Harle

Harle, ich bin - und wär ich's allein -,
was einige »Harler« nicht sind,
ja, sich nicht trauen zu sein:
dein dich liebendes Kind,

das dich manchmal leis weinen hört
Sonntagnacht, wenn sie schreien und toben
und dieser Wank dein Antlitz zerstört.
Ich will deine Träne doch loben.

Was wär deine Schönheit noch holder,
was wäre dein Wesen so zart,
wenn's nicht gäbe dieses Gepolter
mit Saufen und Raufen gepaart.

Doch kenne ich auch deine Güte;
die Glocken verkünden sie weit.
Ein Dorf, das erstrahlt in der Blüte,
erträgt auch die dunkle Zeit.

Die Schwalm fließt an deinem Fuße;
dein Kopf ist die Harler Wacht.
Dein Herz ist die Kirche - zur Buße,
zum Lob, zum Gebet , zur Andacht.

Gewiss, ich kenn deine Sprache kaum,
verstehe nur manches im kleinen,
doch weiß ich um Kirche und Lindenbaum -
vor allem: ich höre dich weinen.

Harle, ich bin - und wär ich's allein -,
was viele der »Harler« nicht sind,
ja, sich nicht trauen zu sein:
dein dich liebendes Kind.

Juni in Harle

Später Frühling -
Früher Sommer -
Ein Kind der hohen Zeit
Lernt laufen,
Um Wurzeln zu schlagen:
Juni in Harle!

1 Uhr 20:
Mitternacht.
Im Norden grüßen sich
Abend und Morgen.
Der Himmel jauchzt im
Juni in Harle!

Kurzer, tiefer Schlaf!
Noch stören nicht
Schnaken und Kirmes.
Ruhig ist's im, Dorf -
Wie von Zauberhand.
Juni in Harle!

Unter dem Gesang
Der Natur:
Dein Kuss.
Röcklein will wehen
Im Morgenhauch:
Juni in Harle!

Arbeit im Freien -
Freiheit im Garten -
Während alles wächst,
Neigt er dazu,
Stillzustehen:
Juni in Harle!

Kinderstimmen
Suchen Eltern.
Alte sehnen sich -
Wohin?
Und ich bin mitten d'rin.
Juni in Harle!

Sacht
Ruft der Sommer
Zum Abschied.
Jedoch:
Wenn ich gehe,
Bleibt mein Juni in Harle.