peu-à-peu
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Es gibt Tausende von Sprichwörtern, weltweit garantiert Zehntausende (wenn sie sich auch immer wieder ähneln, so verschieden ist der Mensch nicht, auch über die Zeiten), aber - - -
aber nur von einem ist wirklich sicher, 100 %ig sicher, dass es falsch ist, täuschend und fürchterlich dumm falsch gut gemeint:
»Die Zeit heilt alle Wunden.«
It isn't so.
Alles schwärt weiter unter der härter und härter werdenden Vernarbung, es eitert und vergiftet, wenn man sich nicht um die Wunde kümmert. (Noch einmal fühlt und zornig ist, voller Wut und trauert.)
Um so schlimmer, wenn man 'es', was passiert ist, scheinbar 'vergessen' hat.
Es muss ja nicht gleich Krebs dort entstehen, wo man 'es', das Schlimme, verkapselt hat (der Körper vergisst nichts, nie und niemals), obwohl: auch das passiert oft genug; aber die Dauervergiftung der Seele ist ja auch nicht so lecker als Alternative.
Peu-à-peu wird man so hart wie die Narbe über der Wunde, oder so bitter wie das frei werdende Gift.
"Was vorüber ist ist nicht vorüber
Es wächst weiter in diesen Zellen"
schrieb Rose Ausländer.
Also bitte nie wieder sagen: Die Zeit heilt alle Wunden - weder zu sich noch zu anderen. Weil es nicht stimmt.
Die nicht existierende Zeit hat Besseres zu tun als sich um Wunden zu kümmern (sie lässt uns uns foppen, daran hat sie ihren Spaß) - meistens 'gut gemeint' schadet der Satz viel mehr. Die meisten denken eh nicht nach, bevor sie ihn sagen, sind nur hilflos, wenn sie einer großen Verletzung begegnen, fühlen sich unwohl deshalb, und wollen sich von ihrem Unbehagen mit diesem törichten Satz befreien.
Aber frag mal jemanden, die|der sexuelle Gewalt erfuhr, 20 Jahre später, was die Zeit bei ihr|ihm 'geheilt' hat...
Sich selbst kann man heilen, ein bisschen, aktiv und peu-à-peu - das gelingt wohl. Etwas. Aber immerhin. Mehr und mehr kommt zusammen, imLaufDerZeit.
Sich selbst vertrauen an Stelle 'der Zeit' und sich selber heilen lernen, das wäre mein Tipp.