Zeitgeist

Der Zeitgeist wandelt sich und wird so auch zu einem Spiegel der Zeiten. So wurde die Sklaverei in der Antike als so selbstverständlich angesehen, daß selbst große und progressive Geister der damaligen Zeit gar nicht auf den Einfall kamen, sie ernsthaft in Frage zu stellen. Und solche Beispiele gibt es viele: rassistische Ansichten waren früher ebenso verbreitet wie die Auffassung, daß Frauen nur die Aufgabe haben, den Männern zu dienen. Heute sind solche Ansichten glücklicherweise überwunden und weitgehend verpönt.
Allerdings gibt es in unterschiedlichen Kulturen einen unterschiedlichen Zeitgeist, wie schon beim vergleich zwischen Amerika und Europa deutlich wird. Da sind die Europäer wohl schon ein Stück weiter: während die meisten von ihnen die Todesstrafe ebenso ablehnen wie die Prügelstrafe in der Erziehung, findet man in Amerika für beides noch eine gewaltige Schar von Anhängern. Wobei es dort wiederum beträchtliche regionale Unterschiede gibt.
Wenn wir Europäer uns also einerseits mit gewisser Berechtigung als recht fortschrittlich ansehen, so besteht andererseits zum Hochmut durchaus kein Anlaß, denn die Behandlung von Tieren ist auch in Europa immer noch teilweise barbarisch (Massentierhaltung, Schlachtviehtransporte...); sollte sich der Zeitgeist weiter in der richtigen Richtung entwickeln, werden spätere Generationen voller Abscheu und Entsetzen davon sprechen, wie Tiere im Europa des frühen 21. Jahrhunders behandelt wurden.
Zum Hochmut besteht aber auch aus einem anderen Grund kein Anlaß: der Zeitgeist bewegt sich nicht geradlinig in die richtige Richtung, sondern es gibt immer wieder Rückschläge, Rückfälle in ein überholtes Denken. Das könnte auch in Europa passieren, dagegen hilft nur Wachsamkeit.