>versenden | >diskutieren | >Permalink 
ratze, am 7.12. 2007 um 14:53:51 Uhr
Speisekammer

Die drei Mäuseriche machten sich sofort an die Arbeit, die in diesem Fall das reinste Vergnügen war. Ruppert nahm sich gleich das hohe Regal vor, das er Fach für Fach abzuschnüffeln begann. Grauschnauz und Pfeifer kletterten an dem Vorhang des Regals herunter und bestiegen dann den Tisch. Grauschnauz überliefen wahre Wonneschauer. Diese Düfte waren fast zu viel für ihn. Sie umstürmten und bedrängten ihn, umschmeichelten seine Nase, kitzelten, waren bald satt und fettig ung gleich darauf süßlich.
Grauschnauz suchte den einen Duft heraus, jenen, den er oben, bei seinem Eintritt gerochen hatte. Er führte ihn zu einer breiten Pfanne. Vorsichtig schob der Mäuserich den Deckel weg. Der aufsteigende Duft nahm ihm fast den Atem. Noch nie zuvor hatte er so etwas gerochen! Ein dunkler Brocken lag in der Pfanne. Grauschnauz schob sich über den Rand und biss in den Fleischbrocken. Es war Schweinebraten.

Hingebungsvollder Mäuserich.

Genug! Genug! dachte er nach einer Weile. Ich darf mich nicht sattessen, sonst kann ich die anderen Köstlichkeiten nicht probieren! Er zog den Deckel über die Pfanne und ging zum nächsten Gefäß, einem Tonkrug. Er kletterte hinauf und beugte sich über den Rand. Eine weiße Fläche schimmerte unter ihm, und ein kühler Duft strich ihm um die Nase.

Das weiße Gedicht!

dachte Grauschnauz. Das muss das weiße Gedicht sein, von dem Pfeifer gesprochen hatte. Grauschnauz hatte richtig geraten. Der Krug war mit saurer Milch gefüllt, und an der Oberfläche hatte sich eine fingerbreite Schicht Rahm gebildet. Grauschnauz begann zu schlecken und vergaß dabei die Welt um sich. Schließlich rief Pfeifer nach ihm. »Grauschnauz« flüsterte er aufgeregt. »komm runter und schau, was ich gefunden habe
Grauschnauz trennte sich nur ungern von seinem Rahmtopf. Als er dann Pfeifers Entdeckung probierte, vergaß er schlagartig den Rahm.

»Das ist Käse, mein Freundchen«, kicherte Pfeifer, als er Grauschnauz' verzückte Miene sah.

Sie fanden noch ein Stück Hartwurst, eine geöffnete Sardinendose und ein Töpfchem mit Entenfett. Sie kosteten von allem und waren schließlich satt. Sie konnten nicht mehr. Ihre kleinen, weißen Bäuche waren prall und rund, und ihre Bewegungen waren langsam und tapsig geworden.

Und dann entdeckten sie das Honigglas!

...

Der Mond hinter den Scheunen
Eine Fabel von Katzen, Mäusen und Ratzen
Erwin Moser

Ratze



   User-Bewertung: -1

Bewerte die Texte in der Datenbank des Assoziations-Blasters!

Hiermit wurden Dir 1 Bewertungspunkte zugeteilt. Wenn Dir ein Text unterkommt, der Dir nicht gefällt, drücke den Minus-Knopf, findest Du einen Text, der Dir gefällt, drücke den Plus-Knopf. Jede Bewertung verbraucht einen Deiner Bewertungspunkte.

Damit Deine Bewertungs-Punkte erhalten bleiben, muss ein Cookie auf Deinem Computer abgelegt werden. Bitte wähle, ob der Cookie für vier Monate oder nur für eine Woche gespeichert werden soll:

Mehr Informationen über das Bewertungssystem
 Konfiguration | Web-Blaster | Statistik | Hilfe | Startseite