weise in ihrem Forderungsentwurf von Argentinien den Verzicht auf Quellensteuern, die auf die grenzüberschreitende Kreditvergabe im Bank- und Versicherungsgevverbe erhoben werden (Ad Hoc 133 Committee 2002a).
Öffentliches Beschaffungswesen
ökonomisch handelt es sich beim öffentlichen Beschaff ungswesen um einen Bereich von äußerst hoher Bedeutung. So wird geschätzt, dass die weltweiten öffentlichen Aufträge jährlich einemwertvon 10-15% desbruttoinlandsproduktsentsprechen. Unter dem GATS ist es bisher allerdings noch nicht zu multilateralen Regeln fürdasöffentliche Beschaffungswesen gekommen. Der GATS Artikel Xiii nimmt öffentliche Beschaffungen von Dienstleistungen ausdrücklich vom Meistbegünstigungsprinzip, vom Markzugang und von der inländerbehandlung (Gleichbehandlung in- und ausländischer Anbieter) aus. Er fordert aber, dass innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten der WrOVerträge hierzu Verhandlungen im Rahmen des GATS stattfinden sollen. Diese sind auch im Jahr 1997 unter der Ägide der Arbeitsgruppe zu GATS-Regeln begonnen worden, verlaufen bisher allerdings schleppend, die speziell dazu eingerichtete Arbeitsgruppe hat sich auf die Datensammlung beschränkt.
Parallel besteht aber schon ein Obereinkommen über das öffentliche Beschaffungswesen im Rahmen der V\[TO, das die Inländerbehandlung und Nichtdiskriminierung bei öffentlichen Aufträgen regelt, das sog. Government Procurement Agreement (GPA). Hierbei handelt es sich jedoch um ein »plurilaterales« Abkommen, das lediglich für die 23 Unterzeichnerstaaten gilt, darunter die EU und ihre Mitgliedsländer, die USA und Japan. Seine Regeln erstrecken sich auf die Beschaff ung von Waren und Dienstleistungen auf zentralen und niedrigeren Verwaltungsebenen. In einer Positivliste sind die erfassten Dienstleistungen aufgeführt. Die EU hat Ausnahmen von den GPA-Bestimrnungen in einigen Sektoren festschreiben lassen, so in den Bereichen Telekommunikation, Verkehr, Elektrizitäts- und Wasserversorgung (Evenett/Hoekman 2000: 151).
Die Gewerkschaften fordern, dass weitere Marktöffnungszugeständnisse bei öffentlichen Aufträgen der EU nur bei Einhaltung dreier Konventionen der Internationalen Arbeitsorganisa-
22 1. Das GATS-Abko en
tion (»International Labour Organisation« - iL0) gemacht werden dürfen, und zwar die ILO-Konventionen 94 (Regierungsaufträge), 95 (Lohnschutz) und 98 (Vereinigungsfreiheit, Kollektivvertragsrecht). Ein zukünftiges europäisches Vergaberecht, das diese Kriterien aufnehmen würde, könnte eine Orientierung für das entsprechende WrO-Abkommen sein (Desseffvvy 1999; DGB 2001). In der Bundesrepublik gibt es in einigen Bundesländern (Berlin, Bayern, Saarland, Sachsen-Anhalt) Vergabegesetze, die die Tariftreue f ür Bewerber um öffentliche Bauaufträge voraussetzen. Auf Bundesebene gibt es derartige Regeln noch nicht. Der Entwurf des Tariftreue-Gesetzes scheiterte kürzlich im Bundesrat und wurde an den Vermittlungsausschuss überwiesen. Ferner fordert der Europäische Gewerkschaftsbund, dass bei der derzeitigen Überprüfung mehrerer EU-Direktiven zu öffentlichen Aufträgen für die Bereiche Lieferungen, Dienstleistungen, Bauarbeiten, Wasser, Energie und Verkehr eine Sozialklausel (»fair labour standards clause«) eingebaut wird. Diese Klausel soll die Einhaltung von Kollektivverträgen, Chancengleichheit, Nichtdiskriminierung sowie sozialpolitische und Wachstumsziele gewährleisten. Ferner wird die EU aufgefordert, erst nach öffentlicher Diskussion ihrer geplanten Stellungnahme zu den sozialen und ökologischen Aspekten öffentlicher Beschaffung Veränderungen an den genannten Direktiven vorzunehmen (ETUC et al. 2001, Belgische Präsidentschaft 2001).
Allgemeine Ausnahmen
Das GATS räumt mit dem Artikel XIV ferner einige allgemeine Ausnahmen von seinen Liberalisierungsverpflichtungen ein. Dazu gehören Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Moral, zum Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen, Tieren und Pflanzen sowie zur Einhaltung bestimmter Gesetze und der Wahrung der Sicherheit. Mit Ausnahme des Gesundheitsschutzes fehlen hier allerdings weitergehende Arbeits- und Sozialstandards, die eine handelsbeschränkende Maßnahme rechtfertigen könnten. Ebenso wurde - anders als im GATT Artikel XX - der Schutz begrenzter natürlicher Ressourcen nicht aufgenommen. Der Wunsch Belgiens und Frankreichs nach einer kulturellen Ausnahmeklausel wurde ebenfalls nicht berücksichtigt (vgl. Fritz 2002: 31-33).
1. Das GATS-Abkommen
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