Ardennen

Der kleine Hund lief traurig im großen Berlin herum. Ich nehme ihn auf den Arm wie ein kleines Kind, weil er mir irgendwie bekannt vorkommt. Er schaut mir erwartungsvoll ins Gesicht.

»Muss ich dich kennen, warst du schon einmal bei uns?« Dabei denke ich an meine Frau, die manchmal herrenlose Hunde füttert.
»Vielleicht vor einigen Jahren,« antwortet der kleine Hund in feinstem Hochdeutsch »ich kann mich daran nicht mehr so genau erinnern.« Ebenso, wie ich ohne nachzudenken meine Frage gestellt habe, nehme ich seine Antwort zur Kenntnis. In dem Moment verschwimmen seine Gesichtszüge etwas. Wer spricht da mit mir? Ein Hund? Ein Kind? Wen habe ich da eigentlich auf dem Arm? Beim konzentrierten Hinsehen erkenne ich jedenfalls kein Menschengesicht. Irgendwie eigenartig.

»Sag einmal, wie alt bist du?«
»Ich weiß es nicht so genau, jedenfalls habe ich noch die Schlacht in den Ardennen miterlebt. Damals habe ich unser Rudel angeführt.« Was nun, spricht er oder verstehe ich sein Bellen? Wie gerufen kommt eine großer Hund vorbei und schnuppert. Das kurze »wuff« aus dem inzwischen wieder eindeutigen Hundegesicht bedeutet wohl »zieh Leine«.

Die Situation löst sich langsam auf. Gibt es überhaupt ganze Rudel so kleiner Hunde? Was für eine Rasse ist das überhaupt? Wann war das eigentlich in den Ardennen? Warum bin ich in Berlin, obwohl ich schon ewig lange in Bayern lebe?

Inzwischen habe ich mich etwas schlau gemacht. Der Hund sah aus wie ein Terrier Brasiliero, vorher habe ich nie gehört, dass es diese Rasse gibt. Und die Schlacht in den Ardennen war gegen Ende des Zweiten Weltkriegs, ein Jahr nachdem ich in Berlin geboren wurde.