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ruecker42 schrieb am 21.8. 2007 um 21:39:01 Uhr über

fraktionslos

Ja... da kam die Frage nach dem Sinn, warum man vor der Abstimmung immer noch mal ermahnt wurde, die Linie der Partei einzuhalten. Die Erinnerung kam kurz hoch, an diesen einen Tag im Wahlkampf damals, als man in der geoeffneten Tuer des VW-Bus sass und einen Kaffee schluerfte, muede, mit heiserer Kehle, und die Leute betrachtete, die da die Strasse entlanggingen und in ihrem Alltag versunken waren - wer sind die eigentlich, was treibt sie an, was wollen sie? Weggewischt schnell, der Bus fuhr kurz darauf weiter, in eine andere Stadt, mit anderen Leuten, den selben Parolen und den selben Fragen, man hatte die Antworten gelernt...
Irgendwann deckte sich das alles nicht mehr mit dem, was man sich vorgestellt hatte, und jetzt konnte man einfach weiter mitmachen oder aussteigen. Zurueck in den alten Beruf? Das war sinnlos, das Verlegen von Spannteppichen war schon laengst eine vergessene Handfertigkeit, aber einfach so weggehen? Nachdem man zum X-ten Male von den Fraktionskollegen zusammengestaucht wurde, weil man sich nicht an die Fraktionsdisziplin gehalten und in einer Frage mit der Opposition gestimmt hatte, das Fuer und Wider in ermuedenden Diskussionen erwogen, steht der Entschluss fest: Austritt aus der Partei, aber man behaelt das Mandat, es ist ein Auftrag, und zu Hause heissen sie es gut. Und ploetzlich ist man Freiwild auf weiter Flur, Informationskanaele schliessen sich und es wird immer schwieriger, seinen Standpunkt ueberhaupt zu Gehoer zu bringen, in der Kantine rueckt man oft ab und nur wenige kommen zum Gespraech oder zu einer Sachfrage, die meisten zeigen heimlich mit dem Finger: Verraeter. Und beim naechsten Wahlkampf hat man nicht nur die gegnerische Partei sondern auch die ehemalige Heimat als Gegner - und alleine kann man sich diesen Werberummel sowieso nur schwer leisten (es reicht gerade fuer einen Sonnenschirm mit dem eigenen Namen, unter dem man auf dem Marktplatz steht und sich fragt, warum alle zu den Staenden der Parteien rennen) ... So, zu feinem Sand zerrieben, kehrt man dann nach ein paar Jahren zurueck zu den Spannteppichen, kriecht auf den Knien bei den Kunden im Wohnzimmer herum und traeumt manchmal des Nachts ruhelos von den Buchstaben ueber dem Portal, die im Stein langsam nachdunkeln »Dem Deutschen Volke« ...


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