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mcnep schrieb am 24.3. 2008 um 08:12:50 Uhr über

Herumgeschmachte

»Dem Perversen mit seinem nach außen gerichteten Drang, der sowohl voyeuristische als auch exhibitionistische Anteile besitzt, muss die Vorstellung unerträglich sein, dass an der Peripherie seiner Wahrnehmung und seines Einflussbereichs Personen exisitieren, die sexuell aktiv sind, ohne dass er (gedacht: «der ich es viel nötiger habe/besser verstehe») daran Anteil nehmen kann. Er erlebt Sexualität initial als eine Betätigung der anderen, auf die er keinen Zugriff hat. Er muss daher einen Weg beschreiten, der dem gesellschaftlichen Konsens diametral entgegengesetzt ist: Statt Sexualität zu praktizieren und diese Tatsache zu verschweigen, tritt das pausenlose Reden über Sexualität, die Betrachtung und Zurschaustellung von Pornographie, kurz, die Offenlegung aller üblicherweise zurückgehaltenen Phantasien an die Stelle ihrer Verwirklichung. Der Akt des Zeigens wird zum gezeigten Akt, es konstituiert sich ein pornographisches-Ich, dessen geschriebene oder gesprochene Existenz für die Dauer ihres Betrachtetwerdens die Sexualität des Übermittlers verbürgt und in einem quasi-penetrativen Akt der aktiven Sexualität der anderen eine machtvolle, weil an keine realen Personen, keine 'Gelegenheiten' oder Tabus gebundene Schein-, besser: Gedankenwelt entgegensetzt. Die größere Autonomie gegenüber denjenigen, die zur Erfüllung ihrer bescheideneren Ansprüche einen Partner benötigen, bezahlt der mit Ableitungen Operierende mit der Notwendigkeit, das Schwungrad der Sexualität kontinuierlich am Laufen zu halten, da sein erotisches Kulissentheater stets bedroht ist, bei unbespielter Bühne gänzlich zu verwaisen; der Orgasmus wird deshalb nicht als gemeinsame Spannungslösung erfahren, sondern als Hindernis auf dem Weg zu einer möglichst ununterbrochenen sexuellen Spannung, bei der der onanistisch geprägte Akt des Zurschaustellens die Funktion eines beliebig oft reproduzierbaren Höhepunkts einnimmt, der jedoch im Lauf der Zeit bei zunehmend erschwerten Ableitungsstrategien in immer weitere Ferne rückt, bis zuletzt sogar die Vermeidung des physischen Höhepunkts, ja, des gesamten Akts, in das Zentrum der Lustimagination gerückt wird. In ihren schwersten Verlaufsformen wird die sexuelle Perversion - vergleichbar den Anforderungen einer radikal orthodoxen Religionsausübung - pausenlos über ihre eigene Auslöschung nachsinnen, um durch sie den täglichen Anforderungen, die ihr Dienst stellt, 'befriedigend' und dauerhaft nachgehen zu können. (Daher die zahlreichen und auf den ersten Blick unverständlichen Keuschheits- und Kastrationsphantasien, die imaginierten Züchtigungen, die reflexhaft auf die Übertretung von Onanie- und Berührungsverboten folgen usw.)«


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