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wauz schrieb am 1.8. 2004 um 18:09:38 Uhr über

Sprachverfall

Es ist eine noch weiter zu untersuchende Streitfrage, ob es einen Sprachverfall überhaupt gibt, und wenn ja, wo es ihn gibt, was den Verfall von anderer Veränderung abgrenzt.
Sprache ist das Werkzeug des Denkens, gewissermaßen das Betriebssystem des Hirns, zumindest was formal-abstrakte Inhalte angeht. Somit muss sich mit dem Denken die Sprache ändern. Das Denken ändert sich, wenn sich die Gegenstände des Denkens verändern. Gegenstand allen Denkens ist die uns umgebende Welt im weitesten Sinne. Sobald sich die Welt, auch die individuelle Umwelt, ändert, muss sich das Denken ändern und mit dem Denken die Sprache.
Wo also finden wir Verfall der Sprache? Überall da, wo das Denken den Verhältnissen nicht mehr folgen kann, wo das Denken zur Bewältigung der Welt unzureichend wird.
Es gibt Verfall von Sprache, dieser Verfall geht einher mit materiellem und immateriellem Elend. Da, wo Probleme nicht mehr gelöst werden können, und daher das Denken unerheblich wird, verfällt auch die Sprache.
Andererseits ist eben nicht jede Veränderung der Sprache als Verfall anzusehen, auch wenn dies gewissen Konservativen so erscheint. Viele Anglizismen haben einen realen technischen Bezug. Das Wort Handy, so blöd es auch ist, ist ein sehr klares, eindeutiges, praktisches Wort für so gewisse kleine Geräte, die aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken sind. Die alten C-Netz-Kisten waren tatsächlich Mobil-Telefone. Handys heute sind viel mehr. Mobiltelefon trifft es nicht mehr. Dergleichen Beispiel gibt es sicher noch zu Hunderten.
Was nun die Sprachen, die in bestimmten sozialen Verortungen gewachsen sind, wie zB Kanak, so muss man ihnen ja zugestehen: sie funktionieren. Mag man sich darüber lustig machen oder nicht, sie erreichen das Ziel Verständigung. Ob sich Kanak zur komplexen Sprache weiterentwickelt, oder wieder im Deutschen aufgeht, wird die Zeit zeigen. Eines aber ist sicher: In spätestens 50 Jahren wird Goethe ohne Verständnishilfe nicht mehr lesbar sein. Nicht umsonst werden jetzt schon (in Freiburg) Wörterbücher der klassischen deutschen Schriftsprache erstellt.


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