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tullipan schrieb am 11.5. 2009 um 16:43:05 Uhr über

Erdhausbau

erst einmal pflückt er sich wie jeden tag eine handvoll spinatblätter, vor allem die löchrigen, schon von den schnecken angefressenen.
behan setzt sich an den grob zusammengetischlerten holztisch beim nussbaum.
lustlos kaut er an den margarinebroten, die er sich gestern im obdachlosentageszentrum gestrichen hat, beisst ab und zu an den spinatblättern ab.
eine handvoll saftiges grün, jeden tag morgens und abends.
dazu trinkt er wasser, das er mit dem kanister vom dem trinkbrunnen aus dem nächsten park geholt hat.
bis die brunnenanlage da trinkwasser gibt, das wird noch dauern, denkt er.
behan blickt nach der sonne.
es ist ein heisser, wolkenloser frühsommertag.
könnte schon mittag sein, eher ein wenig darüber, überlegt er.
der traum beschäftigt ihn noch immer.
trostlosigkeit befällt ihn.
mit einer hand streichelt er über seinen körper, die nackte haut an den oberarmen, über sein gesicht.
er fährt unter sein leiberl und streicht leicht über den bauch, die brustwarzen, kreist um seinen bauchnabel.
na ja, sagt er sich. mich selber streicheln finde ich nicht so toll.
ihm fällt die beziehungstherapeutische sitzung mit seiner kranken ehemaligen freundin ein. na ja, freundin. sexpartnerin, freundin.
eigentlich weiss ich es nicht mehr.
ihr locker dahingesagtes reden, na, wenn mir mein partner keinen sex mehr geben täte, würde ich halt masturbieren.
bei ihr klang das so, wie wenn ein superreicher sagt, na, wenn ich kein geld hätte, täte ich mich halt schon irgendwie behelfen können.
fällt eher unter die kategorie lässige sprüche.
behan spürt den vertrauten zorn in sich aufsteigen.
er legt das angebissene brot zur seite und greift nach dem tabak.
mir schmeckts nicht mehr, mal eine rauchen.
zum erdaufhacken habe ich auch keine lust, ist eh schon viel zu heiss.
verdammter mist, dass ich den rucksack mit der saxflöte verloren habe.
wieso bekomme ich nie meine sachen zurück, wenn ich was verliere.
behan möchte jetzt gerne sax spielen, das spürt er.
sich abreagieren, alles herausschreien in tönen, sprudelnden klangkaskaden, und wieder sanfte, sachte klangmelodien aus dem rohr herauslocken.
die saxflöte fehlt mir wirklich.
behan seufzt. dann grummelt er.
irgendwie, denkt er, kann ich mir selbst was bauen.
ein rohrblatt, eine flöte oder ein horn.
ein paar schnüre, mehr braucht es nicht.
bis ich wieder geld bekomme, das dauert noch über ein monat.
vorher gehe ich nicht zu meinem musikhändler.
und dann will ich das grosse saxophon, wenigstens anzahlen.
auch wenns fast zwei monate lebensbedarf kostet.
ich will es sehen, ich will es anfassen, zerlegen bis ins kleinste schräubchen, putzen, pflegen, polieren bis es golden glänzt. und wissen, das es bald vollständig mir gehört.
das grosse saxophon.
die zigarette ist ausgegangen in seiner hand, achtlos wirft behan den kalten stummel zu boden.
den klaube ich später auf.
er spürt wieder appetit und trinkt erstmal noch ein häferl wasser.
ich habe ja noch kaum gefrühstückt, sagt er sich.
wenn es so weitergeht, falle ich noch ganz vom fleisch.


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