Berresheim

Berresheim gehörte zu denjenigen bankern, die schon um ihren 30. Geburtstag herum kapierten, wo der Hase langlief. Da waren die stromlinienförmigen Karrieristen, die einen 14-h-Tag hinlegten, nach unten traten und nach oben intrigierten. Sie übernahmen Verantwortung und trafen Entscheidungen. Manche hatten Glück und kamen nach oben. Viele bekamen Herzinfarkte und Magengeschwüre - und ebensoviele waren irgendwann »nicht mehr im Haus«. Irgendwas war ihnen schiefgegangen, und sie wurden gefeuert. Da waren die Familienväter wie Schömberg, klug und bedächtig, immer streng aufs Risiko bedacht. Die saßen endlos lange zu dritt oder zu viert tagsüber in einem Büro und am Wochenende in einer Eigenheimfalle. Und dann gab es die Schlaueren, die Durchblicker wie Berresheim einer war. Er wußte ganz genau, daß es so nicht ging, und daß man andere Wege gehen mußte, wenn man etwas erreichen, sich etwas aufbauen wollte.

Berresheim hatte Jutta auf einer internen Fortbildung kennengelernt. Jutta saß in Frankfurt, bei den Investmentbankern. Eigentlich war sie nur eine Sekretärin, aber sie war Verhandlungssicher in englisch, französisch, spanisch und italienisch. Das machte sie bei den Großraddrehern zu einer begehrten Kraft. Sie saß im Zentrum der Macht - dort wo die Milliardendeals rollten. Und Jutta war eine geile Schlampe. Berresheim war fit wie ein Turnschuh, und so landeten die beiden im Bett. Berresheim war dann öfters bei Jutta zu Gast in ihrer kleinen, aber totschicken Wohnung im Gallus-Viertel. Nach mehrfach vollzogenem Geschlechtsverkehr und bei einer Flasche Gran Reserva kamen sie zu später Nachtstunde überein, daß man so zu nichts komme. Die Jutta mit ihrem Sekretariatsjob, und Berresheim mit seinen Kleinunternehmern in der Ostdeutschen Provinz. Jutta wußte genau, wann man welche Aktien kaufen und verkaufen mußte. Und wenn man in die Optionen ging, konnte man ruckzuck aus 10.000 Euro 30, 40, 50.000 Euro machen. Aber weder Jutta noch Berresheim hatten 10.000 Euro. Juttas totschicker Lebensstil und Berresheims weilandige juvenile Schlampigkeit im Umgang mit Verhütungsmitteln hatten beide bislang an einer effektiven Vermögensbildung gehindert. Er war nämlich unehelicher Vater von Zwillingen. Aber sie kannten auch die Compliance-Regeln und wußten, daß sie überwacht wurden. Sie waren gehalten, nur »im Haus« Konten und Depots zu unterhalten - und über die Schufa bekamen die in Compliance automatisch mit, wenn sie sonst wo ein Konto eröffnen würden. Man hätte ja in die Schweiz gehen können - aber womit ? Sie bräuchten einfach einen Partner, einen, der entweder Kohle hat ... oder einen, dem Berresheim einen entsprechenden Kredit besorgen könnte, über seine ostdeutsche Filiale. Aber es gab keinen in ihrem Bekanntenkreis, dem sie hinreichend Vertrauen schenken könnten. Doch dann, eines Abends, unterbrach Berresheim unvermittelt das Lecken von Juttas Möse, sah in ihr fragendes Gesicht, grinste und sagte: »Schömberg ! Das ist unser Mann !«