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Dionisio Ridruejo (geb. 1912)
FRONT-BEGRÄI3NIS
Im Schnee ist der Abend, der Tag schreitet fort, und nebelgleich schwebe, die Schatten empor.
Noch ist Gestalt und Name das Fleisch, das starke, treue Schultern in den Frieden der Erde geleiten.
Unter ihren dumpfen Schritten klingt das laute Schweigen nach, wenn der Körper ruht bis das Schweigen bricht.
Ist's dieses eisige Blut,
das die Adern durchbrennt? Das sie bindet und hält
wie einen verwachsenen Wald?
Jeder schweigt und nur ein Herz ist noch wach: das sich seiner e"vigen Einsamkeit bewußt wird.
Die Seelen vereinen zu einem ernsthaften Bund: Schon heißt er niemand, der Tod ist wahrhaftig.
Du, ich ... Morgen der Nächste ...
Leben in dem was bleibt?
Die Einsamkeit ist gebrechlich: alle in allen, nahe.
Im Schnee ist der Abend,
von Kummer schwer die Nacht,
und was der Mensch sich schafft
ist Scli@%,eigen über den Ebnen.
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Pierre Ernmanuel (geh. 1916)
PIETA ÜBER DEN VÖLKERN
Erhabner Schmerz auf dem Gebirg der wilden Schreie, regloser Schatten auf den Fluten der Erinnerung, unfühlend, wie die Jahre gleiten, wie in Scharen die Heere in unmenschlich schwarze Weiten fliehn, auf die aus Ihrem Auge Schauer der Erstarrung hinfegen! hier und nun, seit immer, ist Sie die Mutter, deren Sohn ihr starb, die keine Zeit mehr kennt, weil ihr der Sohn gestorben. Um die dritte Stunde, immer ist die dritte Stunde; ihr Blick ist lotrecht über eifenbeinernen Geländen, die Zeit verfinsternd, eine mitleidlose Sonne.
Also im Blut der Völker die vereisten Füße,
merkt sie die Schattengötter der Geschichte nicht und manchen falschen Christus, den die Angst der Menschen fristet, denn immer ist es der unzählige, der gleiche Christus, den Sie hält; ihr Schoß ist diese schlachtenfinstre Erde, die ungeheuer eine Milde des Beginres, die eine leichte Wärme dunklen Einverständnisses erfüllt. Aus Staub und Träne diese starken milden Hände versammeln unermüdlich einen losen Strauß, der immer wieder in die Schatten auseinanderfällt. Die Hände, diese starken Hände, die die Erde halten, vorschauend dieser Blick, der Jahre Schwindel, dies Fleisch, erglänzend von den Waffen innen,
Sie, einziger Gedanke über allem Denken,
den Dingen ihre ungewohnte Traurigkeit entreißend, um einen Gott des Friedens und der Liebe draus zu formen, deckt mit der jungen Mutter zärtlich sicherer Gebärde auf ihren erdig fahlen Sohn den Himmel dieser Erde.
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