Einige überdurchschnittlich positiv bewertete
Assoziationen zu »Kollaboration«
hei&co schrieb am 14.9. 2000 um 08:57:08 Uhr zu
Bewertung: 2 Punkt(e)
5.1. Interaktion mit der Zeit: Takte der Kooperation
Frank Hartmann beschreibt das grundlegende Verhältnis von ästhetischer und allgemeiner gesellschaftlicher Zeitorganisation als ein musikalisches »Taktgefühl« und macht - wie schon Umberto Eco in den entscheidenden Charakteristika des »offenen Kunstwerkes« - Anleihen bei musikalischen Improvisationstechniken: "Jeder ist [...] eine innere Kooperative, ein selbstgenügsames Kollektiv. Er hat die für seine Leistung nötigen Ordnungen anschaulich in sich und übt sie schnell und sicher aus, ein Verfügen, das kein analytisches Nachvollziehen und Durchspielen, sonder der direkte Zugriff aus der Souveränität des Rück- und Überblicks ist. [...] Dieses formale Potential wird zunehmen und liegt gesellschaftlich bereit, um an anderem Ort genutzt zu werden. Es ist absehbar, daß sich die künstlerische Arbeit seiner bedient. Der Kooperationserfahrenheit des Arbeitsvermögens entspricht in der ästhetischen Produktivität zwar nichts gleichlautendes, aber in dem Maße, in dem künstlerische Praxis Aktion wird, sie ihren Zielpunkt in der öffentlichen Handlung hat und nicht in einem Außerhalb der Produktion, des Zeitpunktes, der Autors und des Ortes liegendem Produkt, bildet sich eine Art Taktstraße heraus, die Aktionszeit. Diese Trasse organisiert gleichsam selber, wie beim musikalischen Improvisieren, die Zeiten, in die die Beiträge unterschiedlicher kooperierender Autoren hineingehen können. Es ist, sobald die Zeitspannung hergestellt ist, immer schon etwas da.
Nun ist dieser Taktgeber in den bildenden Künsten kein reines Zeitmaß, sonder immer auch optisches Medium."
hei+Co schrieb am 16.6. 2000 um 01:25:03 Uhr zu
Bewertung: 2 Punkt(e)
wenig bekannt ist aber vielleicht die Tatsache, daß ein kollaboratives Schreibexperiment zwischen André Breton und Philippe Soupault geradezu den Beginn der surrealistischen Kulturrevolution einleitet:
Wir beamen uns direkt in das Jahr 1917. Der Weltkriegt tobt. Man hört Kanonendonner. Die Front ist nur noch 40 km von Paris entfernt. Inmitten des Grauens, zwischen Verwundeten, Verletzten, Verstümmelten, verrückt gewordenen inszenieren Cocteau, Picasso und Satie die Revue »Parade«. Experimentelle Schnittechniken. Krieg und Kino ...
"... den fixierten Sinn der Sätze zerschneiden ... gedankenlose Touristen des Wortes einer Vibrations-Massage unterziehen .. das Medium ist Massage ... das Wort fällt ... und mit ihm das BILD dessen, was es bezeichnet, Durchbruch im Grauen Raum ... (Burroghs: Nova Express)
Apollinaire macht Breton (21) mit Soupault (20) bekannt bekannt. Aragon (20) und Breton (21) werden als Hilfsärzte mobilisiert. Soupault (20) war durch Zufall am Leben geblieben, nachdem man neue Impfstoffe gegeg Thyphus an den Rekruten ausprobiert hatte. Mehrere starben. Andere erkrankten schwer. Man hört Kanonendonner ... das Wort fällt ... Soupault (20) entdeckt in einer Buchhandlung nahe dem Lazarett die »Gesänge des Maldoror« ... Durchbruch im Grauen Raum ... die drei Freunde lesen sich gegenseitig den Text mit lauten Stimmen vor ... ... das Wort fällt ... und mit ihm das BILD dessen, was es bezeichnet ... und ihnen wird schwindelig, sie sehen alles mit anderen Augen - ein Beweis, daß Literatur doch die Welt verändern kann (oder zumindest die Wahrnehmung der Welt)!
hei+Co schrieb am 16.6. 2000 um 01:26:05 Uhr zu
Bewertung: 2 Punkt(e)
Den Surrealisten ging es anerkanntermaßen niemals darum, sich der Methoden der freien Gedankenassoziation zu bedienen, um literarische Werke hervorzubringen, die andere Texte durch Polyphonie und polysemantischen Strukturen überbieten ... sondern es ging um gesellige Zusammenkünfte, Lebenskunst ... um die Konstruktion von Situationen, vielleicht?
"Es herrschte glänzende Stimmung. Es gibt uns ums Vergnügen und um nichts sonst. [...] Wenn die Unterhaltungen um die Tagesereignisse, um Vorschläge zu amüsantem oder skandalösem Eingreifen zu ermatten begann, war es Brauch, zu Spielen überzugehen. Zu Schreibspielen zuerst, dergestalt angelegt, daß die Gesprächselemente sichin der paradoxalsten Weisen gegenüberstanden; und daß die so von Anfang an abgebogene menschliche Kommunikation den beobachtenden geist zum größtmöglichen Abenteuer herausfordern mußte. Wir empfanden keinerlei verächtliche Vorurteile [...] gegenüber den Spielen aus der Kinderzeit
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