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Salamander schrieb am 6.6. 2006 um 15:18:22 Uhr über

rechtschreibreform

Der große Reinfall
Soeben bricht die Rechtschreibreform zusammen

Eine Lawine kommt ins Rollen: Kaum wurde bekannt, daß ab 1. August 2000 die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG die allgemeine und bewährte Rechtschreibung wieder einführen werde, machte das Beispiel Schule. Als erstes schloß sich der renommierte Wissenschaftsverlag Pabst mit seinen zwanzig Fachzeitschriften sowie jährlich hundert wissenschaftlichen Büchern an. Etliche Tageszeitungen sondieren dieser Tage auf internen Konferenzen, ob sie nicht ebenfalls dem Possenspiel ein Ende bereiten sollen. Tatsächlich existieren derzeit mindestens dreiundzwanzig verschiedene Orthographienvon Einheitlichkeit der Rechtschreibung kann keine Rede mehr sein. Die verantwortlichen Kultusminister in Deutschland, Österreich und der Schweiz halten unbekümmert am einmal eingeschlagenen Weg fest, obwohl bereits die von ihnen eingesetzte Kommission klammheimlich den Rückbau der Reform betreibt. Ein Kasperltheater ohne Beispiel, zugleich aber auch ein Lehrstück über den Stellenwert von Pressefreiheit und Volksmeinung. Allein die FAZ erhielt kurz nach der Umstellung eine wahre Flut an Glückwunschschreiben.

Über die neuen Rechtschreibregeln selbst mag jeder denken, wie er will. Besorgniserregend ist aber, daß keine zwei Wörterbücher mehr übereinstimmen und sogar innerhalb der Bücher keine konsequente Anwendung der Regeln erfolgt. Lehrer korrigieren Diktate, sind aber selbst nicht sicher (und bekommen ihrerseits von findigen Schülern Fehler angestrichen). Am 25. August soll der neue DUDEN erscheinen, der große Teile der Rechtschreibreform zurücknehmen soll. Laut der deutschen Tageszeitung DIE WELT ist die Rückreform längst beschlossene Sache. Der Sprachwissenschaftler Theodor Ickler schrieb, die Rechtschreibkommission habe hinter dem Rücken der Kultusminister längst grundstürzende Veränderungen ihres mißratenen Reformwerkes beschlossen und den Wörterbuchverlagen Bertelsmann und Duden mitgeteilt.

Ein Jahr nach der zwangsweisen Einführung der neuen Rechtschreibung in den Schulen paßten sich am 1. August 1999 die meisten Zeitungen freiwillig an, allerdings mit verschiedenen eigenen Presse-Orthographien. Die Wörterbuchverlage — allen voran Duden und Bertelsmann — witterten im Kielwasser der Reform große Profitchancen und brachten gewaltige Auflagen von „amtlichen“ Wörterbüchern unters Volk, die dann doch zu Makulatur wurden. Denn zwischen zwei Auflagen ist schon wieder vieles anders. Mit dem neuen Duden zeichnet sich der nächste Schelmenstreich ab: „Die Reform als solche wird zwar nicht zurückgenommen“, betonte Duden-Sprecherin Anja zum Hingst; aber in den Wörterbuchverlagen laufen die Überlegungen auf Hochtouren, nun durch rückreformierte Wörterbücher das große Anschlußgeschäft zu machen. Hinweise aus einem großen deutschen Verlagshaus deuten darauf hin, daß man sich dort auf das Scheitern der Reform längst eingestellt hat. Der Druckindustrie soll´s recht seinaber jeder, der ein Wörterbuch braucht, sei vor diesen Mogelpackungen dringend gewarnt.

Inzwischen hat auch die NEUE KRONEN ZEITUNG Überlegungen geäußert, die Orthographie wieder zu normalisieren. Die Redaktion sieht in der entschlossenen Aktion der FAZ eine Chance, das Steuer doch noch herumzureißen und hofft auf eineumfassende Gegenbewegung in der Medienlandschaft“. Es ist mehr als wahrscheinlich, daß die KRONE unmittelbar vor einem Schritt in diese Richtung steht.



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