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Karl schrieb am 19.5. 2001 um 14:13:23 Uhr über

Eifersucht

Wenn man Frauen und Männer mit hypothetischen Szenarien sexueller versus emotionaler Untreue ihres
Partners bzw. ihrer Partnerin konfrontiert und bittet anzugeben, welche Art von Untreue sie mehr aufregt,
wählen Männer relativ häufiger als Frauen sexuelle Untreue. Dieser Befund wird aus
evolutionsbiologischer Sicht mit geschlechtsspezifisch unterschiedlichen Kosten beider Arten von
Untreue erklärt. Da Männer sich ihrer Vaterschaft nicht sicher sein können, zieht sexuelle Untreue der
Partnerin potentiell Investitionen des Mannes in die Aufzucht von Kindern nach sich, die mit ihm nicht
genetisch verwandt sind. Für Frauen hingegen ist vor allem die emotionale Hinwendung des Partners zu
einer anderen Frau bedrohlich, da dies den Verlust der Kooperation des Mannes bei der Aufzucht ihrer
eigenen Nachkommen bedeuten kann. Aus dieser Sicht müsste sexuelle Untreue der Frau für einen
Mann weniger bedrohlich sein, wenn es sich bei dem Rivalen um seinen Bruder handelt, als wenn der
Rivale ein Fremder ist, da potentielle Nachkommen im ersteren Falle genetisch stärker mit dem Mann
übereinstimmen als im letzteren. Bei weiblichen Befragten lassen sich für den Vergleich
´Schwester-Fremde´ weniger klare Vorhersagen ableiten. In einem Experiment mit 198 britischen
Studierenden zeigte sich eine Replikation des klassischen Geschlechtseffekts bei Reaktionen auf
sexuelle versus emotionale Untreue. Im Widerspruch zur evolutionären Sicht gaben jedoch 89% der
Männer und 94% der Frauen an, dass sexuelle Untreue der Partnerin bzw. des Partners mit ihrem Bruder
bzw. ihrer Schwester für sie schlimmer waere als mit Fremden. Bei der Analyse von rund 1500
Testamenten in Kalifornien ergab sich ein spezifisches Muster bei Familien mit Kindern: Männer gaben
im Mittel 80% des Erbes an die überlebende Gattin und nur 17% an die Kinder. Frauen wiesen den
Witwern nur einen Anteil von 40% zu, dagegen ihren Kindern einen von 48%. Die Ergebnisse werden im
Rahmen des Gesamtfitness-Ansatzes interpretiert: Da Frauen eine kürzere reproduktive Phase haben als
Männer, ist es bei letzteren wahrscheinlicher, daß sie erneut heiraten und Kinder kriegen. Frauen können
daher weniger als Männer darauf vertrauen, daß der oder die Überlebende das Vermögen an die
gemeinsamen Kinder weitergeben. Die Unterschiede in den Zuweisungen sollten also nur auftreten, wenn
sich die Frau bereits jenseits ihrer reproduktiven Phase befindet, der Mann aber noch in ihr. Sind dagegen
beide noch in Lage, weitere Kinder zu kriegen, sollten die Anteile von Witwern und Witwen annähernd
gleich sein. Diese Annahme wurde in zwei Experimenten geprüft. In beiden Studien wurden die Vpn
gebeten, sich in eine Person zu versetzen, die ihr Testament macht und ihr Vermögen zwischen dem
gleichaltrigen Lebenspartner und zwei Kindern aufteilt. Alter (36 Jahre vs. 51 Jahre) und Geschlecht des
Erblassers wurden unabhängig variiert. Im ersten Experiment nahmen die Vpn die Zuweisung der
Ressourcen selbst vor, im zweiten bewerteten sie drei vorgegebene Aufteilungen (Gleichaufteilung,
Bevorzugung des Partners, Bevorzugung der Kinder). Die Ergebnisse entsprechen im wesentlichen den
theoretischen Vorhersagen und sind weitgehend unabhängig von Alter, Geschlecht und
erbschaftsbezogenen Zielvorstellungen der Vpn. Männer und Frauen erleben und bewerten ihre
Partnerschaft zum Teil unterschiedlich. Anhand einer Längsschnittuntersuchung an über 600 Paaren
verschiedener Altersbereiche werden diese Wahrnehmungsunterschiede in verschiedenen Bereichen
aufgezeigt. Die Befunde bestätigen gängige stereotype Vorstellungen über die Geschlechtsspezifität
dyadischer Wahrnehmungsprozesse nur zum Teil. So etwa findet die Annahme, daß Frauen eine engere
Bindung an die Partnerschaft zeigen als Männer, in den Daten keine Bestätigung. Im Gegenteil scheinen
Separationstendenzen (z.B. Trennungsgedanken) bei weiblichen Teilnehmern akuter und stärker als bei
den männlichen Teilnehmern. Auch einstellungsmäßige Vorbehalte gegen die Auflösung der Ehe zeigen
sich bei weiblichen Teilnehmern schwächer ausgeprägt. Weitere Geschlechtsunterschiede finden sich in
den Vorstellungen gelingender Partnerschaft, der subjektiven Fairneß in der Beziehung sowie dem
partnerschaftsspezifischen Kontrollerleben. Nach einer evolutionspsychologischen Hypothese reagieren
Frauen (aus Gründen von Versorgungsinteressen, resource interests) in imaginierten
Forced-Choice-Szenarien von Beziehungsuntreue mehrheitlich mit emotionaler Eifersucht bzw. finden
emotionale Untreue des Partners belastender, während Männer (aus Gründen der Vaterschaftssicherung,
paternity confidence) in solchen Szenarien tendentiell mit sexueller Eifersucht reagieren bzw. sexuelle
Untreue der Partnerin belastender finden. Etliche in den letzten Jahren dazu durchgeführte
fragebogenbasierte Studien erbrachten Evidenz im Sinne dieses Geschlechtsunterschied. Zugleich wurde
aber auch dessen vorgebliche kulturelle Invarianz in Frage gestellt: in ostasiatischen und
US-amerikanischen Stichproben fiel der Geschlechtsunterschied signifikant größer aus als in mittel- und
westeuropäischen Stichproben


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