Ich schrieb über meine prügelfreie Erziehung und überzeugte schließlich meinen Vater, dass ich wie mein Freund Wolf erzogen werden will, nicht mit Stubenarrest und Moralpredigten. Unsere Väter lernen sich kennen und verstehen. Das Ergebnis: Ich soll nun und will abgehärtet werden. Auch meiner Stiefmutter ist es recht.
Ein Jahr später. Jetzt sind wir 13.Wolf ist ein harter Kerl. An jedem Freitag erhält er seine „Wochenabrechnung“, ein Dutzend Rohrstockhiebe auf die Turnhose für alle kleinere Sünden – und zur Abhärtung. Strafen für größere Missetaten werden sofort vollzogen. Sein Vater erwartete von ihm auch freiwillige Abhärtungshiebe. Womit, wohin, muss Wolf selbst entscheiden.
Oft bin ich dabei (und er bei mir), wenn wir Hiebe beziehen. Das macht uns Spaß.
Gymnasiasten werden nur noch ausnahmsweise und nie in der Klasse verprügelt. Unsere Väter haben mit dem Klassenlehrer verabredet, dass er uns nach Schulschluss züchtigen darf. Wolf provoziert das oft.
Abhärtung gegen Kälte: Wolf trägt fast ganzjährig kurze Hosen. Nur bei scharfem Frost zieht er Trainingshosen über. So weit bin ich noch nicht, aber ich bemühe mich. Beide duschen wir kalt, schlafen nackt bei offenem Fenster. In der schweißtreibenden Sommerhitze wird Holz gesägt oder gehackt für den Winter – ohne jeden Sonnenschutz – wenn unsere Kumpel schwimmen gehen.
Im Herbst, wir sind nun 14, hat Wolfs Vater, unterstützt von unserm Sportlehrer, auf einem Elternabend über die Erziehung pubertierender Jungen gesprochen. „Sie sollen lernen Männer zu werden. Und dass Abhärtung der beste Weg ist um sie zu harten Kerlen zu machen. Das Ergebnis: In meiner Klasse waren wir im Winter vier Kurzhosen – einer musste, einer durfte.
Nicht gelogen – unsere Erziehung in den 50ern. Heute undenkbar. Das wäre Kindesmisshandlung
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