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Heydrich

Reinhard Tristan Eugen Heydrich ( * 7. März 1904 in Halle (Saale); † 4. Juni 1942 in Prag), SS-Obergruppenführer und General der Polizei, war während der Diktatur des Nationalsozialismus als Leiter des Reichssicherheitshauptamts (RSHA) und Stellvertretender Reichsprotektor von Böhmen und Mähren für zahlreiche Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit mitverantwortlich. 1941 wurde er von Hermann Göring mit der so genannten „Endlösung der Judenfrage“ beauftragt und war ab da der eigentliche Organisator des Holocausts. So leitete er am 20. Januar 1942 in Berlin die Wannsee-Konferenz. Heydrich wurde am 27. Mai 1942 bei einem Attentat in Prag verletzt und starb einige Tage später an Gasbrand. Daraufhin folgten Racheakte der Nationalsozialisten wie die Zerstörung von Lidice und Ležáky.

Inhaltsverzeichnis [Verbergen]
1 Leben
1.1 Kindheit und Jugend
1.2 Marine
1.3 Aufstieg in der SS
1.4 Kriegseinsatz bei der Luftwaffe
1.5 DieEndlösung der Judenfrage“
1.6 Stellvertretender Reichsprotektor von Böhmen und Mähren
1.7 Attentat
2 Vergeltung
3 Heydrichs Persönlichkeit
4 Angebliche jüdische Abstammung
5 Dokument
6 NSDAP-Auszeichnungen
7 Militärische Auszeichnungen
8 Witwenrente in der Bundesrepublik Deutschland
9 Deutungen
10 Filme, künstlerische Aufarbeitung
11 Literatur
12 Weblinks
13 Einzelnachweise

Leben [Bearbeiten]
Kindheit und Jugend [Bearbeiten]
Heydrichs Mutter Elisabeth Kranz stammte aus einer wohlhabenden Familie und war die Tochter des Leiters des Königlichen Konservatoriums von Dresden. Sein Vater, Bruno Heydrich, war Opernsänger und Komponist. Obwohl Bruno Heydrichs Opern im Stil von Richard Wagner in Köln und Leipzig aufgeführt wurden, blieb ihm der Erfolg versagt. 1899 gründete er in Halle an der Saale eine Musikschule für Kinder der Mittelklasse. Es gelang ihm trotz aller Bemühungen nicht, in dieGesellschaftder Stadt aufgenommen zu werden, da er als Emporkömmling galt. Darüber hinaus gab es das Gerücht, er sei jüdischer Herkunft (siehe unten). Im Bürgertum der Wilhelminischen Ära war mitunter ein starker Antisemitismus bzw. Antijudaismus verbreitet.

Reinhard Heydrich wurde von früh auf durch einen extremen Nationalismus geprägt, der in der Familie vorherrschte. Seine Eltern lasen die Schriften von Houston Chamberlain, nach dessen Auffassung der „Rassenkampf“ Leben und Tod der Nationen diktierte. Als Heydrich 10 Jahre alt war, brach der Erste Weltkrieg aus. Die Niederlage des Deutschen Reiches und die Abdankung von Kaiser Wilhelm II. wurde von seiner Familie als Katastrophe empfunden.

Als 15-jähriger Schüler schloss er sich 1919 dem Freikorps von Georg Maercker an.

Er war zudem Mitglied der Jugendgruppe der halleschen Ortsgruppe des Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbundes.[1]

Marine [Bearbeiten]
Am 30. März 1922 trat er als Seekadett in die Reichsmarine ein, 1926 wurde er zum Nachrichtendienst der Marine versetzt und 1928 zum Leutnant zur See ernannt.

Während seiner Marinezeit betrieb Heydrich intensiv Sport, vor allem in den Disziplinen Moderner Fünfkampf, Fechten und Reiten.

Im Dezember 1930 lernte er auf einem Ball seine spätere Ehefrau, die 19-jährige Lina Mathilde von Osten († 14. August 1985), kennen, die aus einem norddeutschen Elternhaus kam, das wie das von Heydrich sehr national-patriotisch geprägt war. Am 26. Dezember 1931 fand in Großenbrode die Hochzeit statt. Aus der Ehe gingen vier Kinder hervor:

Klaus Heydrich (* 17. Juni 1933; † 24. Oktober 1943)
Heider Heydrich (* 28. Dezember 1934)
Silke Heydrich (* 9. April 1939)
Marte Heydrich (* 23. Juli 1942)
Heydrich hatte allerdings in der Zeit der Verlobung mit Lina von Osten eine Beziehung zu einer anderen Frau, der Tochter des Marinewerftdirektors von Kiel. Die Beziehung beendete er, indem er ihr die aus einem Lokalblatt ausgeschnittene Verlobungsanzeige mit Lina von Osten zuschickte.

Nach dem Kodex der Marine hatte Heydrich sich unehrenhaft verhalten. Die Angelegenheit wurde vor einem „Ehrenrat“ verhandelt. Heydrichs arrogantes Auftreten vor dem Rat führte mit dazu, dass er im April 1931 von Admiral Erich Raeder wegen „ehrwidrigen Verhaltensaus der Marine entlassen wurde. Dieser Ausschluss war der schwerste Schlag in seinem Leben und machte ihm zeitlebens zu schaffen.

Dennoch bleibt merkwürdig, daß niemals die Identität der jungen Dame von der „Kolo Rendsburg“ oder die ihres Vaters herausgekommen sind (...) Vergleiche des Autors zwischen den Namenslisten der Schülerinnen der Kolonialen Frauenschule und der militärischen wie politischen Führung der Reichsmarine im Zeitraum 1929 bis 1931 ergaben keine Übereinstimmung. Bemerkenswert ist auch, daß Heydrich selbst auf dem Höhepunkt seiner Macht im Dritten Reich, wie Kleikamp 1950 hervorhob, „niemals etwas gegen die Mitglieder des Ehrenrats unternommen hat“.“

Mario Dederichs: HeydrichDas Gesicht des Bösen. S.52

Aufstieg in der SS [Bearbeiten]
Im Juni 1931 trat Heydrich in die NSDAP (Mitglied Nr. 544.916) und die SS (SS Nr. 10.120) ein.

Zu dieser Zeit baute Heinrich Himmler dieSchutzstaffel des Führers“, die SS, systematisch auf. Um die Tätigkeiten der Organisation besser zu koordinieren und vor allem politische Gegner zu überwachen und auszuschalten, benötigte die wachsende SS einen effizienten Nachrichtendienst. Über einen verwandten Jugendfreund, dem Münchner SA-Führer und SA-Brigadeführer „OberbayernKarl von Eberstein (dessen Mutter war Heydrichs Patentante), wurde Heydrich im August 1931 Himmler vorgestellt. Heydrich skizzierte ihm kurz seine Vorstellungen vom Aufbau eines Nachrichtendienstes. Himmler war beeindruckt und beauftragte ihn mit dem Aufbau der Organisation, die den NamenSicherheitsdienst“ (SD) erhielt. Allerdings räumte Himmler später intern ein, dass die Heranziehung Heydrichs ursprünglich auf einemIrrtumbasierte: Heydrich war als „technischer Nachrichtenoffizier“ für den Funk ausgebildet und hatte mit nachrichtendienstlicher Tätigkeit nichts zu tun gehabt.[2] Gleichwohl wusste jener offenbar Himmler zu überzeugen.

Der SD sammelte akribisch Material über jeden im Reich, das zu gegebener Zeit gegen ihn verwendet werden konnte. Gegner wurden durch Intrigen oder gezielte Kampagnen ausgeschaltet. Dabei nahm man es mit der Wahrheit nicht allzu genau. Ein beliebtes Mittel war, dem Gegnerhomosexuelle Neigungen“ nachzusagen. Heydrich wurde schnell unentbehrlich für die kommende Führung des Dritten Reiches und stieg rasch in der Hierarchie der SS auf. Am 1. Dezember 1931 wurde er zum Hauptsturmführer der SS, im Juli 1932 zum Standartenführer ernannt. Zu Beginn seiner Karriere als höherer SS-Offizier änderte Reinhardt Heydrich seinen Vornamen inReinhard“.

Als Adolf Hitler 1933 zum Reichskanzler ernannt wurde, bedeutete dies für die SA und SS einen legalen Zugang zur Macht. Heydrich wurde noch im selben Jahr stellvertretender Chef der Bayerischen Polizei. Das Ermächtigungsgesetz ermöglichte die Zerschlagung der Opposition. Die Staatsbürokratie wurde systematisch aufgerollt und von linientreuen Anhängern des Regimes übernommen.

Das nach außen hin straff organisierte Dritte Reich wies im Innern allerdings eine Struktur rivalisierender Machtgruppierungen auf, wie NSDAP, SA, SS, Wehrmacht sowie verschiedene geheimdienstliche und polizeiliche Organisationen.

Die Sturmabteilung unter Ernst Röhm wurde nach der Machtübernahme zunehmend unzufriedener. Sie hatte Hitler ihrer Auffassung nach an die Macht gebracht, spielte jetzt jedoch nur noch eine untergeordnete Rolle. Ein Teil der SA forderte, nach der ersten nationalen Revolution, nun eine zweite sozialistische Revolution. Hitler, dem die SA unbequem wurde, suchte nach Möglichkeiten, diese auszuschalten. Heydrichs SD leistete hier ganze Arbeit und sammelte fingierte Beweise für einen unmittelbar bevorstehenden Putsch. Hitlers präventive Vorbeugung eines vermeintlich bevorstehenden Röhm-Putsches bestand darin, dass er die SA-Führungsriege exekutieren ließ. Für seine Dienste bei der Entmachtung der SA wurde Heydrich am 30. Juni 1934 zum SS-Gruppenführer ernannt.


Reinhard Heydrich 1934Der Wehrmacht war die SS als zweite bewaffnete Organisation im Reich ein Dorn im Auge. Die SS wiederum stärkte ihre Position gegenüber der Wehrmacht, indem sie den damaligen Oberbefehlshaber des Heeres, Generaloberst Werner von Fritsch, und den Reichskriegsminister Werner von Blomberg durch gezielte Intrigen aus dem Weg räumte.

Rivalität herrschte auch zwischen Heydrichs SD und dem Geheimdienst des Heeres, der Abwehr unter seinem ehemaligen Gönner Admiral Wilhelm Canaris. Die beiden Chefs unterhielten anfangs nach außen hin ein freundschaftliches Verhältnis und trafen sich jeden Morgen zum gemeinsamen Ausritt. Hinter den Kulissen versuchte jedoch jeder den anderen auszuschalten – Heydrich ließ Canaris' Diensträume verwanzen, Canaris ließ nach Belegen für Heydrichs angebliche jüdische Abstammung suchen.

1936 wurde Himmler Chef der deutschen Polizei, Heydrich Chef der Sicherheitspolizei (Sipo). Die Sicherheitspolizei, die sich aus der politischen Polizei und der Kriminalpolizei zusammensetzte, wurde straff durchorganisiert, mit zuverlässigen Nationalsozialisten durchsetzt und zentral geführt. In ihr hatte Heydrich ein willfähriges Instrument, um vermeintliche Staatsfeinde, aber auch persönliche Widersacher und Rivalen, gnadenlos zu verfolgen. Er schuf ein Netz einer fast lückenlosen polizeilichen Überwachung, legte umfangreiche Akten an und beauftragte sogar Wissenschaftler mit Studien über die Aktivitäten möglicher Staatsfeinde wie Juden, Kommunisten, Liberale und religiöse Gruppen. Auch Erpressung, Verhaftungen, Folter und Mord gehörten zu seinem Repertoire. Dabei hatte er eine ausgesprochene Vorliebe für heimtückische Winkelzüge.

Noch während der Reichspogromnacht sandte er am 10. November 1938 ein dringendes Fernschreiben an die StaPo mit verschiedenen Anweisungen. Beispielsweise es seien

„[…] in allen Bezirken so viele Judeninsbesondere wohlhabende – festzunehmen, als in den vorhandenen Hafträumen untergebracht werden können

– Fernschreiben von Reinhard Heydrich[3]

1939 wurden SD und Sicherheitspolizei (Kriminalpolizei und Geheime Staatspolizei) dem neu geschaffenen Reichssicherheitshauptamt (RSHA) unterstellt, mit Heydrich an der Spitze. So war ein riesiger Polizeiapparat entstanden, der überall Informationen sammeln und liefern konnteein Instrument zur Ausübung absoluter Herrschaft. Heydrich arbeitete weiter an der Vervollkommnung dieses Apparates, der seine ganze Macht bei der Durchführung des Befehls zur Vernichtung des Judentums zeigen sollte.

Am 1. September 1939 erfolgte der Angriff auf Polen, der durch angebliche Übergriffe polnischer Truppen gerechtfertigt wurde. Heydrich ließ hierzu einige Grenzzwischenfälle inszenieren. So wurde von SS-Männern, die polnische Freischärler darstellen sollten, ein Überfall auf den Sender Gleiwitz inszeniert. Der internationalen Presse wurden gefallene Polen vorgeführt. In Wirklichkeit handelte es sich um zuvor umgebrachte Gefangene des KZ Sachsenhausen. Den rasch vorrückenden Truppen der Wehrmacht folgten sogenannte SS-Einsatzgruppen, die rücksichtslos gegen die Zivilbevölkerunginsbesondere dieIntelligenzund Juden – vorgingen. Als Unternehmen Barbarossa begann am 22. Juni 1941 der Angriff auf die Sowjetunion. Auch hier richteten die Einsatzgruppen der SS unvorstellbare Massaker an. Es wird geschätzt, dass in Osteuropa etwa 1 Million Menschen ermordet wurden.

Kriegseinsatz bei der Luftwaffe [Bearbeiten]
Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges nahm Heydrich als Reserveoffizier der Luftwaffe zunächst als Bordschütze in Bombern am Polenfeldzug, später als Jagdflieger über Norwegen, Norddeutschland und Holland teil. Er flog eine Messerschmitt Bf 109E-7. Sein Aufenthalt in den Jagdverbänden endete immer schnell durch Unfälle, da er nur wenige Trainingsflüge absolviert und nie die nötige Professionalität als Flieger erlangt hatte.

Heydrich missachtete den ausdrücklichen Befehl des Reichsführers-SS Himmler zum Verbot von Kampfeinsätzen, meldete sich am Flugplatz Bălţi im Südabschnitt der Ostfront in der Uniform eines Luftwaffenmajors und wurde der II. Gruppe des Jagdgeschwaders 77 zugeteilt, in der er schon früher geflogen war. Sein Flugzeug wurde am Nachmittag des 22. Juli über Jampol von einem sowjetischen Flakgeschoss getroffen und der Motor fiel aus. Heydrich war gezwungen, zwischen den Frontlinien notzulanden. Er floh in Richtung der deutschen Stellungen und hatte Glück, bald auf deutsche Soldaten zu treffen.

Die Anzahl der Feindflüge Heydrichs ist nicht bekannt; dokumentiert ist nur, dass er abgeschossen wurde. Er erhielt nach seiner Rückkehr in Berlin das Eiserne Kreuz 1. Klasse und die Frontflugspange in Silber, die üblicherweise erst nach 60 erfolgreichen Feindflügen verliehen wurde. Nach diesem Abenteuer verboten ihm Himmler und nun auch Hitler endgültig jeden weiteren Kampfeinsatz, denn Heydrich hätte bei weiteren Kampfeinsätzen in sowjetische Gefangenschaft geraten können, deren Folgen aus der Sicht der NS-Führung für das Dritte Reich unabsehbar gewesen wären.

Heydrich versuchte, mit dem Fliegen seinem eigenen Ideal nahe zu kommen, nicht nurSchreibtischtäteroder „Asphaltsoldat“ zu sein, sondern auch als Kämpfer an der Front zu bestehen.

DieEndlösung der Judenfrage“ [Bearbeiten]

Auftrag Görings an HeydrichIn der Ideologie der Nationalsozialisten galten Juden als Feindbild schlechthin. Sie wurden alsUntermenschendargestellt und in der NS-Propaganda mitunter mit Ratten (so im FilmDer ewige Jude“) und anderem Ungeziefer verglichen.

Schon vor dem Krieg sammelte Heydrich alle Informationen über jüdische Einrichtungen und ließ sie überwachen. Zunächst sollten die Juden durch ein System von Enteignung und Deportation aus dem Reich gedrängt werden. 1938 sandte Heydrich Adolf Eichmann nach Wien, um dort die Zentralstelle für jüdische Auswanderung einzurichten, sie wurde zum Vorbild für die im Januar 1939 eingerichtete Reichszentrale für jüdische Auswanderung in Berlin. Damit erhielt Heydrichs SD eine Schlüsselrolle bei der Judenverfolgung.[4]

Nach der Eroberung Polens gab Heydrich den Befehl, Ghettos für die Juden einzurichten und dort so genannte Judenräte zu bilden. So wurden die Jüdischen Gemeinden gezwungen, mit den Nationalsozialisten zusammenzuarbeiten und an ihrem eigenen Untergang mitzuwirken. Mit Eichmanns Hilfe organisierte Heydrich Deportationen von Juden aus dem ganzen Reichsgebiet sowie aus Österreich und Teilen Polens in diese neu errichteten Ghettos. In einer Anweisung vom 22. September 1939 unterschied Heydrich zwischen einem „geheimen Endziel“, dessen Verfolgung langfristig erfolgen müsse, und den Mitteln und Wegen dorthin. Ghettos waren für ihn nur Zwischenstationen. Als Endziel war zu diesem Zeitpunkt eine Deportation aller Juden aus den eingegliederten Gebieten in ein Territorium an der östlichen Grenze Polens angedacht.[5]

Durch die Eroberung Osteuropas fielen Millionen von Juden und anderen Menschen, die alsAngehörige minderwertiger Rassen“ herabgesetzt wurden, in deutsche Hand. Wann der Entschluss zur Ermordung aller Juden gefasst wurde, ist strittig; die meisten Historiker datieren ihn zwischen September und Dezember 1941. Die systematische Ermordung der Juden war nicht durch die Einsatzgruppen allein zu bewältigen. Im Juli 1941 wurde Heydrich von Hermann Göring beauftragt, alle erforderlichen Vorbereitungen für eine „Gesamtlösung der Judenfrage“ zu treffen, seien sie finanzieller, organisatorischer oder verwaltungstechnischer Natur. Heydrich erkannte schnell, dass zu diesem Zweck eine zentrale Koordinierung aller beteiligten Stellen erforderlich war. So berief er zum 20. Januar 1942 die so genannte Wannsee-Konferenz ein, um Mittel und Wege zurEndlösung der europäischen Judenfrage“ zu erörtern. Heydrich empfahl für die Juden im Osten „… Arbeitseinsätze unter Trennung der Geschlechter, arbeitsfähige Juden sollen Straßen bauend durch diese Gebiete geführt werden, wobei zweifelsfrei ein Großteil durch natürliche Verminderung ausfallen wird.“ Der überlebende Rest solle einerSonderbehandlung“ unterzogen werdenin der Sprache der Täter war dies die Tarnbezeichnung für Tötung.

Stellvertretender Reichsprotektor von Böhmen und Mähren [Bearbeiten]

Heydrich (links) im Prager Schloss (1941)Nachdem nach der im Münchner Abkommen von 1938 erzwungenen Abtretung des Sudetenlandes im darauf folgenden Jahr 1939 auch die restliche Tschechoslowakei von deutschen Truppen besetzt worden war, etablierten die Deutschen sofort eine neue Regierung. Ein „Reichsprotektor“ für Böhmen und Mähren wurde eingesetzt, der in Prag residierte. Mit diesem Amt wurde Konstantin von Neurath betraut, der abgesetzte deutsche Außenminister. Neurath nahm seine Aufgabe nach Auffassung von Heydrich und dem SS-Funktionär Karl Frank nicht mit der nötigen Härte wahrbeide hatten Ambitionen auf Neuraths Posten. Heydrich sammelte Belege über Neuraths angebliche Unzuverlässigkeit, was dazu führte, dass dieser auf unbestimmte Zeit „beurlaubt“ wurdeoffiziell wurde mitgeteilt, er habe denFühreraus gesundheitlichen Gründen um seine Abdankung gebeten.

Heydrich wurde zum stellvertretenden Reichsprotektor ernannt, blieb aber gleichzeitig Chef des RSHA. Am 27. September 1941 traf er in Prag ein. In seiner Antrittsrede vor Mitarbeitern der deutschen Protektoratsverwaltung auf der Prager Burg äußerte er sich in drastischer Weise über die Behandlung der tschechischen Bevölkerung, solange man diese wegen ihrer Wirtschaftsleistung für die deutsche Kriegswirtschaft benötige:

Ich brauche also Ruhe im Raum, damit der Arbeiter, der tschechische Arbeiter, für die deutsche Kriegsleistung hier vollgültig seine Arbeitskraft einsetzt [...]. Dazu gehört, dass man den tschechischen Arbeitern natürlich das an Fressen geben muss - wenn ich es so deutlich sagen darf, dass er seine Arbeit erfüllen kann.“

Nach dem Krieg könne man dann mit den Tschechen abrechnen. Die wörtlich überlieferte (Geheim-)Rede ist ein Schlüsseldokument primitiver nationalsozialistischer Vertreibungs- und Ausrottungsphantasien gegenüber Nachbarvölkern in Mitteleuropa.[6]

Er führte unverzüglich drakonische Maßnahmen gegen die Bevölkerung ein. Eine Welle von Verhaftungen begann und er ließ 200 Menschen hinrichten. Er entschied, dass in Theresienstadt (Terezín) ein Konzentrationslager für die jüdische Bevölkerung Böhmens und Mährens errichtet wurde.

Das Landgut Jungfern Breschan bei Prag, das zuvor dem jüdischen Zuckerfabrikanten Ferdinand Bloch-Bauer abgenommen worden war, diente der Familie Heydrich als Herrschaftssitz. Es umfasste zwei Schlösser, eine Fläche von 125 Hektar Wald und eine ausgedehnte Gärtnerei. Lina Heydrich ließ fortan Häftlinge aus dem KZ Theresienstadt rekrutieren, um sie als Arbeiter auf dem Landsitz einzusetzen, auf dem zu diesem Zweck ein Außenlager errichtet wurde.

Attentat [Bearbeiten]
Nach dem Einmarsch deutscher Wehrmachtstruppen war ein Teil der tschechischen Regierung nach England geflohen. In London etablierte der ehemalige Präsident Edvard Beneš eine Exilregierung, die anfangs bei den Alliierten wenig Anerkennung fand.

Um ihr Ansehen zu festigen, ließ die Exilregierung Sabotageakte in der besetzten Heimat durchführen. Sie wollte damit beweisen, dass sie in der Lage war, auch vom Ausland aus den Kampf gegen die Besatzer weiterzuführen. Hierzu wurden von den Briten tschechische und slowakische Soldaten ausgebildet, die nachts mit Fallschirmen über dem besetzten Gebiet absprangen. Die Agenten sollten zum tschechischen Untergrund Kontakt aufnehmen und Aktionen wie Sprengungen von Fabrikanlagen oder Aufstellung von Funkpeilanlagen zur Orientierung für alliierte Bomber durchführen. Da aber das Überwachungssystem und der Druck der Deutschen auf die tschechische Bevölkerung unterschätzt wurden, blieben die Aktionen meist erfolglos.

Ende 1941 reifte der Plan, eine Aufsehen erregende Aktion durchzuführen – ein Attentat auf den verhassten Reichsprotektor, der auch als Chef des Reichssicherheitshauptamtes im Visier des britischen Geheimdienstes stand. Mit harter Unterdrückung war es ihm gelungen, den tschechischen Widerstand erheblich zu schwächen. Die Aktion erhielt den Decknamen „Anthropoid“. Unter strengster Geheimhaltung wurde ein enger Kreis von Soldaten hierfür ausgebildet. Am frühen Morgen des 29. Dezember 1941 wurden Jozef Gabčík und Jan Kubiš von einem britischen Halifax-Bomber östlich von Pilsen mit Fallschirmen abgesetzt. Den beiden gelang es, sich nach Prag durchzuschlagen, zum dortigen Untergrund Kontakt aufzunehmen und für die nächsten Monate unterzutauchen. Hier erfuhren sie Einzelheiten über Heydrichs Gewohnheiten und seinen Tagesablauf.

So ließ er sich jeden Tag ohne Begleitkommando, meist im offenen Wagen, nach Prag fahren.

Für den Anschlag wählten die Attentäter eine enge, abschüssige Kurve in der Prager Vorstadt Libeň aus. In der Nähe gab es keine Polizeistation. Die Kurve konnte nur mit niedriger Geschwindigkeit durchfahren werden. Am Morgen des 27. Mai 1942 postierten sich Gabčík und Kubiš in der Nähe der Kurve. In Aktentaschen hatten sie eine zusammenlegbare Sten-Gun-Maschinenpistole sowie eine aus speziellem Sprengstoff gefertigte Handgranate mit hoher Explosivkraft. Ein weiterer Agent, Josef Valčík, nahm eine Position oberhalb ein, um Heydrichs Kommen mit einem Taschenspiegel zu signalisieren. Heydrich verspätete sich an diesem Morgen. Durch das lange Warten stieg die Gefahr für die drei Agenten, sich verdächtig zu machen und entdeckt zu werden.


Der beim Attentat beschädigte Wagen HeydrichsSchließlich wurde um 10:32 Uhr das verabredete Signal gegeben. Der Chauffeur musste vor der Kurve Heydrichs Wagen, einen Mercedes 320, stark abbremsen. Gabčík hob seine Maschinenpistole und drückte auf kürzeste Entfernung ab. Die Waffe hatte jedoch eine Ladehemmung, so dass sich kein Schuss löste. Heydrich, im Glauben, es nur mit einem Einzeltäter zu tun zu haben, traf eine für ihn verhängnisvolle Fehlentscheidung: Er befahl dem Fahrer anzuhalten und zog gegen Gabčík seine Dienstpistole. Kubiš trat nun aus der Deckung und warf seine Handgranate. Da er sich jedoch in der Entfernung verschätzte, prallte sie am rechten Hinterrad ab und explodierte neben dem Fahrzeug. Heydrich und sein Fahrer Klein sprangen aus dem Wagen und versuchten auf die Attentäter zu schießen, doch ihre Waffen versagten den Dienst.[7] Bei der Verfolgung von Gabčík wurde Klein ins Bein getroffen. Heydrich war durch die Explosion der Granate schwer verletzt worden und sank auf die Motorhaube. Erst nach einiger Zeit wurde er von tschechischen Polizisten gefunden und in einem Lastwagen ins nahe Krankenhaus Na Bulovce an der Bulovka gefahren.

Strittig ist, ob Heydrich während des Attentates die frühe Form einer ballistischen Schutzweste unter seiner Uniform trug, wie es Zeugen der medizinischen Notfallbehandlung später behaupteten.

Tschechische Ärzte untersuchten Heydrich. Eine Röntgenaufnahme zeigte eine zertrümmerte Rippe, einen Zwerchfellriss und Splitter in der Milz, während seine Nieren unverletzt geblieben waren. Himmler sandte seinen Leibarzt und Jugendfreund Gebhardt nach Prag, um die Operation durchzuführen. Gebhardts Flugzeug landete mit Verspätung. Inzwischen hatten die Prager deutschen Ärzte Prof. Hollbaum und Dick die Operation durchgeführt. Ihre sofortige Hilfe hatten auch die renommierten Ärzte Morell (Hitlers Leibarzt) und der damals berühmte Chirurg Sauerbruch angeboten. Himmlers Jugendfreund Gebhardt, ehemaliger Schüler Sauerbruchs, lehnte jedoch deren Hilfe ab.[8] Heydrichs Verletzungen hätten nicht zwangsläufig zum Tod führen müssen. Jedoch waren möglicherweise Teile des zerrissenen Wagensitzes in die Wunden geraten. Heydrichs Zustand verbesserte sich nach der Operation. Am 3. Juni konnte er seine Mittagsmahlzeit schon im Sitzen einnehmen. Doch plötzlich kollabierte Heydrich; eine Bauchfellentzündung hatte sich eingestellt, die wahrscheinlich durch die nicht erkannten Partikel der Polsterung des Wagens verursacht wurde. Er glitt ins Koma und starb am 4. Juni 1942 um 04:30 Uhr an Gasbrand.

Gebhardt geriet in Bedrängnis, da Morell ihn kritisierte, Heydrich könne noch am Leben sein, hätte man andere Sulfonamide verabreicht. Um sich zu rehabilitieren, führte Gebhart im KZ Ravensbrück Experimente an Häftlingen durch, die er mit Gasbrand-Erregern infizierte.

Heydrichs Leiche wurde die nächsten zwei Tage im Hradschin aufgebahrt.[9] und anschließend nach Berlin überführt. Als Heydrich starb, war seine Frau Lina mit dem vierten Kind hochschwanger. Tochter Marte wurde am 23. Juli geboren.


Sonderpostwertzeichen der Reichspostverwaltung „Böhmen und Mährenzum Jahrestag des Todes[10]Am 9. Juni fand in Berlin die seit dem Staatsbegräbnis von Reichspräsident Paul von Hindenburg größte Totenfeier des Dritten Reiches statt[11], an der alle NS-Größen teilnahmen. Heydrichs Leichnam wurde auf dem Berliner Invalidenfriedhof beigesetzt. Die Grabrede hielt Himmler, wobei er einige Stationen aus Heydrichs Lebenwie den Ausschluss aus der Marine – überging. Zum Jahrestag gab es 1943 erneut eine Gedenkfeier und am Ort des Attentats wurde eine Büste nach Heydrichs Totenmaske aufgestellt, vor der sich vorübergehende Passanten verbeugen mussten. Zu dem Todestag wurde auch eine Gedenkbriefmarke ausgegeben.

Himmler übernahm zunächst selbst die Führung des Reichssicherheitshauptamtes, bis er Ernst Kaltenbrunner am 30. Januar 1943 als neuen Chef des RSHA in sein Amt einführte. Zum Nachfolger Heydrichs als stellvertretender Reichsprotektor von Böhmen und Mähren bestimmte er den Chef der Ordnungspolizei Daluege.

Vergeltung [Bearbeiten]

Gedenkplatte an der Cyril und Methodius-Kirche in Prag zur Erinnerung an den letzten Kampf der Attentäter HeydrichsDas Attentat auf Heydrich traf die NS-Führung anscheinend ins Mark. Die Suche nach den Angreifern verlief zunächst hektisch und schlecht organisiert. Mit Hilfe des später hierfür heiliggesprochenen Bischofs Matěj Pavlík versteckten sich die Attentäter in der Krypta der Kirche St. Cyrill und Method in Prag. In der Folgezeit übten die deutschen Besatzer vor allem durch Geiselnahme erheblichen Druck auf die tschechische Bevölkerung aus. In der Folge wurde zuerst das Dorf Lidice und wenige Tage später auch Ležáky dem Erdboden gleichgemacht. Alle männlichen Bewohner Lidices über 15 Jahre wurden getötet (9./10. Juni 1942), 172 Frauen wurden in Konzentrationslager, die Kinder in das Lager der „Umwandererzentralstelle Litzmannstadt“ (Łódź) verschleppt, wo sich die Spur der meisten Kinder verliert. Als Rechtfertigung nannte man angebliche Beweise für einen Zusammenhang zwischen Lidice und den Attentätern.

Das Versteck in der Prager Kirche wurde schließlich durch den Überläufer Karel Čurda verraten. Nach mehrstündigem Kampf mit SS-Einheiten unter der Leitung von Karl von Fischer-Treuenfeld erschossen sich die Attentäter in der aussichtslosen Lage. Bischof Pavlík, der Geistliche der Kirche, wurde von den Deutschen hingerichtet.

Heydrichs Persönlichkeit [Bearbeiten]
Für viele seiner Zeitgenossen verkörperte er den Inbegriff desAriers“ – blond, schlank und groß gewachsen. Dagegen gibt es von seiner auffallend hohen Stimme, die ihm den Spottnamen „Ziege“ einbrachte, trotz der hohen Positionen, die er einnahm, nur wenige Tonbandaufzeichnungen. Dazu war er ein sportlicher Mann und ein fähiger Sportfechter, der an nationalen und internationalen Turnieren teilnahm.[12] Wenn es nach seinem Vater gegangen wäre, hätte er Musiker werden sollen. Heydrich lernte schon früh Geige und Klavier, und die Violine beherrschte er virtuos.[13] In der Öffentlichkeit präsentierte er sich, besonders in seiner Prager Zeit, als fürsorglicher Familienvater.

Heydrich galt als überaus intelligenter Machtmensch und leistete für seinen Vorgesetzten Himmlerdessen rechte Hand er wurdewichtige Arbeiten bei der Integration der Politischen Polizei in den Apparat der NSDAP. Einige Historiker vertreten die These, der im Grunde kleinbürgerliche Himmler mit seinem weltfremden Hang zum Mystizismus hätte ohne den scharfsinnig planenden und entschlossen handelnden Heydrich im von Intrigen bestimmten internen Machtkampf der verschiedenen Gruppen in der NSDAP nicht bestehen können. „HHHH – Himmlers Hirn heißt Heydrichsoll der ehemalige preußische Innenminister und spätere Reichsmarschall Hermann Göring über seine Konkurrenten gewitzelt haben, die ihm Stück für Stück die Hoheit über Polizei und Sicherheitsdienste streitig machten.

Heydrich, der den politischen Katholizismus neben den Juden für den Hauptfeind des Nationalsozialismus hielt, spielte sogar mit dem Gedanken, die katholische Kirche zu unterwandern, indem man junge Nationalsozialisten in die Priesterseminare einschleuse. Daneben galten ihm auch die Freimaurer als sehr gefährliche Gegner, die, falls sie im Ringen mit dem Nationalsozialismus die Oberhand gewännen, „Orgien der Grausamkeitfeiern würden, verglichen mit denendie Strenge Adolf Hitlers sehr maßvoll erscheinenwerde. In der Berliner Prinz-Albrecht-Straße hatte er einMuseumder Freimaurer eingerichtet, in dem in einem fensterlosen, schwarz ausgekleideten Saal allerlei Kultgegenstände der Freimaurer von einem violetten Licht angeschienen wurden.[14]

Wenn er sich ablenken wollte, verabredete Heydrich sich mit engsten Mitarbeitern wie dem jungen SD-Auslandschef Walter Schellenberg zu nächtlichen Streifzügen durch Berliner Bars und Bordelle. Es konnte passieren, dass er bei diesen nächtlichen Streifzügen zuweilen als blasser Abglanz des Mannes endete, vor dem alle Angst hatten. In einer Kneipe lachten ihn einmal Gäste, die ihn nicht kannten, sogar aus, als er schrie: „Ich bin der Chef der Gestapo! Ich bin Heydrich! Ich kann euch alle ins Konzentrationslager schicken!“[15]

Heydrich wurde von allen NS-Größenangeblich selbst von Himmlergefürchtet. Dennoch ordnete er sich Himmler stets unter. Nach Heydrichs Tod ließ Himmler sofort dessen persönlichen Tresor öffnen, vermutlich um eventuell gegen ihn und andere gesammeltes Material sicherzustellen.

Angebliche jüdische Abstammung [Bearbeiten]
Heydrich wurde von seiner Jugend bis ins Erwachsenenalter mit Gerüchten über seine jüdische Abstammung väterlicherseits (angeblicher jüdischer Großvater) konfrontiert. Dies gipfelte in einer Untersuchung, 1932 angeordnet von Gregor Strasser und angestiftet von Rudolf Jordan, dem Gauleiter von Halle-Merseburg. Der Verdacht war in erster Linie auf der Tatsache begründet, dass der Vater, Bruno Heydrich, in „Riemanns Musikenzyklopädie von 1916“ beschrieben wurde, alsHeydrich, Bruno, wirklicher Name Süß“ – Süß war ein gängiger jüdischer Name.

Die Untersuchung erbrachte allerdings, dass Heydrichs Großvater früh verstorben war und die Großmutter in zweiter Ehe einen Mann namens Süß geheiratet hatte, somit Heydrich keinesfalls „jüdisches Blutin sich habe. Heydrichs Personalakte (einschließlich der Ahnentafel) wurde von Martin Bormann geführt und ist erhalten geblieben. Die Ahnentafel verzeichnet allerdings nur eine Generation der mütterlichen Linie; Name, Herkunft und Geburtsort der Großmutter fehlen, während dies eine Anforderung an die Ahnentafel selbst jedes einfachen SS-Mannes war.

Selbst Robert Kempner war bis in die 1950er Jahre davon überzeugt, der Leiter der Dienststelle des Sachverständigen für Rasseforschung beim Reichsinnenministerium, Achim Gercke, habe 1932 ein Gefälligkeitsgutachten geliefert. 1966 verfolgte Shlomo Aronson die Ahnentafel Heydrichs mütterlicherseits bis 1688, väterlicherseits bis 1738 zurück und lieferte damit den Beweis, dass alle Gerüchte um die jüdische Abstammung falsch sind.[16]

Dokument [Bearbeiten]
Heydrich erließ am 28. Mai 1936 einen geheimen Befehl an die Staatspolizeidienststellen, der Folter bei Vernehmungen (im Amtsdeutschverschärfte Vernehmungsmethoden“ genannt) der Geheimhaltung zuordnete.

Ein Einzelfall gibt mir Veranlassung, darauf hinzuweisen, dass die Anwendung verschärfter Vernehmungsmethoden auf keinen Fall aktenkundig gemacht werden darf. In dem mir vorliegenden Fall sind entsprechende Vormerkungen sogar dem Gerichtsakt beigeheftet worden. Der gesamte Schriftwechsel, der sich durch die Einholung der Genehmigung verschärfter Vernehmungsmethoden beim Geheimen Staatspolizeiamt ergibt, ist vom Leiter der Staatspolizeistelle bzw. dessen Stellvertreter persönlich unter Verschluss aufzubewahren.“

Heydrich[17]

NSDAP-Auszeichnungen [Bearbeiten]
Medaille zur Erinnerung an den 9. November 1923 (Blutorden), postum
Goldenes Parteiabzeichen der NSDAP
Ehrendegen des Reichsführers SS
SS-Ehrenring (Totenkopfring der SS)
Danziger Kreuz 1. Klasse
Deutscher Orden, postum
Militärische Auszeichnungen [Bearbeiten]
Eisernes Kreuz (1939) II. und I. Klasse
Flugzeugführerabzeichen
Frontflugspange für Aufklärer in Silber
Witwenrente in der Bundesrepublik Deutschland [Bearbeiten]
In einem politisch umstrittenen Urteil sprach das Landessozialgericht Schleswig-Holstein 1956 der Witwe Heydrichs die Pension ihres Mannes zu. Nach Ansicht des Gerichts lagen dem Attentat keine vorwiegend politischen, sondern erhebliche militärische Motive zugrunde. Die Pensionsansprüche entsprachen dadurch denen von Witwen gefallener Soldaten.

Deutungen [Bearbeiten]
Zur Bewertung des Attentates wird darauf hingewiesen, dass die Tat den Tod mehrerer Tausend unschuldiger Vergeltungsopfer zur Folge hatte. Für einen symbolischen Akt sei dies ein zu hoher Preis. Auch die Kommunisten bewerteten das Attentat als „individuellen Terrorund diskreditierten die Tat, um den kommunistischen Widerstand als einzig legitimen hervorzuheben. Auf der anderen Seite wird das Attentat positiv eingeschätzt. Es habe das Prestige der Tschechoslowakei erhöht und das Selbstwertgefühl der Bevölkerung gesteigert. Heydrichs Büste am Ort des Attentats wurde beim Einmarsch sowjetischer Truppen zerstört.[9] Die Stelle des Attentats ist heute zu einer großzügigen Kreuzung ausgebaut und sieht völlig anders aus als zu Heydrichs Zeiten. Zwei kleine Querstraßen in der Nähe wurden nach dem Krieg zu Ehren der Attentäter benannt: Kubišova und Gabčíkova.

Filme, künstlerische Aufarbeitung [Bearbeiten]

Charakterstudie von Heydrich aus der Serie Assassination of Reinhard Heydrich (20002005, reinszenierte Fotografie des Künstlers Stefan Krikl)Fritz Lang (Regie): Hangmen Also Die, deutsch: Auch Henker sterben, Spielfilm, USA 1943 (dt. Fassung: 131 Min.): Buch: John Wexley (nach einer Vorlage von Lang und Brecht). Die Filmmusik von Hanns Eisler erhielt den Oscar. Das Attentat lieferte die Drehbuch-Vorlage. Lang entfernte sich beim Drehen immer mehr von Brechts Passagen im Drehbuch. Die Konflikte endeten damit, dass Brecht sich von diesem Film distanzierte. Lang war später der Ansicht, der Film sei sein wichtigstes Werk gegen den Nationalsozialismus.
Douglas Sirk (Regie): Hitler's Madman, USA 1943, 84 Min., mit John Carradine als Heydrich.
Canaris, D 1954, Regie: Alfred Weidenmann mit Martin Held als Heydrich (Bundesfilmpreis, Filmband in Gold).
Atentát, ČSSR 1964, Regie von Jiří Sequens mit Siegfried Loyda als Heydrich.
Das Attentat lieferte den Plot zum FilmOperation Daybreak[18]“ (deutschDas Sonderkommando“) von 1976.
Die Wannseekonferenz, Deutschland 1984, mit Dietrich Mattausch als Heydrich
Conspiracy, Vereinigtes Königreich 2000, mit Kenneth Branagh als Heydrich (deutschDie Wannseekonferenz“ in 2001).
Der aus Prag stammende und in den USA lebende, expressionistische Künstler Stefan Krikl befasste sich im Rahmen seines fotografischen Langzeitprojektes Postcards from the Front bzw. Achtung, Kamera, Aktion!, bei dem er reinszenierte „Schnappschussfotos“ von Miniatur-Szenarien vom Zweiten Weltkrieg und vom Holocaust erstellt, auch mit dem Attentat auf Heydrich und den Racheakten der Nationalsozialisten. Er schuf unter anderem von 20002005 die Serie Assassination of Reinhard Heydrich (deutsch Ermordung von Reinhard Heydrich). Hierbeiverwendete“ Krikl für Heydrichs Person eine Charakterstudie einesSS-Führer-Typus“; eine von ihm gestaltete Miniatur-Figur, die er in verschiedenen Szenarien unterschiedlich einsetzte.

Literatur [Bearbeiten]
Shlomo Aronson: Reinhard Heydrich und die Frühgeschichte von Gestapo und SD. DVA, Stuttgart 1971, wieder 1984 ISBN 3421015694
Alan Burgess: Sieben Mann im Morgengrauen. Das Attentat auf Heydrich. Goldmann, München
Jaroslav Cvancara: Heydrich. Prag 2004, ISBN 80-86010-87-2. (Großformatiger Bildband in tschechischer Sprache)
Mario R. Dederichs: Heydrich. Das Gesicht des Bösen. Piper, München 2005, ISBN 3-492-04543-X
Günther Deschner: Reinhard Heydrich. Statthalter der totalen Macht. Ullstein, Frankfurt 1987 (zuerst 1986). ISBN 3-548-27559-1
Günther Deschner: Reinhard Heydrich. Biographie eines Reichsprotektors. Universitas, Tübingen, 2008
Karin Flachowsky: Neue Quellen zur Abstammung Reinhard Heydrichs, in: VfZ 48 (2000), S. 319–327
Tôviyyā Friedman Hg.: Reinhard Heydrich und die Endlösung der Judenfrage. Dokumentensammlung. Haifa 1997 (online siehe Weblinks)
Hellmut G. Haasis: Tod in Prag. Das Attentat auf Reinhard Heydrich. Rowohlt, Reinbek 2002. ISBN 3-498-02965-7
Lina Heydrich: Leben mit einem Kriegsverbrecher. Mit Kommentaren von Werner Maser, Verlag W. Ludwig, Pfaffenhofen 1976, ISBN 3-7787-1025-7
Miroslav Ivanov: Das Attentat auf Heydrich Aus dem Tschech. Weltbild-Verlag, Augsburg 2000 (zuerst Bechtermünz-Verlag 1993) ISBN 3828903932[19]
Miroslav Kárný, Jaroslava Milotová, Margita Karná Hgg.: Deutsche Politik imProtektorat Böhmen und Mährenunter Reinhard Heydrich 1941–1942. Eine Dokumentation Metropol, Berlin 1997 ISBN 3926893443
Callum MacDonald: Heydrich, Anatomie eines Attentats. List, 1990. ISBN 3471781838 [20]
Andreas Wiedemann: Die Reinhard-Heydrich-Stiftung in Prag 1942–1945. Hannah-Arendt-Institut Dresden 2000
Michael Wildt: Generation des Unbedingten. Das Führungskorps des Reichssicherheitshauptamtes. Hamburger Edition, 2002, ISBN 3930908751
Weblinks [Bearbeiten]
Commons: Reinhard HeydrichSammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Reinhard Heydrich. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 9. Duncker & Humblot, Berlin 1972, S. 73 f.
Literatur von und über Reinhard Heydrich im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Stern-Serie: Reinhard HeydrichDie Macht des Bösen (2002)
Biografie Reinhard Heydrichs bei deathcamps.org
Lebenslauf Reinhard Heydrichs bei dhm.de
Heydrich-Attentat in Prag 1942 (dtmb.de, Medieninfo)
281 Original-Dokumente über Heydrich und den Holocaust, Simon Wiesenthal Center L.A. und Institute of Documentation, Israel, Tuviah Friedman
Antrittsrede Heydrichs in Prag 1941 – über die Vernichtung des tschechischen Volkes
Einzelnachweise [Bearbeiten]
1.↑ Uwe Lohalm: Völkischer Radikalismus : Die Geschichte des Deutschvölkischen Schutz- und Trutz-Bundes. 1919 - 1923. Leibniz-Verlag, Hamburg 1970, S. 444. ISBN 3-87473-000-X.
2.↑ Michael Wildt: Generation des Unbedingten, Hamburg 2002, S.241.
3.↑ Reichspogromnacht („Reichskristallnacht“)
4.↑ Peter Longerich: Politik der Vernichtung. München 1998, ISBN 3-492-03755-0. S. 223
5.↑ so bei Peter Longerich: Politik der Vernichtung. München 1998, ISBN 3-492-03755-0. S. 253
6.↑ Vgl. Prager Rede über die Pläne der Liquidation des tschechischen Volkes
7.↑ Stanislav F. Berton (Hrsg.): Das Attentat auf Reinhard Heydrich vom 27. Mai 1942. Ein Bericht des Kriminalrats Heinz Pannwitz, in: VfZ 33/4 (1985), S. 668- 706, hier S. 679; Wolfgang Michel / Elmar Heinz: Heydrich-Attentat, in: Das Deutsche Waffen-Journal 41/6 (2006), S. 62-67.
8.↑ Aussage Prof. Gebhardt. NOR 1, Prot. S. 4050-4051 G. - Anm.: Der tschechische Historiker Stanislav Zámečník und ehemaliger Häftling des KZ Dachau vermutet, Gebhardt wollte den erwarteten Erfolg der Operation mit niemanden teilen. Vgl. Zámečník: Das war Dachau. Luxemburg, 2002,S.285f.
9.↑ a b The Reinhard Heydrich (Death Mask) Commemorative Postal Stamp
10.↑ Michel-Spezial Katalog Deutschland 2007, Seite 796, Verlag: Schwaneberger Verlag GmbH (2007), ISBN 3-87858-137-8
11.↑ Volker Ackermann: Nationale Totenfeiern in Deutschland, Stuttgart 1990, S. 192
12.↑ Vgl. Mario E. Dederichs: Heydrich. Das Gesicht des Bösen. München 2005, S. 170-173.
13.↑ Vgl. Mario E. Dederichs: Heydrich. Das Gesicht des Bösen. München 2005, S. 32.
14.↑ Carl Jacob Burckhardt: Meine Danziger Mission 1937-1939. dtv: München 1962, S. 53 ff. Zit. n. Mario R. Dederichs: Heydrich. Das Gesicht des Bösen. München 2005, S. 97.
15.↑ Shlomo Aronson: Reinhard Heydrich und die Frühgeschichte von Gestapo und SD. DVA, Stuttgart 1971, S. 254. Zit. n. Mario E. Dederichs: Heydrich. Das Gesicht des Bösen. München 2005, S. 100.
16.↑ vergl. Diana Schulle: Das Reichssippenamt (Diss.), Berlin 2001, ISBN 3-89722-672-3, S. 43-45
17.↑ Bundesarchiv, Abteilung Potsdam, Film Nr. 2407
18.↑ Operation Daybreak in der englischen Wikipedia
19.↑ Aus Schwarzer Faden Nr. 75: 1961 begann Ivanov, verbotenerweise die alten Unterstützer der 1942 untergetauchten tschechischen Fallschirmjäger zu besuchen. Unter konspirativen Vorsichtsmaßnahmen löste er ihre gelähmten Zungen. Was er erfuhr, musste er tarnen. Bei der Veröffentlichung ließ er Namen, Orte, Adressen, nähere Umstände der da geheimnisvoll Redenden weg. Die Staatssicherheit las ja immer mit, sofern sie lesen konnte. Das Werk tarnte er nach Zusammenstößen mit der Parteizensur durch ein Klassikerzitat des Langweilers Gottwald. Ivanovs Buch kam 1965 heraus. Leider bekam der Autor vom Leben nicht mehr die Chance, nach 1990 die Verschlüsselung der Personen und mancher Sachverhalte in einer revidierten Fassung aufzulösen. So liegt heute eine rätselhafte Zeugensammlung vor, die man erst nach monatelanger Rekonstruktion des verloren gegangenen Schlüssels versteht.
20.↑ wertete vor allem die Funksprüche der tschechischen Widerstandskämpfer mit ihrem Exilgeheimdienst in London aus
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Personendaten
NAME Heydrich, Reinhard
ALTERNATIVNAMEN Heydrich, Reinhardt Tristan Eugen (vollständiger Name)
KURZBESCHREIBUNG deutscher SS-Funktionär, Initiator der Wannseekonferenz („Endlösung der Judenfrage“)
GEBURTSDATUM 7. März 1904
GEBURTSORT Halle (Saale)
STERBEDATUM 4. Juni 1942
STERBEORT Prag

Vonhttp://de.wikipedia.org/wiki/Reinhard_Heydrich“
Kategorien: NSDAP-Mitglied | SS-Mitglied | Angehöriger der Waffen-SS | Freikorps-Mitglied | Mitglied im Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbund | Reichstagsabgeordneter (Deutsches Reich 19331945) | Person (Reichssicherheitshauptamt) | Träger des Deutschen Ordens | Teilnehmer der Wannseekonferenz | Protektorat Böhmen und Mähren | Interpol | Deutscher | Geboren 1904 | Gestorben 1942 | Mann | Wikipedia:Lesenswert


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