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Die Leiche schrieb am 14.6. 2012 um 18:08:48 Uhr über

Freitagnachmittagsloch

Doreen saß an ihrem kleinen Schreibtisch und versuchte verzweifelt, sich zu konzentrieren. Sie hatte nicht mehr viel Zeit. Am Dienstag war der Abgabetermin für ihr Referat über »intentionale Semantik« bei Prof. Schömberg. Dann mußte sie das Referat auch vortragen und diskutieren im Seminar über »Ausgewählte Problemthemen postmoderner Linguistik«. Sie verfluchte sich zum zehntausendsten Male, sich viel zu spät angemeldet zu haben, als nur noch dieses Scheissthema über intentionale Semantik übrig gewesen war. »Was zum Teufel ist das überhaupthatte sie scherzhaft zur Lehrstuhlsekretärin gesagt. »Es ist das Steckenpferd von unserm Professorhatte diese schnippisch zurückgegrinst. Auch das noch ! Und jetzt, vier Tage vor dem Abgabetermin war Doreen immer noch nicht schlauer geworden. Was zum Teufel soll das sein - intentionale Semantik ? Trotz einem guten Dutzend Lehrbüchern, in denen hunderte von gelben Klebezetteln staken und hunderten von Fotokopien, die mit rosa und grünen Textmarkern bearbeitet waren, hatte Doreen immer noch das Gefühl, nicht die geringste Ahnung zu haben, rein überhaupt nichts verstanden zu haben. Warum mußte sie überhaupt Germanistk-Lehramt studieren ? Sie beneidete glühend ihren Freund Bertram mit seinem Jurastudium. Der war mit seiner Clique schon gestern zu einer Mountainbike-Tour in den Harz aufgebrochen, während sie hier in ihrem Zimmer hockte, und über dieser verfickten intentionalen Semantik brütete. Ihre WG hatte sich derweil in der Küche versammelt, und die Wohnungstür stand seit einer Stunde schon nicht mehr still. Heute abend wollten sie alle zusammen zur Fete des Schwulen- & Lesbenreferates vom AStA, der angesagtesten Fete des Sommersemesters überhaupt - und sie würde weiter da an ihrem kleinen Schreibtisch hocken und über intentionale Semantik brüten. Sie wäre gerne in die Küche gegangen, hätte sich gerne auf eine Tasse Brennessel-Tee zu den anderen gehockt, aber ihr Pflichtbewußtsein, ihr schlechtes Gewissen, und vor allem: ihre sich allmählich bis zur Panik steigernde Angst vor dem Dienstag nagelte sie an dem Schreibtisch fest. Auf dem Bildschirm ihres notebooks war fett und groß zu lesen: »Intentionale Semantik - Ein Referat von Doreen Schlegelmilch«. Weiter war sie noch nicht gekommen. Sie biß auf ihre Unterlippe und fluchte über den Lärm in der Küche. Konnten diese Chaoten denn keine Rücksicht nehmen auf jemand, der sich ernsthaft auf sein Studium zu konzentrieren versuchte ?


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