Lampenfieber

Ach ja, Gitte, die Frau mit dem Repertoireproblem. Als Kind fand ich sie immer nicht ganz so peinlich wie viele andere Schlagersängerinnen. Irgendwann in den 90ern hat sie dann die Notbremse gezogen und statt in Möbelmärkten zu singen und sich eines Tages aus Scham und Verzweiflung aus dem Klofenster zu stürzen, hat sie ihren Nachnamen Hænning wieder angenommen und beschlossen, künftig eine Jazzsängerin zu sein. Auf dem Kreuzfahrtschiff gab sie zwei Konzerte, und ich hatte Gelegenheit zu einem kritischen Vergleich ihrer zwei Gesichter. Den Schlagerabend, auf ihren Wunsch als 'Popabend' angekündigt, kriegte sie gut hin; ihre 58 Jahre hat man ihr nicht unbedingt angemerkt. 'Lampenfieber' war ihr Opener, 'Ich will nen Cowboy als Mann' der vielbejubelte Rausschmeißer. Eher zwiespältig bis geschüttelt hinterließ mich ihr Jazzabend, der nach zwei drei barmusikalischen Darbietungen, zum Teil gar vom Blatt abgelesen, ein Porgy&Bess–Medley beinhaltete und am Schluß, als sie merkte, daß mit den Nummern nicht allzuviel zu reißen war folgte, na was wohl: 'Lampenfieber' und 'Ich will nen Cowboy als Mann'. Dann vielleicht doch besser Klofenster, aber das Schiff hatte ja Bullaugen.

Schön ist der Punkt, wenn man das Lampenfieber vor lauter Musizieren vergißt, aber so genau weiß das kein Mensch, weil man ja kurz vorher zu sehr mit Lampenfieber und kurz hinterher nur mit Musik beschäftigt ist.

die beine eng übereinandergeschlagen, das kinn aufgestützt, der mund halboffen, der atem flach und die augen glühend