberg an den Wänden festhielt, schlug er noch im Flur hin - zum Bett oder Sofa kam er ebensowenig wie zur Toilette, so daß Schömberg in bzw. neben seinem eigenen Erbrochenen zu liegen kam. Gerne hätte er den Notarzt gerufen - doch selbst zum Telefon konnte er sich nicht mehr schleppen. Sein Überleben, so war sich Schömberg sicher, war reine Glückssache gewesen.
Die Leiche schrieb am 10.5. 2011 um 00:54:56 Uhr zu
Bewertung: 3 Punkt(e)
Frühsommer im Mai - die Freibäder öffneten, und Schömberg raffte sich dazu auf, in shorts und ärmelosen shirt in den Park zu schlendern. Früher, als er noch gearbeitet hatte, wagte er nur im Urlaub derart luftige Bekleidung. Sein Arzt hatte ihn ermuntert. Die frische Luft würde ihm guttun. Und so saß er dann auf einer Parkbank im Halbschatten einer üppigen Kastanie, blätterte in der SZ herum, und fand das Leben solange schön, bis sich wieder in seiner Schläfe jener stechende Schmerz, in seinen Beinen dieses Kribbeln einstellte und sein Kreislauf in Sturzflug überging. Schömberg blieb ruhig, er wußte, welche Medikamente er seinem »Detlev« zu entnehmen hatte. Ohne dieses »schwule Ding« als Medikamentenbox ging er nie aus dem Haus.
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