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ruecker42 schrieb am 19.8. 2010 um 23:11:02 Uhr über

auswendig

Ich stelle mir vor, eine Reportage (sei es zum Beispiel eine von Wallraff oder die über die Eulen von Frau Nolte) oder ein Gedicht auswendig zu lernen. Liegt jetzt eine lokale Kopie dieses Werkes in meinem Kopfe vor? Ist diese lizenzpflichtig, wenn ich mich nachts um halb drei, weil mich diese Laune nun überkommt (denn der tägliche Broterwerb ist von einer derartigen Zähigkeit, daß es solcher Launen bedarf, um überhaupt noch Leben an sich zu empfinden), an den großen Stern stelle und dieses gelernte Werk den in ihren Bäumen schlafenden Krähen und den müde ihre Runden im Kreisverkehr dahinschleichenden Autos deklamiere? (Einzige Reaktion: Ein feuchter Klecks links neben mir auf dem Weg nach etwas gelangweiltem Flügelwackeln...) Weiter noch: Wenn Leute, die mich kennen, wissen, daß ein solcher Wortstrom, von Anderen verfasst, in meinem Kopfe ruht und sie bäten mich darum, ihnen diesen vorzutragen: Betrüge ich da den Autor/ die Autorin? Wenn man mir dafür einen Tee oder einen Latte spendiert (Bier oder Wein mag ich nicht), muß ich den dann abgeben? Oder habe ich da etwas erschlichen? In böswilliger Absicht? Haben sich meine Zuhörer an einer Raubkopie erbaut? Benötige ich eine Aufführungsgenehmigung für so etwas? Auch in den von mir angemieteten vier Wänden? Muß ich den Vortrag verweigern? Wie ist das mit Photographien, die ich mir vor das »geistige Auge« holen und erneut anschauen kann? Zum Beispiel das Photo einer spanischen Republikanerin,auf einem Bein kniend mit einer Pistole in der Hand, von Gerda Taro 1936 »geschossen«, wenn ich mich recht erinnere. (Godard hatte doch diesen Spruch, daß eine Frau mit einer Pistole ein völlig ausreichendes Sujet für einen abendfüllenden Kinofilm sei, naja, hm, aber egal, weiter im Text...) Wenn ich sie beschreibe, muß ich dann eine Lizenz bezahlen? Neinnein, komm' mir doch jetzt nicht mit dem Unterschied zwischen »gewerblicher« und »privater« Nutzung, es gibt da keine eindeutige Rechtslage solange das alles »nur im Kopf« ist ... Eine geradezu pferdschafmäßige Idee: Verlage erheben von jedem Schüler für jedes auswendig gelernte Gedicht eine Lizenzgebühr und Aufsätze, die Picassos Bildnis der Madame Z. beschreiben, werden ebenfalls mit einer Gebühr belegt... Ach weißt Du was? Ich geh' jetzt in den Keller und schaue den Saatkartoffeln beim Keimen zu... Ist das Netz jetzt im Kopf oder der Kopf im Netz?
(tl;dr)


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