Abt

Oft, wenn der Abt Besucher durch das Kloster führte, richtete er es so ein, daß sie im Garten wie zufällig auf Bruder Frutiger trafen, der dort seinem Tagwerk nachging. Freundlich sprach der Abt dann den Bruder Gärtner an, stellte ihm ein paar Fragen nach dem Gedeihen der Radieschen und des Gottesgnadenkrauts, die Frutiger ehrerbietig, aber fast ohne den Blick von seiner Arbeit zu wenden beantwortete, und verabschiedete sich mit einem Segenswort.
War er dann mit seinem Gast wieder außer Hörweite - Frutiger war längst wieder ins Gärtnern versunken -, pflegte er seinem Gast zuzuflüstern: »Der heiligmäßigste Mönch im ganzen Kloster! Und, natürlich, ein begnadeter Gärtner dazu. Ein Segen für die ganze Gemeinschaft, aber er ahnt es nicht einmal. Und stellen Sie sich vor: das, nachdem er sein halbes Leben ein vagabundierender Bergelch gewesen ist!«

Der Abt war Bruder Frutigers großes Ideal. Würdevoll, mit Humor und Weisheit gleichermaßen ausgestattet und mit großer Geduld begnadet, war er geradezu die Demut und die Güte in Person.
(Nur was das Essen, insbesondere die Gewürze anging, war er wählerisch und nicht leicht zufrieden: hatte der Koch etwa das Jelängerjelieber an den Sauerkrautwaffeln vergessen, konnte er sehr unwirsch werden!)

Gespräch

»Ich lernte in zwei Jahren reden. Danach, in 24 Jahren SCHWEIGEN. Leider mehr schlecht als recht. Und das einzige Wort, das ich heute gut kann, ist PAPERLAPAP. !986/87 hörte ich Menschen, der hören kann. Das war in Ludwigs Burg. Ich war im 44. Lebensjahr.«
»Was sagte der?«
»Plaplapla.«
»Können Sie sich an dieses Menschen erinnern?«
»Nein.«
Der Abt wurde nachdenklich. Dann sagte er zu seinen Schülern:
»Haltet die Welt an. Ich möchte aussteigen.«

Das, ihr Mönche, ist die vierte Gefahr beim Betreten des inneren Königshofes.