|
Jeden Abend zögert die kleine Lisa das zu Bett gehen länger hinaus. »Mama, ich habe noch etwas vergessen... . Mama, ich muss unbedingt noch ... .« Wenn sie dann endlich im Bett liegt, kommt unweigerlich die Frage: »Mamilein kann ich heute nicht in deinem Bett schlafen? So als kleine Ausnahme mal, nur heute mal, bitte, bitte.« Ihr müsst wissen, dass sie in einem sehr hübschen und freundlichem Zimmer mit sonnengelben Gardinen und einem wunderschönen, dunkelblauen, kuschelweichem Bett schläft. Doch Nachts wenn es dunkel wird, kneift sie ganz schnell die Augen zu und glaubt in den Ecken lauern dunkle Gestalten. Die Vorhänge müssen immer ganz dicht geschlossen werden, denn so ein Wesen könnte ja ins Fenster schauen. Eines Abends hat Mama vergessen, den Vorhang richtig zu schließen. Lisa kniff wie immer, wenn das Licht erlosch, ganz fest die Augen zu. Auf einmal hörte sie eine Stimme wispern. »Hallo Lisa, kannst du mich hören?« Lisa zog schnell die Decke über den Kopf und versuchte sich nicht zu bewegen, aber ihre Nase kribbelte ganz fürchterlich. Außerdem war die Neugier nun doch stärker als die Angst. Die Stimme hatte eigentlich gar nicht gruselig geklungen. Es war eine sehr feine und helle Stimme gewesen. Sie lugte ein klein wenig unter der Decke hervor und traute ihren Augen kaum. Kerzengerade setzte sie sich auf. Auf dem Fensterbrett im silbernen Mondlicht hockte eine kleine, weiß schimmernde Elfe mit silbrigem Haar und baumelte mit den Beinen. Sie hielt ihren Kopf ein wenig schräg und blickte Lisa mit einem zaghaften Lächeln an. Lisa starrte zurück: »Wer bist du?« »Oh, ich bin eine kleine Mondscheinelfe. In der Nacht, wenn nur der Mond sein silbriges Licht aussendet, schaue ich nach Kindern die nicht schlafen können. Ich schicke sie auf die Reise in wunderschöne Traumländer und wache über sie, damit kein Alptraum sie aus dem Schlaf reißt.« Lisa machte große Augen. »Ich habe oft Alpträume. Dann schlüpf ich immer in Mama's Bett. Aber ich mag auch nicht gern einschlafen. Die Dunkelheit ist gruselig.« »Die Dunkelheit ist gar nicht gruselig. Schau mal genau hin, Du wirst sehen, dass im Dunkeln die Welt ganz anders aussieht, aber genauso schön wie im Hellen. Alles ist in weißes Mondlicht getaucht und wenn du genau hinschaust, siehst du uns Elfen um die schlafenden Blumen herumflattern. Nachts ist es wirklich wunderschön. Tausende von Sternen glitzern am Himmel und alles duftet viel stärker nach Blumen und taufrischem Gras.« Lisa kratzte sich am Kopf. »Aber, warum warst du noch nie bei mir?« »Du sperrst mich und das Mondlicht ja aus. Heute habe ich eine kleine Ecke zum durchschlüpfen gefunden.« Sie lächelte. »Vielleicht läßt du mir ja jetzt öfter mal eine kleine Ecke deiner Vorhänge offen?« »Ja, das werde ich!« Sagte Lisa schon ganz schläfrig. Die kleine Mondelfe flatterte heran und hauchte ihr einen kleinen Kuss auf die Wange. Lisa schlief schon tief und fest.
Am nächsten Abend staunte die Mama. Lisa war so schnell wie nie im Bett. Sie freute sich ja schon so auf die kleine Fee. Seitdem vergaß sie nie, eine Lücke im Vorhang offen zu halten, damit der Mond ihr Zimmer Silberweiß anmalen kann und die Mondscheinfee herein kommt.
|