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Peter Rühmkorf
 Davon singet sein Mund
 
 Wo der Schnee fault, das Feuer schimmelt, die Luft verrottet.
 in Täuschland,
 wo mein Entsetzen zu Hause ist,
 will ich zum ersten, zum zweiten, zum letzten,
 rrrummms!
 Will dies unverkieselte Herz und, ehe das Auge trocken steht,
 Lust und Wut und viele gebrechliche Dinge
 lauthals preisen,
 unter, ah!
 Atem halten will ich, daß er unter uns bleibe:
 Gesang!
 
 Ja–ja, schlag er sich nur an die machtvoll rauschende Brust
 und sing:
 Fröhlich bin ich in Hoffart!
 Schneidet er Fratzen in Frankfurt,
 haut er in Hamburg sein Hirn auf den Kopf,
 immer wisset:
 aus Niederem nähret die Freude sich,
 und was in Mops und Möwe
 bellt oder segelt,
 macht auch ihm seine Kehle schwellen auf Widerruf,
 oh hört nur:
 Hallelujah – Hallelujah,
 wie er die Zunge rührt ungläubig und einmalig.
 
 Was ist es denn sonst, das sein Fleisch
 schon jetzt aus der Fassung bringt
 als
 seine Verderblichkeit – ?! –
 Hacke und Schnauze, wie stockt es so bald und bleibt
 zwischen Schläfe und Hosenstall garnichts Bewegliches;
 auch
 seine freischaffende Seele,
 hochfahrend noch und sein herrenlos reisiger Geist,
 schmählicher einst als sein Buckel der Erde anheimfällt,
 eine Handvoll flüchtigen Düngers,
 so strebet es himmelan.
 
 Davon singet sein Mund,
 und dann,
 über dich gebeugt und über die Salzburger Nockerln:
 aller guten Dinge kurzen Zusammenhang,
 also:
 das Vorhandene:
 hier und unter dem Hammer köstlich geheißen, da
 da aber kommt
 – ei, dein wechselfarbenes Haar im Zwielicht! –
 garnichts von Hegel her und
 reproduziert sich in Form von Gesang
 KEIN WELTGEIST. 
 
 
 
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