Welt der Riesen
Meine Herren und Herrinnen sind um mich versammelt. Sie tafeln, geben Anweisungen und ich gehorche. Ich renne umher und gehorche. Ich weiche ihren riesigen Schuhen aus, um nicht zertreten zu werden. Diese Herren und Herrinnen regieren meine Welt und es gibt keine Welt außer dieser. Und wenn es eine andere Welt außer der, in die ich mich geflüchtet habe, noch gibt, so habe ich zu große Furcht davor, dorthin zurückzukehren. Denn dort war es eigentlich nicht anders. Selbst die anderen Zwerge, die mit mir rennen und gehorchen, sind größer als ich. Und sie sind anders. Sie sind schon in der anderen Welt anders gewesen. Der schlechten Welt, aus der sie – wie ich – geflohen sind. Ich bin der kleinste Zwerg von allen.
Die Riesen tafeln und poltern. Ich renne und erledige immer alle Aufträge. Selbst dann, wenn sie meine Kräfte übersteigen. Wenn wir Zwerge nicht alles erledigen, dann werden wir als faul und unfähig bezeichnet. Man zertritt uns. Wir werden einfach zerquetscht und es bleibt den anderen Zwergen überlassen, die blutigen Überreste wegzuwischen. So funktioniert es in dieser Welt. Diese Welt ist besser als gar keine. Alles, was mich am Leben hält, ist die Hoffnung, dass es mir weiterhin gelingen wird, die Wünsche der Riesen zufrieden zu stellen und die Hoffnung, dass eines Tages alles besser wird. Noch hoffe ich. Aber die Jahre gehen, ohne dass sich etwas ändern würde. Ich renne tagaus, tagein mit den anderen Zwergen in den Palast der Riesen und hoffe, nicht zerquetscht zu werden.
Besonders tolle Zwerge haben natürlich die Chance, die Gunst der Riesen zu gewinnen und von ihnen eines Tages groß gemacht zu werden. Das ist auch meine Hoffnung. Weshalb sonst sollte ich jeden Tag aufs Neue versuchen, den Stiefeln der Riesen auszuweichen, die hoch über mir tafeln? Die anderen Welten sind genauso beschissen wie diese, und ich habe keine Lust, diese Welt, deren Regeln ich kenne, gegen eine andere beschissene Welt zu tauschen, deren Regeln ich nicht kenne.
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