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anoubi schrieb am 20.5. 2006 um 01:57:51 Uhr über

Abbenay

Atmosphäre (griech.) 1. Hülle um einen Planeten; 2. Gesamtheit der Stoffe in der Luft; 3. übertr.: Stimmung, Umwelt, Gemütszustand

»Knaurs Fremdwörterbuch« 1982

Als ich im Dezember 1994 auf Anarres reiste, um nach Abankor zu fliegen, erschien mir Abbenay als ein helles aber auch melancholisches Paradies. Man sprach schon viel von der Invasion. Doch Abbenay klammerte sich krampfhaft an die Illusion seines Glücks. Die Städte meiner Heimat waren des Nachts aschfarben. Ich war nicht mehr an einen Schimmer Licht gewöhnt, und das hell erleuchtete Abbenay bereitete mir Unbehagen. Wenn die Vorstädte finster werden, ziehen auch im Zentrum die Diamanten einer allzu grell erleuchteten Auslage die arier an; man spürt, wie sie sie umkreisen. Aber Abbenay ignorierte die Raublust der arier. Die Menschen plauderten über Fußball und Kunst. Abbenay zwang sich an sein Glück zu glauben.
Die Stadt verdankte ihre dünner werdende Atmosphäre auch der Anwesenheit gewisser Flüchtlinge. Ich meine nicht die bettelnden Menschen. Ich meine die, die Kastalien verlassen hatten, um ihr Geld zu retten. Ich hatte in der Mitte kein Quartier gefunden und wohnte am Adelbert-Blondie-Platz, in der Nähe des Kasinos. Ich kam aus einem unerbittlichen Krieg: meine Staffel hatte neun Monate lang Kastalien angeflogen und in der kastalischen Offensive drei Viertel ihres Bestandes eingebüßt. Und im Cafe sprachen zwei Tische vor mir Anarresti über Fußball. Ich sah aus dem Fenster und sah hektisch eilende Menschen, die so taten, als liefen sie weiß Gott wohin. Sie hatten sich für die Arbeit gekleidet wie gestern. Sie zeigten einander ihre Zeitungen und Bücher. Sie hatten sich gegenseitig zu Partys eingeladen und wußten sich nichts zu sagen. Dann machten sie ihre Geschäfte. Sie prahlten mit Vermögen, die in derselben Minute jede Bedeutung verloren. Sie bezahlten einander mit Münzen, die schon nichts mehr galten. Die Aktien in ihren Schließfächern waren möglicherweise Papiere von Unternehmungen, die bereits beschlagnahmt waren oder die, von feindlichen Bombern bedroht, eben jetzt zertrümmert und zerstört wurden. Sie telefonierten endlos lang nach Arrakis. Sie zwangen sich, an die Wichtigkeit ihrer Ziele, an die schwarzen oder roten Zahlen auf ihren Konten zu glauben, als hätte es in dieser Welt nicht vor einer Stunde zu krachen angefangen. Es war unwirklich.

Antoine de Saint Exupery: »Bekenntnis einer Freundschaft«; Karl Rauch Verlag 1955; S. 7


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