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Tanna schrieb am 24.1. 2000 um 14:51:51 Uhr über

Avatar

In den alten Mythen wimmelte es von Göttern, die auf die
Erde herabstiegen und sich dafür einen hübschen Körper
aussuchten - einen Stier, einen Schwan oder ein Pferd.
»Avatare« ist die Bezeichnung für solche Verkörperungen in
der hinduistischen Gedankenwelt. In der Computerwelt
steht dieser Name für den umgekehrten Weg: Ein Mensch
steigt in den Cyberspace und sucht sich dort einen Körper
aus, der ihm gefällt. In Online-Systemen wie Worlds Away,
CyCosmos oder Virtual Places laufen sie herum, die
digitalen Alter Egos der Surfer. Dennoch fehlen ihnen
wirklich individuelle Züge. Zumeist ist der Werkzeugkasten
schwach bestückt, aus dem der Schöpfer seinen Avatar
zusammenstellen darf. Noch häufiger scheint indes die
Fantasie des Surfers schwach bestückt zu sein, wenn man
all die simplen muskelprotzenden oder vollbusigen Figuren
sieht, die sich in den Cyberwelten tummeln.

Zur Cebit, verspricht die englische Firma Cyber Frontier
International, wird das alles Schnee von gestern sein. Sie
will in Hannover eine Software vorstellen, mit der
automatisch historische Avatare erstellt werden. Wer "Joan
of Arc" eintippt, bekommt eine kurvenreiche Schönheit in
Ritterrüstung, auch Macbeth, Robin Hood oder die
Computerpionierin Ada Lovelace sind vorkonfiguriert. Zudem
soll die Software imstande sein, aus einfachen
Beschreibungen wie "wohlhabender blonder Kaufmann im
17. Jahrhundert" einen historisch korrekten Avatar zu
zaubern.

Was aber passiert, wenn man "schöne, junge,
selbstbewusste Frau des 21. Jahrhunderts" eingibt? Stürmt
Lara Croft die virtuelle Bühne, die Heroine aus dem
Computerspiel, oder ihre junge Schwester Jane, die unlängst
im Tarzan-Film von Disney ihren Auftritt hatte? Wie wäre es
mit Ananova? "Wie ein Kind ist sie, nie nachtragend, voller
Lachen und Neugierde. Sie hat nichts von den weniger
schönen Eigenheiten der Erwachsenen an sich, von
Arroganz, Zynismus und Selbsttäuschung. Mit ihrer
glockenhellen Stimme erzählt sie die neuesten
Nachrichten." Ananova ist die Antwort der englischen Firma
PA New Media auf die Demission von Dagmar Berghoff -
eine künstliche Nachrichtensprecherin, die mit neckischem
Blick die aktuellen News vorträgt. In Zukunft soll sie auf
großen Bildschirmen wie auf Palmtop-Systemen oder auf
Multimedia-Armbanduhren auftauchen. "Ananova steht für
Nachrichten mit einem menschlichen Antlitz, dem
Emotionen nicht fremd sind", heißt es in der
Presseerklärung. Zur Meldung eines Flugzeugabsturzes wird
die schöne Avatarin wohl weinen, bis ihr die virtuelle
Schminke zerläuft. Und wir werden uns nach der schlichten
Seriosität eines Karl-Heinz Köpcke zurücksehnen.


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