| Anzahl Assoziationen zu diesem Stichwort (einige Beispiele folgen unten) |
232, davon 231 (99,57%)
mit einer Bewertung über dem eingestellten Schwellwert (-3) und 48 positiv bewertete (20,69%) |
| Durchschnittliche Textlänge |
3587 Zeichen |
| Durchschnittliche Bewertung |
0,177 Punkte, 167 Texte unbewertet.
Siehe auch: positiv bewertete Texte
|
| Der erste Text |
am 5.9. 2002 um 03:21:36 Uhr schrieb nichtleser
über gats |
| Der neuste Text |
am 2.2. 2016 um 23:07:30 Uhr schrieb Fitzjerrelt
über gats |
Einige noch nie bewertete Texte (insgesamt: 167) |
am 11.12. 2002 um 20:30:13 Uhr schrieb gated society über gats
am 6.12. 2002 um 00:35:04 Uhr schrieb gated society über gats
am 14.1. 2003 um 07:45:16 Uhr schrieb voice recorder über gats
|
Einige überdurchschnittlich positiv bewertete
Assoziationen zu »Gats«
gated society schrieb am 12.12. 2002 um 22:00:22 Uhr zu
Bewertung: 2 Punkt(e)
jello biafra aktualisiert gats-blaster
auch lügentechnologie (hollidays in namibia)
strukturanpassungsprogramme (SAP)
waffenhandel steuerparadies
normalarbeitszeit ressourcenkrieg
prekarität arbitragegewinne finanzkrise
bretton woods derivate
drogenhandel
menschenhandel
extraktionsökonomien regulierung
niedriglohnsektor off-shore-zentrum
schattenpolitik
machiavelli sweatshops
vertragssklaverei subunternehmer tontine
söldnerfirmen scheinselbstständigkeit
geldwäsche
interstizien kapitalflucht informalität
bestechung akkumulationsregime klientelismus
steuerparadies
staatszerfall neoliberalismus schockabsorber
geldfälschung
aviamento-system cybermoney armut
illicit economy
schmuggel private-public-partnership
oecd moe
imperialismus gerechtigkeit anlagebetrug
frauenerwerbstätigkeit vermögenssteuer
argentinien exklusion debt swap
aktienoptionen kinderarbeit multitude
schuldenkrise steuerflüchtling produktivität
elfboi schrieb am 17.12. 2002 um 21:22:15 Uhr zu
Bewertung: 2 Punkt(e)
PRIVATISIERUNG VON BILDUNG
Das wahre Gesicht der Studiengebühren
Als Bekenntnis zum Nulldefizit wurden im November 2000 Studiengebühren beschlossen. Früh war klar, dass sich Studiengebühren volkswirtschaftlich nicht rechnen würden.
Ferdinand Pay
Einzige Motivation diese einzuführen war und ist, die Universitäten marktwirtschaftlichen Gesetzmäßigkeiten zu unterwerfen. Im Gesamtkontext einer Universität als autoritäres Ausbildungsunternehmen sind Studiengebühren ein wichtiges Selektionsinstrument um Studierende zu steuern.
Gesellschaftspolitische Barriere
Im Zuge der Einhebung bekommen die “gesellschaftspolitischen” Auswirkungen ein eindeutiges Gesicht. Das Argument, es handle sich bei all jenen, die aufgrund der Studiengebühren ihr Studium abbrechen, um Karteileichen oder SozialschmarotzerInnen, ist nicht nur zynisch, sondern vor allem falsch.
Bereits ohne Studiengebühren müssen mehr als ein Drittel der StudentInnen neben dem Studium einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit nachgehen. An die 70% sind zeitweise berufstätig, um sich Studium und Leben zu finanzieren. Die Gruppe der Erwerbstätigen wird sich durch Studiengebühren weiter ausweiten, da die Studienkosten steigen. Nebenbei arbeiten zu müssen, bedeutet auch eine längere Studiendauer. Trotz dieser Situation bleibt die soziale Absicherung einkommensschwacher StudentInnen immer noch ein einzulösendes Versprechen. Das Beihilfensystem führte schon vor der Einführung der Studiengebühren zu keiner sozialen Grundsicherung. Nur 13% aller Studierenden beziehen derzeit Studienbeihilfe. Durch Studiengebühren wird diese Situation verschärft, da der Kreis an StudienbeihilfebezieherInnen sich kaum ausweiten wird. StudienbeihilfebezieherInnen werden die vollen Studiengebühren jedoch erst nach erfolgter Einzahlung zurückerstattet bekommen. Das heißt dass die Studierenden gezwungen sind, bis zum Zeitpunkt der Rückzahlung der Regierung ein unentgeltliches Darlehen zu gewähren (vielleicht um eben dieses Darlehensmodell zu finanzieren). Bildung wird erst recht eine Frage von Einkommen und Vermögen, und trifft insbesondere sozial Schwache.
Der Rückschritt
Einer der größten Erfolge des freien Hochschulzugangs war die massive Erhöhung des Frauenanteils unter den Studierenden. Die Statistik Österreich (ÖSTAT) belegt, dass ein wesentlicher Zusammenhang zwischen der Erhöhung des Frauenanteils und der Abschaffung der Studiengebühren im Wintersemester 1972/73 besteht. Die Wiedereinführung von Studiengebühren wird vielen Frauen den Zugang zur Universität versperren, wenn die Entscheidung, ob Tochter oder Sohn ein Studium beginnt, wieder eine Frage der finanziellen Möglichkeiten wird. Studien zufolge lassen vor allem Eltern aus einkommensschwachen und bildungsfernen Schichten – wenn überhaupt – eher Söhne studieren.
Über 27.000 ausländische Studierende sind an den österreichischen Universitäten inskribiert. Diese müssen 1 452 Euro an Studiengebühren pro Jahr aufbringen, haben gleichzeitig aber keine Arbeitserlaubnis. Zusätzlich sind sie verpflichtet jährlich 5 000 Euro vorweisen zu können, als zynischen “Beweis” sich den Unterhalt in Österreich ohne Erwerbstätigkeit leisten zu können. Ausländische Studierende müssen auf jeden Fall 726 Euro pro Semester einzahlen, auch wenn sie theoretisch – aufgrund ihres Herkunftslandes – das Recht hätten, die Summe zurückerstattet zu bekommen. AusländerInnen, die bereits die Matura in Österreich gemacht haben, sind rechtlich normalerweise österreichischen Studierenden gleichgestellt. Studiengebühren müssen aber auch sie in der Höhe von 726 Euro bezahlen und die 363 Euro, die sie damit zuviel eingezahlt haben, wiederum via Antrag zurückfordern. Der zusätzliche Aufwand zu den bislang schon kaum erträglichen Belastungen wird viele Studierende vollends aus den Unis drängen. Die meisten stehen vor der Entscheidung, ihre Ausbildung mitten im Studium abzubrechen oder sich – oft privat, im Allgemeinen lehnen die Banken Kredite ab – hoffnungslos zu verschulden. Untersuchungen gehen davon aus, dass die Zahl der ausländischen Studierenden aufgrund der Studiengebühren um viertausend sinken wird.
Selektion als Programm
Studiengebühren regulieren nicht nur den Hochschulzugang, sondern beeinflussen auch die Studierenden in ihrer Studienwahl und in ihrem Lernverhalten. Im Zuge der Umstrukturierung der Universitäten hin zu autoritären, privatwirtschaftlich geführten Ausbildungsunternehmen, ist das ein notwendiger und erwünschter Nebeneffekt. Die Studienwahl orientiert sich verstärkt an der vermuteten wirtschaftlichen Verwertbarkeit, individuelle Interessen und Talente rücken in den Hintergrund.
gated society schrieb am 11.12. 2002 um 03:50:20 Uhr zu
Bewertung: 3 Punkt(e)
unserer Ansicht nach vorrangig gegen das GATS richten, denn die Anzahl und die Bandbreite der betroffenen Bereiche, die Vielfalt der zum Abbau der staatlichen Regulierungsbefugnisse eingesetzten Mittel und die praktische Unangreifbarkeit einmal erteilter Konzessionen machen dieses Abkommen wahrhaftig zu einem Trojanischen Pferd im Gemeinwesen der Demokratie.
Bei aller Dringlichkeit sind jedoch die politischen Schwierigkeiten dieses Kampfes nicht zu verheimlichen. Die Bürger werden nur wenige oder keine Verbündeten unter den Regierungen finden, die das GATS aushandeln. Die Regierungen des Nordens sind als lnteressenvertreter ihrer bevorzugten Unternehmerklientel nur darauf bedacht, lukrative Märkte zu öffnen, und um das zu erreichen, scheinen sie bereit, Jahrzehnte sozialen Fortschritts im eigenen Land zu opfern. Und die Regierungen des Südens, die die Interessen der Eliten der armen Länder wahrnehmen, wären entzückt, wenn sich Anbieter hochwertiger Dienstleistungen in ihren Ländern niederließen und sie der Minderheit ihrer Bevölkerung, die sich diese leisten kann, zu Gute kommen ließen.
Die Gegenoffensive: Dumm stellen, Mund halten
Der Kampf gegen dieses gefährliche Abkommen wird nicht nur durch die Undurchsichtigkeit und das Ausbleiben politischer Unterstützung von Regierungsseite behindert, sondern auch durch eine neue, mächtige Gegenoffensive von hohen WTO-Beamten und ihren Helfern, der Europäischen Kommission, nationalen Ministerien, den Chefs und Lobbys der TNC sowie den liberalen Medien wie dem Economist. Absolute Priorität hat für sie, ein weiteres Debakel wie in Seattle zu verhindern, Die GATS-Kritiker müssen sich deswegen darauf gefasst machen, dass ihr guter Wille, ihre Motivation, ihre Aufrichtigkeit in Zweifel gezogen werden.
5 2 Du m stellen, und halten
1
Diese Gegenattacke unterstellt, dass die demokratische Diskussion nicht legitim sei. Die offiziellen Stimmen hätten die Wahrheit für sich gepachtet. Ihnen käme es zu, sie den Bürgern zu verkünden, und diese hätten schweigend zuzuhören. Wenn die Verfechter des GATS entgegenkommend sein wollen, behandeln sie die Kritiker als Ignoranten oder irregeleitete; wenn sie die Konfrontation suchen, erklären sie ihre Gegner zu Heuchlern, Unverantvvortlichen, Hysterikern oder Paranoikern. Für Generaldirektor Mike Moore sind die Protestierer »zum Kotzen«. Ganz zu schweigen davon, dass der Kritiker natürlich als Erzfeind einer Verbesserung der Lage der Armen in den Entvvicklungsländern gilt, die mit den einzigartigen Wohltaten des GATS eingedeckt würden, wenn man nur diese übel wollenden Widersacher unschädlich machen könnte.31
im März 2001 publizierte die WTO eine 16seitige Broschüre (GATS: Fact and Fiction), worin die Gegner dieses Abkommens bezichtigt werden, sie verbreiteten »Schauergeschichten« (scare stories).
Was sagen diese Kritiker, denen so viel Schimpf angetan wird? »Wie kommen seriöse Leute dazu, etwas zu glauben, was offensichtlich nicht in Frage kommt?« fragt das Sekretariat. Die Antwort ist, dass sich diese »seriösen Leute« auf den Wortlaut des GATS, auf die offiziellen Dokumente und Denkschriften des Sekretariats sowie auf die Erklärungen der Lobbys der mächtigsten TNC stützen.
Den einen oder anderen dieser Ausdrücke gebrauchten u.a. WTOChef Mike Moore, sein Abteilungsleiter für Dienstleistungen David Hartridge, der europäische Handelskommissar Pascal Lamy und sein Verhandlungsführer für Dienstleistungen Michel Servoz, die Financial Times, der Economist und andere neoliberal eingestellte Publikationen. Für ein Resümee einer Etappe dieser Offensive siehe: Daniel Pruzin, »Trade officials voice concern over NGOs' anti-GATS campaign«, WTO Reporter, 29. Dezember 2000.
Dumm stellen, Mund halten 53
gated society schrieb am 11.12. 2002 um 20:38:38 Uhr zu
Bewertung: 1 Punkt(e)
Auch das WTO-Sekretariat hat sich bei der Behandlung dieser Frage nichts vorgemacht. In seiner Vorbereitungsstudie für Seattle schrieb es zu den Gesundheitsdiensten: »Die bedeutsamsten Vorteile werden sich wahrscheinlich nicht aus dem Bau und Betrieb von Krankenhäusern usw. ergeben, sondern aus ihrer Ausstattung mit Personal, das qualifizierter, effizienter und/oder kostengünstiger ist als das auf dem inländischen Arbeitsmarkt erhältliche. «43
Das Senken der Personalkosten ist eine der Obsessionen der WTO. In einer gleichartigen Studie zur Umwelt heißt es: »Bei der relativ hohen Arbeitsintensität mancher Umweltdienste ... leidet der Sektor unter Einschränkungen der Mobilität natürlicher Personen. Die Tendenz, beim Stammpersonal auf Angehörige der eigenen Nation zurückzugreifen, hindert die Firmen daran, die Arbeitskosten durch internationale Anwerbung zu rninimieren.«Das GATS und sein »Modus 4« wird es transnationalen Arbeitgebern ermöglichen, genau nach ihren Wünschen Arbeitskräfte einzuschieusen oder die »mobile« Arbeit anderswo verrichten zu lassen. Das WTO-Sekretariat geht übrigens Mit gutem Beispiel voran. Generaldirektor Mike Moore erklärt den Mitgliedstaaten: »Die WTO erspart Ihnen bereits eine Menge Geld durch Outsourcing von Übersetzungen - dank der elektronischen Übermittlung kön-
41 WTO,
Sekretariat, »Background Note on Health and Social Services« (http://www.wto.org/wto/services/w65.htm): »The most significant benefits from trade are unlikely to arise from the construction and Operation of hospitals, etc., but [froml their staffing with more skilled, moreefficientand/oriesscostly personnel than might beavailabie on the domestic iabour market.«
' WTO, Environmental Services (http://wwvv.wto.org/Wto/services/ w65.htrn): »Given the relatively high iabour intensity of some environmental services ... the sector is affected by limitations on the movement of natural persons. Nationality requirements for staff prevent firms from minimizing [abourcoststhrough international recruitment.«
58 Ö ne u sei holz schlagen
1
nen wir Übersetzer als Heimarbeiter in der ganzen Weit
beschäftigen.«"
Wie kann man in dem »Modus 4« etwas anderes erblikken als einen Versuch, die Löhne namentlich im öffentlichen Sektor, aber auch in der Privatindustrie (z.B. im Hochund Tiefbau) »zu Kleinholz zu schlagen« und mittels der Bestimmungen des GATS das von den jeweiligen Ländern ausgearbeitete Arbeitsrecht Stück für Stück zu beschnei-
den?
Das importierte Personal hätte nur für die Laufzeit seiner Arbeitsverträge eine Aufenthaltserlaubnis. Man versichert uns, dass die nationale Arbeitsgesetzgebung (Mindestlöhne usw.) theoretisch für jede auf dem nationalen Territorium arbeitende Person gilt, aber die Texte sind in diesem Punkt nicht präzise, und ganz offensichtlich werden diese Beschäftigten gnadenlos geschunden werden können, werden sie wider Willen Druck auf die Löhne der einheimischen Werktätigen ausüben und kaum geneigt sein, sich gewerkschaftlich zu organisieren. Dieser »Modus 4« würde im Obrigen im Süden die besten Kräfte absahnen und so den Brain drain-Prozess, der durch die Verschuldung und die Strukturanpassungsprogramme des IWF bereits kräftig angeschoben wurde, weiter verstärken.
Wer nicht Tür und Tor für Missbräuche vom Typ des »Modus 4« öffnen will, wird natürlich bezichtigt, er sei dagegen, den Armen »günstige Gelegenheiten« zu verschaffen. Unserer Ansicht nach muss dafür gekämpft werden, dass alle das Recht auf eine anständige Beschäftigung und einen entsprechenden Lebensstandard erhalten. Das ist
Rede von Mike Moore, September 1999, siehe die Website (http:/ /www.wto.org/wto/speeches/mm6.htm): »Already the \NTO is saving you a lot of money by outsourcing translation - thanks to electronic transmission we can use translators working at home in countries all over the worid.«
Löhne zu Kleinholz schlagen 59
gated society schrieb am 9.12. 2002 um 01:49:30 Uhr zu
Bewertung: 1 Punkt(e)
potlatch
»lamy bekäme pakete«
Die Globalisierung folgt dem falschen Programm
Überflüssig. Als ihn ein deutscher Kollege am frühen Morgen telefonisch alarmiert, lässt Harald Guttmann alle Illusionen fahren: «Die Perspektive ist null», weiß er sofort. Er wird künftig nicht mehr gebraucht. Wer nach 33 Jahren als Schlosser und späterer Betriebsrat in einer Reifenfabrik seinen Job verliert, hat nicht mehr viele Optionen im Arbeitsleben. Nach einem Jahr Arbeitslosengeld mit rund 60 Prozent des bisherigen Gehalts droht der Absturz in die Sozialhilfe.
Guttmanns Wut ist ebenso groß wie hilflos: «Willkür, das ist reine Willkür.» Aus dem Stand kann er eine Stunde lang die Unternehmensgeschichte herunterbeten. «Noch vergangenes Jahr hat der Vorstandschef uns das Gegenteil versprochen. Wir haben alle Kürzungen mitgemacht, und jetzt machen sie uns den Laden dicht», erzählt er und kann seine Sicht der Verhältnisse nur mit einem historischen Begriff beschreiben: «Die herrschen wie die Feudalfürsten.»'
Traiskirchen, Österreich, 6. Dezember 2001: Ohne nähere Begründung hat der Vorstand des Reifenkonzerns Continental in Hannover beschlossen, die 105-jährige Geschichte des Werkes in der 14000-Einwohner-Stadt zwanzig Kilometer südlich von Wien zu beenden. Rund 1500 Menschen werden in den kommenden anderthalb Jahren ihren Job verlieren, nochmal tausend werden in den Zulieferbetrieben gehen müssen. Die Arbeitslosenquote im Bezirk wird sich verdoppeln. Das gleiche Schicksal trifft zeitgleich weitere 800 Conti-Reifenwerker im schwedischen Werk Gislaved. In den Vormonaten war der Hammer schon in zwei anderen europäischen Werken gefallen. In Herstal, Belgien, mussten sich 500, im schottischen Newsbridge 800 Reifenproduzenten neue Arbeit suchen.
Dabei hat der Konzern in Österreich einen goldenen Schnitt gemacht. Für nur 440 Millionen Schilling, das entspricht rund 40 Millionen Euro nach heutigem Wert, hatte die Continental AG einst das Traiskirchener Werk aus dem österreichischen Staatsbesitz gekauft
öl weihnachtsfeuer piratisierung daseinsvorsorge einhüllentanker entertainment zwang
steueroase krötenwanderung motivationstrainer asylgesetz internationale raumstation
positivismus
fürsorge exklusion
elfboi schrieb am 17.12. 2002 um 21:42:21 Uhr zu
Bewertung: 1 Punkt(e)
06.06.2002
Ausland
Thomas Fritz
Die GATS-Attacke
Die Liberalisierungsoffensive der EU: Staatlich geschützte Bereiche wie Post und Telekommunikation,Abfallbeseitigung und Recycling, Wasser- und Energieversorgung sollen vollends für rosinenpickende Multis geöffnet werden
»We are not amused.« Säuerlich verziehen die Beamten der Brüsseler Generaldirektion für Handel die Mienen, wenn sie auf die durchgesickerten Verhandlungsdokumente angesprochen werden, in denen die EU die radikale Öffnung der Dienstleistungsmärkte in 29 Ländern fordert. Der 16. April ist tatsächlich ein schwarzer Tag für die EU-Kommission. Stellten doch ATTAC und die Amsterdamer Organisation Corporate Europe Observatory (CEO) geheime Papiere aus dem wenig bekannten 133er Ausschuß ins Internet. Tags darauf machte die rund 1000seitige Wunschliste der EU Schlagzeilen auf der Titelseite des britischen Guardian. Die Blamage für die Kommission war perfekt.
Keinen Stein ließen die Brüsseler Freihändler auf dem anderen bei ihrer Suche nach neuen Märkten für die europäische Dienstleistungsindustrie. Akribisch werden für jedes der 29 Länder noch die letzten möglichen Handelshemmnisse aufgelistet, deren Abschaffung die EU fordert. Elf verschiedene Dienstleistungssektoren stehen auf der Wunschliste, darunter freiberufliche und unternehmensnahe Dienste, Bau- und Finanzdienstleistungen, Groß- und Einzelhandel, Tourismus und Transport. Aber auch die in vielen Ländern noch staatlich geschützten Bereiche wie Post und Telekommunikation, Abfallbeseitigung und Recycling, Wasser- und Energieversorgung sollen für rosinenpickende Multis geöffnet werden.
Der Umfang ist atemberaubend
Die jetzt bekanntgewordenen Dokumente passen in die neue Liberalisierungsrunde, auf die sich die Mitglieder der Welthandelsorganisation WTO im vergangenen Jahr bei ihrer Ministerkonferenz in Doha/Katar einigten. Teil des überaus umfangreichen Verhandlungspakets ist auch das Dienstleistungsabkommen GATS (General Agreement on Trade in Services), das 1995 in das Vertragswerk der WTO aufgenommen wurde. Anfang 2000 sind im Rahmen der WTO Neuverhandlungen des GATS begonnen worden, deren Abschluß mit dem geplanten Ende der neuen Welthandelsrunde am 1. 1. 2005 zusammenfallen soll. Ob dieser Termin aber eingehalten werden kann, ist mehr als fraglich.
Der Regelungsumfang des GATS ist atemberaubend und umfaßt zusätzlich zu den von der EU in ihren Geheimpapieren aufgelisteten Sektoren noch die medizinischen und soziale Dienste sowie Bildung und Kultur. Kein Dienstleistungssektor ist grundsätzlich ausgenommen. Alle sollen sie den WTO- Prinzipien des Marktzugangs und der Gleichbehandlung in- und ausländischer Anbieter unterworfen werden. Die besondere Brisanz liegt dabei darin, daß Dienstleistungsmärkte weniger durch klassische Handelshemmnisse wie Zölle geschützt werden, sondern vor allem durch innerstaatliche Regelungen wie Gesetze, Verordnungen, ökologische Normen oder soziale Standards. Ziel der GATS-Verhandlungen ist es aber, sämtlichen innerstaatlichen Regelungen ein möglichst enges Korsett verbindlicher Rahmenrichtlinien anzulegen.
Gerade die öffentlichen Dienste müssen mit verschärftem Wettbewerbsdruck rechnen. Denn sobald sie in Konkurrenz zu privaten Anbietern erbracht werden, was vielfach ohnehin schon der Fall ist, findet das Abkommen Anwendung. Das GATS zielt u. a. darauf ab, daß staatliche Unterstützungen für öffentliche Dienste in gleichem Maße ausländischen Privatanbietern gewährt werden. Effekt dieser zunehmenden privatwirtschaftlichen Konkurrenz ist aber, daß die für gemeinwohlorientierte Leistungen verfügbaren öffentlichen Mittel weiter sinken werden. Aber auch die Möglichkeit einer gewissen politischen Steuerung staatlicher Investitionen ist durch das GATS bedroht, da die öffentliche Auftragsvergabe ebenfalls liberalisiert werden soll. All die negativen Erfahrungen mit bisherigen Liberalisierungen und Privatisierungen öffentlicher Dienste - Qualitätseinbußen, Preissteigerungen, erschwerter Zugang, Entlassungen, Lohnsenkungen, prekäre Beschäftigungsverhältnisse - bleiben dabei, wie so oft, unberücksichtigt. Warum das so ist, erklärt die EU-Kommission: »Das GATS ist in erster Linie ein Instrument zum Wohle der Unternehmen.«
Der Zeitplan der GATS-Verhandlungen sieht vor, daß bis Ende Juni 2002 alle WTO-Mitglieder ihre Marktöffnungsforderungen bei der WTO einreichen müssen. Was die EU von einem Teil ihrer Handelspartner fordert, ist nun bekanntgeworden. Unbekannt ist aber noch, welche Zugeständnisse die EU von der Mehrheit der ärmeren Entwicklungsländer erwartet und welche konkreten Liberalisierungswünsche andere WTO- Mitglieder an die EU adressieren. Die anschließende Verhandlungsphase ist daher besonders brisant. Bis Ende März 2003 müssen die WTO-Mitglieder angeben, in welchen Bereichen sie zu Zugeständnissen bereit sind und ihre Märkte für ausländische Anbieter öffnen wollen.
Willige Diener der Industrie
Die Dokumente aus dem Brüsseler 133er Ausschuß (dieser koordiniert die europäische Außenhandelspolitik) sind ein Musterbeispiel für die Verfilzung nationaler und europäischer Gremien mit der Privatwirtschaft. Wie kommen solche Papiere zustande? Zunächst erstellt die Generaldirektion Handel erste Entwürfe der GATS-Forderungen, die im 133er Ausschuß diskutiert und mit den nationalen Hauptstädten abgestimmt werden. Die zuständigen Ministerien der EU-Staaten können Ergänzungen vornehmen. Das deutsche Wirtschaftsministerium schickte dazu Teile der Entwürfe an ausgewählte Wirtschaftsverbände mit der Bitte um Stellungnahme. Die Generaldirektion Handel sammelt schließlich die Forderungen der nationalen Regierungen und erstellt verfeinerte Forderungslisten, die abermals in die nationale Abstimmung gehen. Die endgültigen Forderungen werden schließlich bei der WTO eingereicht.
Ob die Übermittlung der Entwürfe an die Industrie überhaupt rechtens ist, darf bezweifelt werden. Die Mitgliedstaaten wurden nämlich ersucht sicherzustellen, daß die Listen »nicht öffentlich zugänglich gemacht« und »nur an zuständige Offizielle weitergeleitet« werden. Daran hat sich das deutsche und manch anderes Wirtschaftsministerium aber nicht gehalten. In einer Antwort auf eine kleine Anfrage der PDS räumt die Bundesregierung ein, sie habe Elemente der Entwürfe an »einzelne, sachlich unmittelbar betroffene Wirtschaftsverbände« übermittelt, aber aufgrund ihres »vertraulichen Charakters« seien sie »nicht zu einer breiten Verteilung geeignet«. Vertraulichkeit im Sinne der Bundesregierung gilt also nicht gegenüber der Industrie, diese genießt vielmehr Privilegien staatlicher Unterhändler, sondern ausschließlich gegenüber der interessierten Öffentlichkeit.
Der Dienstleistungsindustrie stehen nicht nur die Beamten nationaler Ministerien zu Diensten, sondern auch diejenigen der EU-Kommission. Um den Informationsfluß zwischen Kommission und Industrie in Sachen GATS zu optimieren, wurde 1999 das European Services Forum (ESF) gegründet. Wie Dietrich Barth, ein hoher Beamter der Generaldirektion Handel, unverblümt feststellt, ist das ESF »eine privatwirtschaftliche Organisation der Dienstleistungswirtschaft, die eng mit der EU-Kommission zusammenarbeitet, um die offensiven und eventuelle defensive Handelsinteressen der Gemeinschaft zu definieren und die Kommission zu beraten«. Entsprechend finden sich zahlreiche der ESF-Forderungen in den durchgesickerten Verhandlungsdokumenten wieder, so die vollständige Niederlassungsfreiheit im Ausland oder der unbehinderte Einsatz von »Schlüsselpersonal« an sämtlichen Konzernstandorten.
Entwicklungspolitik am Ende
Die entwicklungspolitischen Bekenntnisse der EU verkümmern zur Farce, wenn die europäischen GATS-Forderungen zum Maßstab genommen werden. Vom krisengeschüttelten Argentinien wird der Verzicht auf Quellensteuern erwartet, welche auf die grenzüberschreitende Kreditvergabe im Bank- und Versicherungsgewerbe erhoben werden. Besonders weitreichende Lockerungen erwartet die EU von denjenigen Ländern, die sich mit Hilfe konsequenter Kapitalverkehrskontrollen gegen die Ansteckung durch die asiatische Finanzkrise von 1997/98 schützen konnten, vor allem Indien, Malaysia und China. So soll Malaysia den Handel mit der inländischen Währung Ringgit und mit Fremdwährungen vollständig freigeben, obwohl gerade Beschränkungen des Devisenhandels eine wichtige Maßnahme im Kampf gegen Finanzkrisen darstellen. Von Indien und China verlangt die EU die Zulassung äußerst riskanter innovativer Finanzinstrumente, der sogenannten Derivate. Der Großteil der Derivate wird nicht beaufsichtigt und hat schon häufig bei Finanzcrashs eine Rolle gespielt, so beim Zusammenbruch des berüchtigten US-Investmentfonds Long Term Capital Management. Die Philippinen sollen gar den Offshore-Töchtern ausländischer Banken (diese haben ihren Sitz für gewöhnlich in vollkommen unregulierten Steueroasen) Geschäfte in einheimischer Währung ermöglichen. Gerade auf diesem Weg finden aber die krisenverschärfenden Spekulationen gegen Schwachwährungen statt.
Bei Durchsicht der EU-Forderungen wird klar, daß das GATS zu Recht als »Klon« des 1998 gescheiterten multilateralen Investitionsabkommens (MAI) bezeichnet wird. Durchgängig verlangt die EU, daß gerade entwicklungspolitisch sinnvolle Auflagen gegenüber ausländischen Investoren geschleift werden. So erlauben viele Länder in bestimmten Sektoren keine Übernahmen, sondern lediglich Gemeinschaftsunternehmen mit lokalen Firmen (Joint ventures), was einheimische Beschäftigung sichern und einen Technologietransfer ermöglichen soll. Um einheimische Arbeitskräfte nicht nur in niedrigen Positionen zu beschäftigen, begrenzen viele Länder die Zahl der Ausländer im Management von Niederlassungen. Um marktbeherrschende Stellungen zu verhindern, wird häufig die Anzahl von Zweigstellen begrenzt, die ein ausländischer Konzern im Inland errichten darf. Weitere Beschränkungen betreffen die Höhe ausländischer Beteiligungen, den Rücktransfer von Gewinnen oder den Erwerb von Grund und Boden. Die EU fordert, daß all diese durchaus sinnvollen Investitionsauflagen beseitigt werden.
Zweiklassenversorgung
Auch in umweltpolitisch sensiblen Bereichen kennt der europäische Exporthunger keine Grenzen. Weitreichende Marktöffnungen streben die europäischen Unterhändler beispielsweise im Energiesektor an, ein Bereich, der bisher noch gar nicht als eigenständiger GATS-Sektor existiert. Die Wunschliste reicht von der Erkundung (Exploration) potentieller Energiequellen über den Bau von Anlagen, Pipelines und Stromnetzen, das Betreiben von Transport- und Übertragungsnetzen, den Groß- und Einzelhandel mit Energieprodukten bis hin zur Stillegung von Produktionsstätten. Auch die Wasserver- und -entsorgung haben Kommission und Industrie als europäisches Handelsinteresse definiert. Einflußreiche Lobbyisten sind die französischen Weltmarktführer im Wasserbereich, Vivendi und Suez. Aber auch deutsche Unternehmen wie RWE, AquaMundo, die E.ON-Tochter Gelsenwasser oder Berlinwasser International werden mit Exportbürgschaften, Entwicklungshilfegeldern und durch Übernahmen kommunaler Wasserwerke für den Weltmarkt fitgemacht. Wichtig also, daß Handels- und Investitionshemmnisse auch im Wasserbereich fallen. Die EU fordert daher die vollständige Marktöffnung für Wassersammlung, -klärung und -vertrieb sowie für die Bereitstellung sanitärer Anlagen.
Die öffentlichen Versorgungsunternehmen, sei es im Energie-, Wasser- oder auch im Telekommunikationssektor, werden von den Freihandelsapologeten notorisch schlechtgeredet. Anders lassen sich ausländische Kapitalbeteiligungen, denen (Teil-)Privatisierungen vorauszugehen haben, offensichtlich nicht rechtfertigen. So werden öffentliche Unternehmen als ineffizient, korrupt und kostentreibend beschrieben, ohne ernsthaft nachzuweisen, warum all dies auf private Unternehmen nicht genauso zutrifft. Gerade qualitative Aspekte, wie der kostengünstige Zugang aller Bevölkerungsgruppen zu lebensnotwendigen und hochwertigen Diensten, spielen im Kalkül der Liberalisierer überhaupt keine Rolle. So sind die meisten transnationalen Konzerne nur in der Lage, standardisierte High-Tech-Lösungen anzubieten, die kostengünstigere Alternativen, z. B. angepaßte Technologien, verdrängen. Da öffentliche Versorgungsunternehmen oftmals Monopolstellungen innehaben, führt die Marktöffnung zudem häufig zur Auswechslung öffentlicher durch private Monopole, wobei die Gewinnerwartungen der privaten Betreiber notorisch in Konflikt zu einer kostengünstigen Grundversorgung geraten. Arme Bevölkerungsgruppen sind nun einmal mangels Kaufkraft keine attraktive Zielgruppe privatwirtschaftlicher Unternehmen.
Als besonderes Risiko kommt beim GATS hinzu, daß sämtliche staatliche Auflagen, seien diese nun umwelt-, sozial- oder entwicklungspolitisch motiviert, mittels eines »Notwendigkeitstests« daraufhin überprüft werden sollen, ob sie »ungerechtfertigte Handelshemmnisse« darstellen. Gegen derartige Handelsbeschränkungen könnte dann vor dem WTO- Schiedsgericht geklagt werden. Bei der WTO wurde eine spezielle Arbeitsgruppe zu innerstaatlichen Regulierungen eingesetzt, die sich u. a. mit der Entwicklung dieses Notwendigkeitstests befaßt.
Zwar hat die EU bisher keine Forderungen im Bildungs- und Gesundheitswesen an die 29 Länder gerichtet, dennoch wird es auch in diesen Bereichen zu GATS-Verhandlungen kommen, da andere WTO-Mitglieder hier dezidierte Interessen artikulieren. Dies wird ab Juli dieses Jahres auch innenpolitisch relevant, denn dann muß die EU ihre Liberalisierungsangebote aushandeln. Dabei hat die EU sowohl im Bildungs- wie auch im Gesundheitssektor schon GATS-Verpflichtungen übernommen, wie der gemeinsamen Verpflichtungsliste der Europäischen Gemeinschaft entnommen werden kann. Wenn es nach den Wünschen der US-amerikanischen Dienstleistungsindustrie geht, müßten diese aber noch erheblich ausgeweitet werden. Der Zusammenschluß der US-Dienstleistungsindustrie, die Coalition of Service Industries (CSI), bringt das für sie ärgerlichste Handelshemmnis im Gesundheitswesen wie folgt auf den Punkt: »Die öffentliche Trägerschaft der Gesundheitsversorgung erschwert privaten US-amerikanischen Gesundheitsanbietern den Zutritt auf die ausländischen Märkte.«
Weltweiter Widerstand
Besonders stark ist das Interesse, staatliche Subventionen des öffentlichen Bildungs- und Gesundheitssystems in private Taschen umzuleiten. So kritisiert die US-Regierung beispielsweise die »Intransparenz« bei der Vergabe staatlicher Subventionen für tertiäre Bildungsdienstleistungen, Erwachsenenbildung und berufliche Weiterqualifizierungen. Die WTO sekundiert und stellt nüchtern fest, daß in denjenigen Sektoren, in denen wie im Krankenhaussektor staatliche und private Träger nebeneinander existieren, »Subventionen und ähnliche ökonomische Vergünstigungen unter die Verpflichtung zur Inländerbehandlung fallen«. Ausländischen Privatanbietern müßte folglich der gleichberechtigte Zugang zu sämtlichen Unterstützungsmaßnahmen gewährt werden, welche sonst nur öffentlichen bzw. im öffentlichen Auftrag tätigen Anbietern zustehen. Würden die öffentlichen Mittel tatsächlich noch mehr als bisher zugunsten kostenpflichtiger, auf zahlungskräftige Kundschaft ausgerichtete Privatanbieter umgelenkt, wären frei zugängliche staatliche Bildungs- und Gesundheitssysteme zweifellos unfinanzierbar.
Zu Recht richtet sich daher der weltweite Widerstand gegen die ungehemmte Liberalisierung der Dienstleistungsmärkte. Soziale Bewegungen, Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen sind maßgebliche Träger dieses Protests. In der Bundesrepublik formiert sich ein breites Widerstandsbündnis auf Initiative des globalisierungskritischen Netzwerks ATTAC. Studierende organisieren sich europaweit in dem Bündnis »Education is not for sale«. Da die Dienstleistungsliberalisierung derart stark in das alltägliche Leben eingreift, ist zu hoffen, daß diese Ansätze sich noch deutlich ausweiten werden.
* Thomas Fritz ist freier Mitarbeiter von WEED (Weltwirtschaft, Ökologie und Entwicklung), Berlin, und engagiert sich bei ATTAC
gated society schrieb am 11.12. 2002 um 03:14:56 Uhr zu
Bewertung: 1 Punkt(e)
unaufhörlich, »niemand« wolle die öffentlichen Dienste auf den Tisch der GATS-Verhandlungen legen. Wenn man es wollte, vvürden es die Texte nicht gestatten. In einem Brief an den Direktor von Le Monde diplomatique verfocht Lamy diesen Standpunkt sogar mit einem schönen Zitat aus dem GATS. Der betreffende Satz bekräftigt das »Recht der Mitglieder, das Dienstleistungsangebot auf ihren Territorien zu regulieren und dabei neue Regelungen einzufahren, um nationalen Poiitikpräferenzen entgegenzukommen.«16
Schade, dass sich dieser Satz nur in der Präambel des GATS findet und daher keine rechtliche Tragweite hat. Dagegen bergen viele Artikel im Korpus des Abkommens ernste Gefahren in sich. Das GATS besteht, ebenso wie die WTO selbst, erst seit 1995, und die aktuellen Verhandiungen über die Dienstleistungen boten noch nicht genug Muße, um die »fortschreitende Liberalisierung« sehr weit voranzutreiben. Aber in den Texten ist deren Notwendigkeit festgeschrieben.
Bisher gibt es nur wenige Entscheidungen der DSB zur Interpretation des GATS, aber dessen Ziel ist vor allem, »das Liberalisierungsniveau schrittweise zu heben« (Artikel XIX). Wenn es bezüglich der öffentlichen Dienste Klagen zu hageln beginnt, werden sie in ihrer Häufung die Wirkung haben, das Regelungsgefüge, von dem das Bildungswesen, das Gesundheitswesen und die anderen öffentlichen Dienste in den europäischen Ländern umgeben wird, »zu Kieinholz zu schlagen«. Es wird sie dann so wenig schützen, wie eine Strohhütte vor dem großen bösen Wolf schützt.
-
66 Brief Vom 3. November 2000 an lgnacio Ramonet zu demartikei »Lib@raliser sans avoir l'air d'y toucher« von Susan George und Ellen Gc)uld (Le Monde diplomatique, Juli 2000): »[ ... 1 the right of members to regulate, and to introduce new regulations, on the supply of services within their territories to meet national policy objectives.«
7 0 Wer will was?
1
Kurzum, wir meinen, dass die Infragestellung der öffentlichen Dienste und der Regierungsaufsicht über das Dienstleistungsangebot auf dem eigenen nationalen Territorium in den Texten des GATS festgeschrieben und programmiert ist. Sie wird u.a. mittels der DSB in die Praxis umgesetzt werden.
Kleine Texterläuterung:
Die gefährlichsten GATS-Artikel
Um genau zu zeigen, welche Wege bereits abgesteckt worden sind, um sich an alle diese Dienste heranzuwagen, unternehmen wir jetzt eine »Texterläuterung« zu bestirnrnten Artikeln. Hinter den technokratischen Formulierungen stecken nämlich Fallen, und die Fachanwälte für Handelsrecht werden nicht versäumen, sich ihrer zu bedienen.
Was ist eine »öffentliche« Dienstleistung?
Gegenstand des GATS sind laut Artikel 1, 3, b »alle Dienstleistungen in allen Bereichen mit Ausnahme der in Ausübung der in hoheitlicher Gewalt erbrachten Dienstleistungen«. Sehr gut, sagt man sich, da sind wir gerettet, denn die öffentlichen Dienstleistungen des Bildungswesens, der Post, des Sozialwesens usw. werden alle eindeutig »in Ausübung der hoheitlichen Gewalt« bereitgestellt.
Leider wird diese »Gewalt« sofort von Artikel 1, 3, c eingegrenzt: Um nicht unter die Regeln des GATS zu fallen, darf diese Dienstleistung von der Regierung »weder auf kommerzieller Grundlage noch im Wettbewerb mit einem oder mehreren Anbietern von Dienstleistungen« bereit-
gestellt werden.
Der Sinn der Ausdrücke »kommerzielle Grundlage« und »Wettbewerb mit einem oder mehreren Anbietern« wird nirgends präzisiert. Sie bezahlen den Zugfahrschein, die Briefmarke oder das U-Bahn-Ticket »auf kommerzieller Grundlage«, und Sie haben die Wahl zwischen öffentli-
Die gefährlichsten GATS-Artikei 71
| Einige zufällige Stichwörter |
Gesualdo
Erstellt am 23.9. 2002 um 20:20:09 Uhr von SEDVX, enthält 5 Texte
Nachmittagssonne
Erstellt am 26.7. 2009 um 12:25:19 Uhr von Hanno Nühm, enthält 8 Texte
Fünfprozenthürde
Erstellt am 10.9. 2002 um 09:14:53 Uhr von Mutant, enthält 12 Texte
Synthesizer
Erstellt am 26.3. 2001 um 23:56:15 Uhr von philipp, enthält 35 Texte
kontern
Erstellt am 2.12. 2000 um 15:22:41 Uhr von Caravanserail, enthält 7 Texte
|