Am nächsten Morgen nimmt sich der Kommissar vor, mit seinem Assistenten den Mörder zu fangen. »Als erstes werden wir diesen Bürgermeister zu Hause aufsuchen, Berto! Sie gehen mit!«
Mit ihrem Automobil unterwegs, haben sie eine schöne Zeit. Sie sind schnell da. An einer Tankstelle zwischendurch holen sie sich Zigaretten. »Ich dachte, Sie rauchen nicht, Herr Kommissar, zumindest keine Zigaretten!« »Genau, Berto. Und das ist der Trick, keiner wird darauf kommen, daß ich es wirklich bin. So genieße ich ein wenig Ellbogenfreiheit. Merken Sie sich das. Im übrigen pflege ich nicht über meinen Beruf zu sprechen.«
Der Assistent trottet hinter seinem Meister her. Sie lassen den Wagen in gebührender Entfernung stehen, um unbemerkt zum Haus des Bürgermeisters zu kommen.
Der hat sie schon hinter der Gardine entdeckt. Er steht den ganzen Tag hinter der Gardine und paßt auf. Ob er ein schlechtes Gewissen hat? Seine Stirn zeigt ein paar frische Schweißtröpfchen, als er mit fahrigen Händchen den Türknauf bedient, um die beiden Kriminalisten reinzulassen. Die Bude ist total überheizt. Hier ist mit Bestimmtheit nicht Schmalhans Küchenmeister, meine Herren! Auch an den Möbeln sieht man, daß der oberste Bürger seiner Stadt in Saus und Braus lebt. Kleine Häkeldecken hier, winzige Porzellanpüppchen dort, ein Teppich aus echter Seide, eine Sammlung Meißner Porzellan an der Wand, da ein GobeIin, hier vorne ein handgeschnitztes Tablett mit Kristallgläsern voll Likörchen, auch ein Fernseher allererster Güte glotzt aus der Ecke, wo die Hirschgeweihe ihr Zuhause haben, in einer Vitrine lebt eine teure Diamantenausstellung, und verschiedene Türen weisen den Weg in noch verwegenere Gemächer, man sieht wie zufällig in ein Badezimmer mit goldenen Wasserhähnen, vor der Wanne warten gläserne Schnabelschühchen auf einen kleinen Spaziergang, dazu kräht ein Papagei einige Takte aus Verdis Oper Nabucco, und zwar hat der Vogel ein Kettchen um von echten Perlen, man kann sie im Zwielicht kaum von Butterkügelchen unterscheiden. Das Schlimme ist ein Elefantenfuß als Schirmständer. Dieser Mann ist gefährlich!
»Kommen Sie doch herein, meine Herren!« Falsch klingt diese Einladung und hinterfotzig. So bemerken es die beiden sofort. Schnell spannen sie die Lauscherchen auf, ob etwas Ungewöhnliches hier zu hören ist. »Kaffee? ... oder Teeeee?« Der Kopf des Bürgermeisters wird dabei seitlich auf die Schulter gelegt, es soll Vertrauen erwecken.
Kommissar Schneider will weder das eine noch das andere. Er beginnt umgehend mit der Befragung, die uns aber hier nicht interessiert.
Den Papagei quält eine einzige Frage: Was wollen die beiden fremden Herren bei seinem Bürgermeister (er weiß gar nicht, daß er der Bürgermeister ist)? Sie laufen immer ein paar Schritte vor und zurück, halten mit der einen Hand das Kinn fest, ziehen Falten auf der Stirn, drehen sich unwillkürlich um, zeigen. Was soll das. Doch dem Papagei geht es eigentlich gut, den Verhältnissen entsprechend. Er wäre auch lieber in freier Wildbahn, doch müßte er dort verhungern, weil er hier in der Wohnung des Bürgermeisters aus dem Ei geschlüpft ist und noch nie im Urwald war. Er weiß also nicht, wie man sich zu essen fängt, oder bei Papageien besser gesagt: ergattert.
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