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JAMES. Die Sehnsucht ist ein leeres Loch. Es ist sehr unwichtig, daß eine Zeit gewesen ist, wo du mit deinen Zähnen mich an der Ohrmuschel zaustest. Sie ist fortgeschwemmt. Dieser Tag hat einen genauen Namen. Er heißt: zu spät. Ein Mann hat mir einen Antrag gemacht. Er wollte meinen Leib durchlöchern. Er hatte ein Gesicht von gewissem Wert. Ein Korngesicht. Ein überreifes Gesicht. Er verschwand von meiner Seite, weil ich aufschrie beim Anblick verwandlungsfähigen Fleisches. Das Gesicht ist wieder da. Es glänzt an deiner Stirn. Ich will mich nicht versagen, wenn du bereit bist, was er vorhatte, zu erfüllen. Die Liebe zwischen uns muß schnell sein. Es ist schon zuviel Alter und Erfahrung neben uns. Wir wissen, wir können einander enttäuschen. Mit dem Geruch, vom Morgen bis zum Abend und in der Nacht. Mit dem Schwarz und dem Bleich unsrer Haut. Mit dem Plunder an den Knochen, der uns begierig macht, nicht ruhig. Der uns zufällig macht, planlos. Vergeßlich und rechthaberisch. Nur zwei Organe vereinigen sich. Alle Sinne beschimpfen sich. Ich will dich schwanger machen, wenn du, heiß und verblendet von Lust, mich aushöhlen, mein Blut verschütten willst. Ich darf nicht schuldig heißen bei lebendigem Leibe. Nicht einen Tag schuldig nach dem Maß der Bleichhäutigen.
Hans Henny Jahnn: Straßenecke
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