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Christine schrieb am 6.11. 2018 um 20:30:23 Uhr über

vorbei

Bei manchen Krimis genügt mir inzwischen der Anfang um abzuschalten ohne etwas zu verpassen. Egal wie gut eine Story ist, sie bleibt es auch wenn ich sie nicht kenne. Aber dass ich Mack und Medla verwechselt hab, war schon fast wie im zweiten Stock rekapitulieren zu wollen wer grad hinter welcher Tür wohnt und wer schon ausgezogen ist. Weit weg, diese Etage. Mindestens zwanzig Jahre weit weg. Ob die geahnt habe wie alt ihre Nachbarn sind, als die einzogen? Es ist schon erstaunlich wie schnell das Haus sich verjüngt. Selbst die Straße. Dabei ist im übernächsten Haus betreutes wohnen. Die leben nebeneinander ohne miteinander in Berührung zu kommen. In meiner alten Schule hat sich inzwischen eine Volleyballgruppe zusammengefunden. Ich mag die neue Halle aber nicht. Die ist fast im Keller. Die gruftige Tiefe wegen der Scheißerhaltungssatzung zieht so runter. Eine Kirche ist auch höher. Ebenerdig zu spielen geht grad eben so. Aber vom Penthouse in den Keller beim Schwitzen ist schon hart, auch wenn der letzte Sommer zu heiß für die Atelierfenster war. Der Schritt hinaus in den heißen Wind war schön. Wieso orientieren die sich derart an diesem idiotischen Jugendstil statt an diesen wunderschönen Fabrikresten der golden 1920-er? Es ist Wahnsinn, was auf diesen tausenden Quadratmetern in den letzten hundert Jahren alles passierte. Eigentlich könnte man mindestens dreißig Jahre damit zubringen, diese hundert Jahre zu erfassen zu versuchen. Stattdessen rast die Zeit weiter, hetzen die von Preis zu Preis, um sich irgendwann zu sagen, dass sie vor lauter Wettbewerb gar nicht sich selbst gelebt haben. Irgendwann wird es vielleicht ein Buch über dieses Haus geben, über das du dich genausowenig wunderst wie über die Namen auf dem Johannisfriedhof. Die Zeit, in der Telefonbücher noch das Zeug zum Roman hatten, ist endgültig vorbei. Whatsapp sei dank. Die kennen die fünf Leute in ihrer Filterblase und alles draußen ist Hintergrundrauschen. Immerhin ist es ruhiger als die Uniklinik. Es hat fast schon etwas Intimes dieses Haus. Fast hundert Meter lang ist es und eigentlich viel zu groß um von einem so winzigen Team verwaltet zu werden. Aber Krauses leuchtende Augen als er fragte, ob ich die Schilder an der Tür schon gelesen hab, war unvergesslich. Er hat sogar ein paar Artikel über ein paar Leute im Haus gelesen und Jensens Buch gelesen, allerdings ohne mehr als vier Zentimeter Schriftgröße im Antwortbrief zu bekommen. Das war schon ernüchternd.


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