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mcnep schrieb am 6.3. 2003 um 13:40:44 Uhr über

Psalm

Das chinesische Äquivalent zu den Psalmen stellt das Shijing dar, eine Sammlung von zum Teil bis in das neunte Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung zurückreichenden Liedern und Oden, die der Überlieferung nach durch Konfuzius aus einer 3000 Stücke umfassenden Sammlung zum Kanon der heute vorliegenden 300 Gedichte kompiliert worden ist.
Der gesamte Lebenskreis der frühen chinesischen Kultur liegt in ihnen in kunstvoller Verknappung beschlossen, die jahreszeitlichen Feste ebenso wie Traueroder Preisgesänge, liebendes Werben und heroisches Säbelrasseln. Wenngleich etliche der Stücke auch einen deutlichen Untertanengeist atmen (das Shijing, auch Shi King genannt, war eines der Lieblingsbücher des konfuzianischen Kaiserhofes) , so wird man in ihnen eines nicht finden: den Kotau vor einem höheren Wesen. Ein solches ist, wenn überhaupt in Gestalt des Himmels allpräsent, dem, einem Wort des Kungzi zufolge, 'die Menschen wie Strohhunde sind'. Bauern und Soldaten, Ehefrauen und Fürsten kommen hier zu Wort, doch sie alle beschränken sich darauf, das zu besingen, was im erfahrbaren Kosmos ihrer Welt liegt. Da steigt kein Weihrauch zum Himmel, da versichert sich eine Jahrtausende alte Gesellschaft ihrer selbst. Ein stolzes und zugleich bescheidenes Buch, das der später entstandenen Psalmsammlung Davids ebenbürtig und an vielen Stellen unter künstlerisch-formalen Aspekten überlegen ist.

Es ist schwer, eine Übersetzung zu finden, die der Knappheit und Prägnanz des Originals nahekäme; die zum Ende des 19. Jahrhunderts entstandene englische Übersetzung von William Jennings ist zwar philologisch nicht immer korrekt, jedoch immer um sprachliche Schönheit und Eleganz des Metrums bemüht, weswegen ich aus ihr ein kurzes Beispiel zitieren möchte. Es stammt aus Buch VI der sogenannten kleineren Festoden und ist mit 'Ein überarbeiteter Beamter klagt' überschrieben:

(...)
Some live content, in tranquil ease;
some for their country their full vigour spend.
Some rest recumbent in their beds;
And some have journeyings that know no end.

Some know not clamour and alarms;
And some have miserable toil and pain.
Some idly roost, or lie supine;
Some serve their king, and scarcely bear the strain.

Some give themselves to mirth and wine;
Some live in miserable fear of blame.
Some gad about, and criticize;
While some have all to do that bears a name.




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