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lumina* schrieb am 16.4. 2001 um 11:49:31 Uhr über

testbild

Zuerst fließt der Ouzo ihre Kehle hinunter, hinterlässt eine Spur aus wohliger Hitze, geht ins Blut, steigt in den Kopf.

Wenn man nur klein genug ist, kann man auf einem Zweisitzer-Sofa pennen. Habt ihr darüber schon mal nachgedacht?

In diesem Moment zieht sie es vor, einfach nur dazuliegen. In eine Decke gehüllt die dunklen Astaugen in den Brettern der Holzwand zählend, die nahe ihren Füßen in die Dachschräge übergeht. Wenn man aus dem Dachfenster sieht und es schafft, die Spiegelungen des Zimmerlichts zu ignorieren, offenbart sich einem nicht mehr, als ein rechteckiges, schwarzes Loch. Aber auch nicht weniger, nicht weniger als ein Stück dunkle, “sternenlose” Nacht.

Der kleine Fernseher läuft. Nicht weil der Film sie interessieren würde; sie hat den Anfang verpasst und jetzt scheint es ein Ding der Unmöglichkeit, auch nur in irgendeinster Weise noch durchzublicken. Es ist einfach, um den kleinen Raum mit Geräuschen zu füllen. Musik wäre passender, schießt es ihr durch den Kopf. Vertraute, die Stille umschmeichelnde Musik, bei der sie leise mitsingen könnte...

Aber die Müdigkeit hat sich schwer über ihr ausgebreitet, wie einer dieser Bleiumhänge, die man beim Röntgen umgelegt bekommt. Sie beschließt, liegen zu bleiben und auf eine musikalische Umrahmung ihrer Versunkenheiten zu verzichten.

Es beginnt zu regnen. Leicht nur. Leise trommeln die Tropfen auf der Scheibe ihren geheimnisvollen Rhythmus, beinahe zärtlich. Mit geschlossenen Augen genießt sie es, sich von diesem Rhythmus entführen zu lassen; wegführen zu lassen von tiefen, anstrengenden, belastenden Gedanken. Sie stellt sich vor, einer dieser Regentropfen zu sein, der sich ablöst, von seiner Mutter-Wolke und sich auf die lange Reise zur Erde macht. Der fällt und fällt und fällt und

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durch die

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Weiten.

Und schließlich fällt er auf die Glasscheibe, erzeugt dadurch den Ton, mit dem er zum ewigen Lied des Lebens beiträgt. Dann rinnt er, dem Gesetz der Schwerkraft folgend und angetrieben vonKameradender Erde entgegen und zeichnet noch im Gehen eine Ader auf die Scheibe, die zusammen mit den Adern und Äderchen der anderen Tropfen jene Verästelung ergeben wird.

Vorstellung wird zu Traum, Wahrnehmung zu Schlaf.

Sie hat sich auf dem Sofa zusammengerollt, wie ein kleines Kind im Mutterleib, ihr Atem geht ruhig und gleichmäßig. Schade, dass es keine Testbilder mehr gibt, so werden die Stimmen aus dem Fernseher wohl die ganze Nacht hindurch keine Stille einkehren lassen.



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