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End,e Ady (1877-1919)
MENSCH SEIN IN DER UNMENSCHLICHKEIT
Kolben der Gewehre zermalmen mein Herz,
Tausend Greuel zerschinden mein Auge,
Stumm hockt ein D,chinn auf der stolzen Kehle,
Und der Wahnsinn schlägt mein Gehirn.
Trotz allem, b,ih auf, meine Stärke, Brich wiederum auf von der Erde!
Ob Morgenrot, ob Hölle,-Mitternacht,
Gleichviel, brich auf, verwegen,
Wie Du einstmals, einstmals getan.
Nichts Schöneres konnten dem hehren Ungarn
Hundert Himmel und Höllen je geben:
Mensch sein in der Unrne",hlichkeit,
Ungar im gehetzten Ungartum, Starrköpfiger Toter, wiederum lebendig.
Georg Kaiser (1878-1945)
DIE WEIHE
Nachdem das Schwert gereicht, ward ihm die Weihe mit alten Sprüchen und mit frischen Salben und jeder in der meifenlangen Reihe
verschwor sich ihm. Dann hüllt, man es der falben
und funkelnd überzierten Scheide wieder
als berg' man Heiliges in seinem Schrein.
Jetzt stimmten sie die ungestümen Lieder,
mit denen sie sich Tod und Toten weihn
und finden keinen Grund sich mehr zu schämen
des blutigen Tuns. Einst feiern sie den Sieg,
als ob sie Kronen von den Sternen nährnen,
die dort verwahrt sind - nur erlaubt dem Krieg,
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Georg Traki (1887-1914)
GRODEK
Am Abend tönen die herbstlichen Wälder
Von tödlichen Waffen, die goldnen Ebenen
Und blauer Seen, darüber die Sonne
Düstrer hinrollt; umfängt die Nacht
Sterbende Krieger, die wilde Klage
Ihrer zerbrochenen Münder.
Doch stille sammelt im Weidengrund
Rotes Gewölk, darin ein zürnender Gott wohnt,
Das vergoßne Blut sich, mondne Kühle;
Alle Straßen münden in schwarze Verwesung.
Unter goldnem Gezweig der Nacht und Sternen
Es schwankt der Schwester Schatten durch den schweigenden Hain,
Zu grüßen die Geister der Helden, die blutenden Häupter;
Und leise tönen im Rohr die dunklen Flöten des Herbstes.
0 stolzere Trauer! ihr ehernen Altäre,
Die heiße Flamme des Geistes nährt heute ein gewaltiger Schmerz,
Die ungebornen Enkel.
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