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Freno d'Emergenza schrieb am 16.9. 2014 um 20:54:00 Uhr über

Ossifirma

Schon kurz nach der Wende hat er sich mit einem Bratwurstgrill an die Strasse gestellt, Thüringer Rostbratwürste gebraten, in ein Brötchen gepappt und verkauft. Das ging gut damals, sehr gut sogar. Vor allem die Besucher aus dem Westen sind da voll drauf abgefahren, und haben ihm auf die Schulter geklopft: Unternehmergeist im Osten ! Eigentlich hat er das nur gemacht, weil sein »Betrieb« sofort pleite gemacht hatte, und das mit dem Arbeitsamt damals auch nicht besser war, als heute. Und den ganzen Tag zuhause rumsitzen ... und Bratwürste hat er schon immer gerne gebraten gehabt. Und weil das neue buissness ja so gut lief, hat er ne Bretterbude um seinen Bratwurstgrill drumherum gezimmert, für wenn's regnet und im Winter. Und seitdem steht er da in seiner Bretterbude, und verkauft Bratwürste, von morgens 10 Uhr bis so gegen drei, vier Uhr nachmittags, je nachdem, wieviel noch los ist. Von Montags bis Freitags - ne super Sache, wenn man das so mit normaler Gastronomie und so vergleicht. Klar - er muß vor und nach dem grillen noch jede Menge anderen Kram erledigen: Einkaufen, Saubermachen, Buchhaltung - und der Kartoffelsalat macht sich auch nicht von alleine. Den macht er nämlich nach wie vor selbst. Wer gerne Bratwürste brät, der kann nämlich auch super Kartoffelsalat machen. Auch seine Rostbrätel legt er selber ein. Und seine Bude ist von halb elf bis um zwei Uhr proppe voll - 90% Stammgäste, die nicht nur schnell ihre Bratwurst reinschieben, sondern auch noch n Kaffee aus'm Plastebecher schlürfen, und Gespräch halten mit den anderen. Zwanzig Jahre macht er das jetzt schon. »Ich hab nicht mehr wie jeder andere auchsagt er immer treuherzig. Aber zwei Atemzüge später klagt er, wieviel Ärger er mit dem Swimmingpool zuhause hat, in seinem kleinen Häuschen mit 250 qm Wohnfläche und 1500 qm Gärtchen drum rum. Aber er fährt immer noch mit dem klapprigen alten Passat-Kombi zu seiner Bratwurstbude. Ein einziges Mal, als der Passat in der Werkstatt war, ist er mit dem Porsche gefahren und hat die Kisten mit den Bratwürsten vom Beifahrersitz gehoben - ein halbes Jahr lang haben sie ihn dann belämmert von wegen Kapitalismus und so. Seitdem lässt er sich von VW n Leihwagen geben, wenn der Passt in die Werkstatt muß, und fährt den Porsche nur am Wochenende. Naja - ich gönn ihm den swimmingpool und den Porsche von Herzen. Und seine Bratwürste sind voll ok, und der kleine Schwatz mit den anderen dort in der Bude ist auch immer ganz nett, wenn ich zum Zug gehe, in der Mittagszeit. Der Bahnhof ist nur ein paar Minuten entfernt zu Fuß.


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