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Freno d'Emergenza schrieb am 15.2. 2014 um 21:29:22 Uhr über

Nachttischschublade

Wenn man morgens nach dem Aufwachen in seiner Nachttischschublade plötzlich eine Pistole findet, dann muß man vor allem Ruhe bewahren, und das Ding zunächst einmal nicht anrühren. Heutezutage ist es kein Problem, für jedes Modell eine Anleitung im Internet zu finden. Damit kann man dann gefahrlos feststellen, ob die Pistole geladen, und vor allem: gesichert ist. Nur dann, wenn die Pistole gesichert ist, kann man sie weiter untersuchen. Am besten ist, man hält die Pistole, wenn sie nach der Anleitung gesichert sein sollte, in eine Richtung, in der ein sich lösender Schuß keinen Schaden, vor allem: keinen Unschuldigen treffen kann, und versucht, abzudrücken. Dann kann man die Waffe weiter untersuchen.

Wenn die Pistole nicht geladen ist, hat man Glück gehabt. Dann ist es am besten, man tut sie wieder zurück, und versucht, nicht allzu viel daran zu denken. Von Zeit zu Zeit sollte man aber morgens nachschauen, ob die Pistole inzwischen geladen ist. Wenn sie nämlich geladen ist, dann hat man ein Problem. Denn wenn man plötzlich in seiner Nachttischschublade eine geladene Pistole findet, dann bedeutet das, das irgendwo da draussen jemand ist, der einen sucht, und einen umbringen will. Es gibt nur eine Chance: man muß schneller sein. Man muß denjenigen finden, der einen umbringen will, und den dann umbringen, bevor der einen selbst umbringen kann. Das bedeutet nicht nur, daß das Leben unter Umständen sehr schnell vorbei sein kann - sondern auch, daß man den Rest des Lebens möglicherweise im Knast verbringt, weil man ja jemanden umgebracht hat. Man muß schon mal drüber nachdenken, ob es besser ist, jemand umzubringen, und dafür möglicherweise in den Knast zu kommen, als tot zu sein. Die Antwort auf diese Frage ist möglicherweise nicht ganz einfach. Aber die schwierigste Frage ist: wer eigentlich derjenige ist, der einen umbringen will. Das einzige, daß man weiß ist: es gibt ihn - denn sonst wäre nicht urplötzlich auf einmal eine geladene Pistole in der Nachttischschublade.

Ganz, ganz schlimm ist es aber, wenn es nur eine einzige Patrone im Magazin gibt. Wenn es ein Revolver ist, dann hat man noch eine Chance - 1:5, um genau zu sein. Eine verhältnismässig gute Chance. Wenn es jedoch eine Pistole ist, die einzige Patrone also bereits in der Kammer ist, oder beim Durchladen in die Kammer eingeführt wird - dann ist es aus. Das ist verdammt nochmal sehr hart.

Deswegen ist es besser, gleich morgen früh nachzuschauen, ob in der Nachttischschublade eine Pistole liegt. Dann weiß man wenigstens, woran man ist. Wenn keine drinnen liegt - dann ist es vielleicht das Beste, den Nachttisch sofort aus der Wohnung zu schmeissen. Wenn man auf Nummer sicher gehen will, vernichtet man ihn: auseinandereissen, Kleinholz daraus machen, verbrennen. Nur dann, wenn der Nachttisch verbrannt ist, kann man sicher sein, daß man selbst niemals eine Pistole in der Nachttischschublade finden wird, und auch niemand anderes in die unangenehme Lage kommt, in der Nachttischschublade eine Pistole zu finden. Man kann auch ohne Nachttisch ein glückliches Leben führen. Weil man nämlich dann keine Angst mehr davor haben muß, eines Tages urplötzlich in der Nachttischschublade eine Pistole zu finden.


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