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Kah schrieb am 3.4. 2007 um 22:52:28 Uhr über

Atomtod

Es ist ein sonniger und warmer Tag im Frühsommer. Die Liegen, Sonnenschirme und Plätze an der Costa del Sol sind bald schon belegt. Eine junge Frau hat ihr Badetuch im Sand ausgebreitet und genießt die Sonnenstrahlen. Ein paar Jungs spielen Volleyball, doch die junge Frau döst vor sich hin und ist kurz davor einzuschlafen.

Ein paar Minuten später wacht sie auf, als sie ein leichtes Brennen auf dem Rücken spürt und cremt sich noch einmal ein. Sie sieht sich nach den Volleyballspielern um und bemerkt, dass die Sonne sie stark blendet. Sie muss ihre Augenlieder schon fast schließen und stellt fest, dass das Volleyballspiel beendet wurde. Die Jungs sind zurück zu ihren Sonnenschirmen oder ins Wasser gegangen. Ihr Nachbar, ein wohlbeleibter älterer Herr, hat seine Badetasche gepackt und geht nun in Richtung Ausgang des Strandabschnitts. Die junge Frau legt sich ein Handtuch über die Beine, um keinen Sonnenbrand zu bekommen.

Als sie sich auf den Rücken dreht und dabei aufs Meer hinaussieht, bemerkt sie einen blauen Farbton in den herangischtenden Wellenkämmen, der ihr zuvor nicht aufgefallen war. Die Wellen sind klar, glitzernd und irgendwie schärfer gezeichnet als vor wenigen Minuten. Sie kramt nach ihrer Sonnenbrille, denn ihre Augen beginnen zu schmerzen von dem grellen Licht, das die Sonne verbreitet. Selbst der Schatten ihres Armes, als sie in ihre Tasche greift, erscheint ihr sehr kontrastreich. Die Farben ihrer Tasche scheinen sich auch verändert zu haben, die orange-roten Streifen wirken blass und der weisse Kunstoff erscheint ihr wie von innen heraus beleuchtet. Der weiße Turm der Lebensretter leuchtet elektrisierend bläulich und die Hecke am Zaun neben dem Ausgang hat ihr Grün fast in ein Türkis geändert.

Sie steht auf und geht zum Wasser, läuft hinaus, schwimmt und taucht dann ab. Über ihr scheint eine Sonne, die ein wenig kleiner ist, als in den Astronomiebüchern nachzulesen wäre.

Nun ist eine halbe Stunde vergangen und der Strand ist so gut wie leer. Einige wenige sind noch zurückgeblieben und bereiten sich auf einen Sprint zu ihren Autos vor. Die Sonne erstrahlt in einem harten Blau, sie verbrennt die Haut nach kürzester Zeit.

In der Nähe von Paris, einige hundert Kilometer weit entfernt von der Costa del Sol, fährt eine deutsche Familie auf der Rue Pecquay zu ihrem Ferienhaus. Das dunkle Automobil scheint wie ein Kochtopf, die Klimaanlage gibt seit einer Viertelstund ihr Letztes. Die Mutter hat den Arm ins Innere des Wagens genommen und das Beifahrerfenster geschlossen, nachdem sie den Schmerz spürte, als die Sonne die Haut ihres Armes verbrannte. Der Vater am Steuer des Autos kneift schon seit einigen Kilometern die Augen zusammen und kann trotz seiner Sonnenbrille kaum noch etwas erkennen. Er sieht das Schild am Strassenrand, noch 10km, er weiss, dass er dort Schatten finden wird. Die Sonne blendet so stark, dass er für einen Moment die Augen schließt. In der Kurve, die er dabei übersieht, kommt er mit dem rechten Rad von der Straße ab und schafft es gerade noch, den Wagen wieder in die Spur zu bringen.

Eine Stunde ist nun vergangen, seit die Sonne damit begonnen hat, sich in eine Supernova zu verwandeln. Sie ist nur noch halb so groß, wie sie immer war. Der Zusammenbruch geht langsam und gleichförmig voran. Das Licht ist nun so stark, dass es zum Erblinden führt und es wird weiterhin heller. Der Kollaps geht sehr ruhig und allmählich von statten.

Mir bleibt es, einen schönen Tod zu wünschen.


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