Messias

Es gibt doch jetzt diese Messieberater, wenn man seine Wohnung lange genug verpilzen läßt, kommen Leute vom sozialpsychologischen Dienst vorbei und ein Kamerateam von RTL, die schlagen dann die Hände überm Kopf zusammen, sagen 'Jesus Maria und Josef, wie sieht es denn hier aus' beziehungsweise 'neenee, wat 'ne Unordnung', je nachdem, ob sie von der Caritas oder der Arbeiterwohlfahrt kommen, und dann nimmt dich der Messie-Berater bei der Hand und spricht dir Mut zu, damit du die Kraft findest, dich von deiner Zellophantütchensammlung, der Kollektion gelbstichiger Kloumpuschelungen und den zwanzig Jahrgängen Bild-Zeitung trennen zu können. Und irgendwann verschwindet der Messieberater wieder auf geheimnisvolle Weise, und du bleibst zurück in der leergeräumten Wohnung, mit nichts in der Hand als dem Abfallkalender, legst deine leergefutterte Sardinendose zu ihren Brüdern hinter der Heizung (wenigstens die hat er nicht gefunden!) und wartest auf RTL - Explosiv.

Der Messias sorgte in der SPD stets für netzpolitisches Halleluja. Er wandelte Kinderpornos in Wein um und wurde anschließend als Lustknabe gekreuzigt. Am dritten Tage ist er vom Rausch auferstanden. Wenn er nicht in den Himmel aufgefahren ist und zur Rechten der Steinbeißer sitzt, speichert er heute Vorratsdaten. »Halleluja!« trällert auch der Erzengel Gabriel, seine Reitgerte stets im Anschlag.

Messias wird man durch einen C64, pseudorevolutionäre Worthülsen, Weltretter-Allüren und einen guten Draht zur Politik. Trotzdem setzt man sich als Messias der Gefahr aus, irgendwann gekreuzigt zu werden.