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Susanne schrieb am 4.7. 2006 um 00:58:08 Uhr über

Einsamkeit

Warum nur verspüre ich, höre ich mich selbst oder andere das hohe Lied der 'Einsamkeit' singen, immer auch diese zarten Obertöne leiser Verzweiflung? Ich versuche, den Finger auf den Mangel zu legen, die Elemente des Ungenügenden darin zu finden.
Einsamkeit war und ist meine Begleiterin. Sie bestimmt mein Leben, mein Wohnen, mein Handeln, Fühlen und Denken.
Die Küche ein Stockwerk tiefer, meine nahe Rettungsinsel. Ich höre zur Tür hinaus, spüre, wie ich mich entspanne, wenn das Klirren von Geschirr, das Schlurfen von Füßen leise an mein Ohr dringt.
Ich bin selten wirklich allein, ich suche Gesellschaft, wohne und lebe in Gemeinschaft, bewege mich darin, fülle die Spalten meines alten Adressbüchleins mit Fleiß, sammle die Abbilder anderer Menschen auf den Fluren meiner Erinnerung.
Vermeidungstechniken, angehäufte psychohygienische Kompetenz, selbtsüchtige Sicherungsnägel in den steilen Wänden der Zinnen meines kleinen Lebens.
Ich betrete niemals allein eine Kneipe, ich gehe niemals allein ins Kino, ich nehme niemals allein an einer größeren Veranstaltung teil. Ich bin schon mächtig stolz auf mich, wenn ich allein auf eine private Feier gehe, und das auch nur, wenn ich explizit und mehrfach dazu eingeladen wurde. Ich bin umhüllt mit Gemeinschaft wie eine Larve mit ihrem Kokon.
Ich sitze in meinem Zimmer, allein, die Tür fest geschlossen, keiner käme herein, sie klopften nur, wenn ein dringender Grund vorläge. Das beruhigt mich, trägt mich wie ein solide konstruiertes Haus.
Ich stehe´mitten im Saal, alle sind ausgelassen, haben Grund zur Freude, umarmen einander oder legen doch wemigstens kurz Wange an Wange. Ein gemeinsamer Erfolg, eine Richtung, ein Ziel. Sie rücken zusammen, sind sich nahe, wenn auch nur für diesen Abend. Ich aber bin wieder einmal entrückt, entfernt - unnahbar, wie sie (fälschlich) sagen. Ich kann nicht dazu gehören. Ich fühle mich einsam hier.
Es ist spät, ich höre einen Wagen, das dumpfe Schlagen der Türen, die leisen Stimmen, ein jähes Lachen. Ich weiß, ich könnte herunter gehen und mich dazu setzen. Mein Mund lächelt, meine Hände scheinen flinker geworden zu sein. Ich fühle mich einsam, ich bin unsicher, aber ich gehöre hierher.



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