wenn sich die Zeit aus wahnsinnig vielen Momenten zusammensetzt beginne ich zu glauben ich müsse verrückt werden um das auszuhalten, es gibt kein Entrinnen, der Schlaf ist nicht mehr vorhanden, der Tag wird länger und länger, du musst mit sechs Stunden und dann auch noch schlechtem Schlaf auskommen und die restlichen achtzehn Stunden ist nicht viel zu tun, ein Essen zubereiten, dann wird selbst das zuviel, einmal waschen, auch das wird zuviel, die Fernsehserie, wie schnell ist diese Scheinwelt wieder vorrüber, ein Blick in aqndere Wohnzimmer, andere Streitereien, Virtuelles für eine Dreiviertelstunde als echt gesehen, Mitglied der Familie zu sein, sogar lachen geht, ich lachte wirklich laut, gestern, bei einem Wortwechsel in einer der Serien, mehrfach und schlug mir auf die Schenkel. Jetzt läuft sie wieder, die Nachbarin, in ihrem hellblauen wattigen Blouson, sie läuft auch jeden Tag. Und sie sagte mir, abends, da hab ich manchmal was, zum Einschlafen...sie ist bestimmt nun mindestens siebzig, wir wohnen seit mehr als zehn Jahren Tür an Tür und wissen gar nichts voreinander. Keiner war bei dem Anderen jemals drinnen. Einen Topf hat sie mir geschenkt als ich sie ganz zu Beginn fragte ob sie mir einen ausleihen könne. Ich habe ihr seitdem ein paar Mal einen kleineren, gefüllt mit Markklos-Rinderbrühe hingestellt, vor die Tür, auf das Schränkchen im Flur. Der steht dann am nächsten Tag sauber geputzt und leer wieder auf meiner Seite. Und ein paar Mal Plätzchen, selbstgebackene Johannisbeergeleetaler, die habe ich auch auf ihrer Seite des Schränkchens abgelegt.
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