Kellnern machte ihr Spaß. Die Betriebsamkeit, die ganze Atmosphäre, gut, machmal gab es unangenehme Zeitgenossen, so wie dieser häßliche Kerl mit dem immer gleichen dunkelbraunen Sakko, der an jeder Bestellung herum mäkelte, dumme Witze machte, über die er mangels Konkurrenz selbst am meisten lachte. „Blödmann“ nannte sie ihn bei sich, so wenig originell wie er selbst war, blieb aber freundlich. Aus irgendeinem Grund hatte er einen Narren an ihr gefressen. Machte ihr große Augen, wenn er sein Bier bestellte. Kommentierte die Speisekarte. Sah ihr auf die Beine oder in den Ausschnitt, je nach ihrer Bekleidung. Nannte sie „schöne Frau“, was sie insgeheim gegen ihren „Blödmann“ aufrechnete und zu einem knappen Unentschieden kam.
Seit fast zwei Jahren kam er, nicht ganz regelmäßig, aber doch so oft, daß sie ganz automatisch nach ihm Ausschau hielt, wenn einmal eine Woche ohne seine ziellose Anmache vergangen war. Anfangs hatte sie noch darauf gewartet, daß er aufdringlicher würde. Doch irgendwann nahm sie an, daß er sich niemals dazu durchringen würde, sie direkter anzusprechen. Ein Problem weniger, dachte sie.
Eines Tages überreichte er ihr nach seiner ersten Bestellung eine kleine Moosrose, an der ein gefalteter Zettel hing. Überrascht griff sie nach der Rose, er beobachtete sie genau, als hinge sein Leben davon ab, daß er jede ihrer Bewegungen später erinnern könnte. „Für mich?“ Er nickte. Sie wollte lächeln, aus Höflichkeit, konnte es aber nicht. Sie riss den Zettel ab, entfaltete ihn. Las.
„Für eine schöne Frau, von einem alten Blödmann.“
Wortlos drehte sie sich um und ging zurück zur Theke. „Is' was?“ fragte Chris, der zapfte. Sie legte den Zettel hin, starrte drauf. „Der Blödmann?“ Sie nickte. Chris lachte nur.
Als sie ihm sein Bier bringen wollte, war er gegangen. Ein Geldschein klemmte an der liegen gebliebenen Rose. Mehr als genug für das nun nutzlose Bier. Sie nahm das Geld, die Rose und das Bier. Blödmann, dachte sie, und steckte die Rose in das Bierglas.
Er kam dann niemals wieder.
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