Leibseelenscheide

Das ungewöhnlich kräftig gebaute Geschlecht des blondierten jungen Mannes, der sich im Umkleideraum des Fitnessstudios zum Duschgang bereitmachte, konnte weder Konrad noch mir entgehen. Einigermaßen fasziniert starrten wir unter geschickter Zuhilfenahme der Garderobenspiegel dorthin, wo sich ein namenloser Schöpfergott so reichlich ausgelassen hatte; mir genügte die einmalige Inaugenscheinnahme, um mich dann mit kaum verminderter Freude dem Gesicht meines Partners zuzwenden, auf dem noch Minuten, nachdem sich die Duschtür hinter dem jungen Herrn mit dem Eselsgemächt gechlossen hatte, eine Melange aus Verblüffung und unverhohlener Begierde eingemeißelt blieb. Mit einem Anflug von Melancholie räsonnierte ich während des darauffolgenden Mittagessens darüber, daß ich in den vergangenen Jahren allmählich den Wandel von einem Objekt der Anschauung zu einem betrachtenden Subjekt vollzogen habe, was zwar unter philosophischen Aspekten ein begrüßenswerter Schritt auf dem Weg zur Menschwerdung sein mag, mir das essensbegleitende Weizenbier jedoch mit einem für dieses Getränk bislang ungekannten Maß an hopfiger Bitterkeit würzte.

Da zog er Leibseelenscheide aus der Scheide und schwang sie hoch in der Luft. Damals gaben Ritter ihren Schwertern Namen, die Schwertnamen waren oft berühmter als die Namen der Ritter.

Leib und Seele sind sind im Grunde wie Schwanz und Kondom.
Schon beim Durchtrennen der Nabelschnur beginnt das langsame Abrollen, am Ende fliegt das Kondom wie eine nur Auserwählten sichtbare Fliegende Untertasse davon.

»Das hat nichts mit Ficken zu tun?«
»Nein, hat's nicht!«
»Natürlich, Mann!«
»Junge, das ist wenn Leib und Seele von einanander scheiden!«
»Sag' ich doch: Ficken.«