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Mäggi schrieb am 7.12. 2002 um 21:29:55 Uhr über

bericht-aus-venezuela

in der letzten woche konnte man richtig von tag zu tag verfolgen, wie die situation brenzliger wurde. was in deutschland durch die nachrichten ging, der diskothekenbrand mit den opfern, wurde hier vor lauter politischem chaos kaum zur kenntnis genommen.
seit montag haben wir nun generalstreik, die produktion von fast allem ist eingestellt, besonders petroleum, aeh erdoel heisst das ja auf deutsch, man stelle sich vor, venezuela ohne benzin...
auch transportiert wird kaum mehr was. wenn man einen offenen supermarkt findet, sind die regale schon merklich leerer. frischmilch gibt´s seit tagen nicht mehr z.b. die ersten tage der woche war es ganz angenehm in der stadt, weniger verkehr, auf dem bulevar weniger leute, man konnte richtig flanieren, aber dann fingen die gegenseitigen provokationen an auf den marchas, scharfschuetzen der regierung, die auf die oppositions-demo warten, die aber noch rechtzeitig umgeleitet wurde. guardia nacional, die oel-tanker kapert, bereit, einen super-gau zu riskieren, denn fahren kann so ein ding keiner von denen. seit der geschichte mit den militaers, die die polizei interniert hatten, ist die kriminalitaet nochmal angestiegen, vor dem haus einer freundin haben sie einen erschossen, und ganz viele bekannte von mir wurden ueberfallen. zu allem ueberfluss wurden ganze waffenarsenale der polizei abtransportiert und die waffen an die circulos bolivarianos verteilt, chavez-treue zirkel von dubioser funktion, und das hat sich alles laengst verselbstaendigt. aus diesen kreisen kam wohl auch der attentaeter, der gestern auf die oppositionsversammlung in altamira wild geschossen hat - 5 tote, ueber 20 verletzte, und eskalation und chaos gehen weiter. es ist nicht klar, ob der typ auf befehl der regierung gehandelt hat oder aus eigenem antrieb, aber es kommt sich wahrscheinlich auf das gleiche raus. die ruecktrittsforderungen an chavez sind noch heftiger geworden (so das denn moeglich ist), und er fuehrt sich wirklich ignorant auf, gestern eine rede, und kein wort des gedenkens an die opfer, es ging nur ums oel. aber wenn er jetzt zuruecktritt, gibt es eben diese gluehenden anhaenger, die bewaffnet sind, und was die anstellen, wenn sie keine fuehrer mehr haben, wage ich mir gar nicht auszumalen. kein ausweg in sicht, das gewaltpotential auf beiden seiten wahnsinnig hoch...
und so sass ich gestern betreten vor dem fernseher meines mitbewohners, mit einem gefuehl des eingesperrtseins - ich waere gerne rausgegangen, freitag, und nach 3 tagen durcharbeiten fuer die uni mal wieder was anderes sehen als die verfluchte bude, aber bei dem klima bleibt man lieber sicher zu hause. wenigstens die licoreria unten hatte offen und machte das geschaeft ihres lebens, und so tranken wir uns ein paar polarice, damit wir wenigstens schlafen konnten.


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