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mcnep schrieb am 26.6. 2003 um 16:30:25 Uhr über

beziehungszwangNeurose

»Wo wir allein schlafen, da sind wir ohne Heimat. Wo wir aber zu zweit schlafen, da hat uns die Einsamkeit nicht
Sagt Hans Henny Jahnn in gewohnt biblischer Diktion irgendwo in seinem Perrudja. Und wirklich, ich kann gut für mich allein denken und leben, doch gibt es zwei Sachen, die ich vorziehe, mit einem anderen Menschen zu teilen: Das Essen und das Schlafen. (Etwas so profanes wie die Einkommensteuererklärung lasse ich an dieser Stelle beiseite.) Das Essen, weil mir sein viehischer Charakter, dieses vegetativ Unvermeidliche, das diese Funktion letztlich erfüllt und mir, der ich mich nicht zu den Gourmands zähle, auch immer wieder deutlich vor Augen tritt, durch die Gesellschaft eines anderen Menschen abgemildert wird, die Augen abgelenkt werden von dem Starren auf den sich verkleinernden und erkaltenden, zunehmend aus der Form geratenden Nahrungsberg auf dem Teller (so habe ich auch in Istanbul mehrfach Leute, die mir eigentlich einen Teppich verkaufen oder eine Moschee zeigen wollten, zum Essen eingeladen, ihre spontanen Gegeneinladungen im Kreis der Familie jedoch wiederum ausgeschlagen, zum einen, da ich eine Wiederaufnahme der Verkaufsgespräche fürchtete, zum anderen, da mir das Essen in größerer Runde ähnlich unangenehm wie der einsame Verzehr ist). Das einsame Schlafen ist mir seit fast 20 Jahren ohnehin aus dem Blick geraten, es würde wohl mit weniger Seelennot als die Nahrungsaufnahme verbunden sein, da es mir eine weniger Überwindung fordernde Grundfunktion als die Nahrungsaufnahme bedeutet, doch stellt die Möglichkeit einer nächtlichen Umarmung, des Aneinanderlagerns der Gliedmaßen, selbst moderate Atemgeräusche des Partners für mich einen Wohlfühlfaktor ersten Ranges dar, der das oftmals irritierende Aufwachen in der Nacht, mitten aus einem Traume gerissen und noch bar der vollständigen Herrschaft über Sinn und Verstand auf unbeschreiblich linde Weise wieder in eine heimatliche Realität zurückführt. Handelsvertreter oder Popstars, die im Jahr mehrere hundert verschiedene Bettpositionen mitsamt den daraus resultierenden topographischen Irritationen durchleben müssen, habe ich immer bedauert. Auch hier fand ich auf meiner letzten Reise Mittel und Wege, den gewohnten Zustand der Zweischläfrigkeit wieder herzustellen, wenngleich ich gestehen muß, daß die Adaption an die Wach - und Schlafrhythmen eines Partners mitsamt allen Aspekten des Bettdeckengreifverhaltens und der Begehrlichkeitsanmeldung doch etwas mehr Zeit verlangt, als die mir hierfür jeweils zur Verfügung stehende Nacht.


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