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Matthias Hagedorn schrieb am 17.1. 2005 um 17:48:00 Uhr über

Verweisungszeichen

Auf ästhetischem Feld, wo Geschmacksurteile herrschen, entbehren Argumente einerseits der zwingenden Beweiskraft, anderseits ist es nicht jedem künstlerischen Synthetiker gegeben, dem kritischen Analytiker auf dessen Feld Paroli zu bieten, deshalb hat sich A.J. Weigoni für die Arbeit an den »Verweisungszeichen« 3 Jahre Zeit gelassen.

Anerkenntermaßen muss man nicht über ein ausgeprägtes Reflexionsvermögen verfügen, um dichterisch produktiv zu sein. Nicht jeder Belletrist ist ein kluger Denker, wie ja umgekehrt nur die wenigsten Denker auch gute Schriftsteller sind. Es gibt eine Reihe hervorragender Lyriker, Dramatiker und Erzähler, die in Interviews oder politischen Statements horrenden Unsinn von sich geben. A.J. Weigoni gehört zu jener raren Spezies, die sich sowohl literarisch im engeren Sinne wie auch essayistisch auf hohem Niveau zu äußern versteht.

Qualität, Wissen und Poesie sind als Werte in Zersetzung begriffen, die deutsche Gesellschaft ist ein riesiger Haufen bequemer, nur am schnellen Konsum interessierter Konformisten, denen gegenüber sich Dichter so störend verhalten, wie Kies in der Erbsensuppe. Bei den »Verweisungszeichen« geht es Weigoni darum, die Poesie gegen den Literaturbetrieb zu verteidigen.

Im Literaturbetrieb gibt es so viele Platzhirsche, dass das eifersüchtige Dauergezänk zur üblichen Verkehrsform zwischen den Akteuren geworden ist. Wer, wie A.J. Weigoni die Poesie auf künstlerisches Neuland führen will, fällt oft hinter das vermeintlich Alte zurück und stellt sich die Frage: Wann hat es zuletzt eine ästhetische Debatte, eine Auseinandersetzung um poetische Formen gegeben?

Kaum erinnert man sich noch an die frühen 1980er Jahre, an den Widerstand gegen den postmodernen Roman, an Kategorien wie das Authentische, das Negative oder das Plötzliche. Das Leben hat immer Recht, behauptet die Popliteratur, und in nachtragendem Gehorsam finden die neuen Debatten nun immer wieder in jenem Zwischenreich statt, wo sich Kunst und Leben zur Kolportage mischen. Nur auf diesem Feld scheint Aufmerksamkeit, scheinen Geld, Glück und Ruhm noch erreichbar zu sein. Und was ist ein Skandal, wenn nicht die äusserste Verdichtung von Aufmerksamkeit?

Poetisches Denken ist unrentabel, Poesie kein Produkt, das für einen Markt erzeugt wird. Von der Poesie darf man nicht verlangen, dass sie sich selbst kapitalisiert oder im kapitalistischen Sinn Profit bringt. Im Gegenteil: Man muss sie davon befreien.

Matthias Hagedorn


»Verweisungszeichen« neu unter: http://www.vordenker.de/kollegen/geteilt.htm


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