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GPhilipp schrieb am 23.10. 2002 um 21:40:32 Uhr über

Künstler

Der Künstler

Der Künstler hat kein Geld. Er lebt für die Kunst. Nein, er lebt für seine Kunst. Von der Kunst kann man nicht leben. Lebenskünstler leben von der Kunst, zu leben. Sie überleben. Sie überleben nicht ihr Leben. Der Künstler überlebt sein Leben. Er lebt nicht in der Zeit.

Der Künstler sitzt in seiner Kammer. Er ist für sich - all-ein. ER ist nicht besonders fleissig. Er sitzt und denkt und ist. Er lauscht. Das Ticken des Weckers hallt von den Wänden. Der Hall von den Wänden vom Ticken des Weckers prallt auf den Wecker. Als ich ihn vor Wut an die Wand werfe, springt er mir als Ball in die Hände. Als ich den Ball aus Wut gegen die Fensterscheibe werfe, ist diese eine Art Trampolin und der Ball springt mir als Pfannkuchen ins Gesicht. Ich habe heute schon gegessen. Ich bin heute schon zum Bahnhof gefahren. Ich war heute schon beim Arbeitsamt. Ich habe heute schon eine Zigarette geraucht. Beim Rauchen habe ich heute schon ferngesehen. Während ich mit dem Auto zum Bahnhof fuhr und als ich beim Arbeitsamt war, habe ich geraucht.

Der grosse Meister lässt sich den farbgetränkten Pinsel reichen. Er wird bedacht und überlegt angesetzt (der Ansatz ist das wichtigste) und dann kurz aber bestimmt auf die Leinwand auf dem Brett gedrückt. Hammer und Nagel werden geholt und der grosse Pinsel wird befestigt. Noch ein Hammer wird geholt. Damit wird der erste Hammer festgenagelt. Der neue dritte Hammer nagelt den alten zweiten, usw. Der jeweils nagelnde Hammer wird genagelt, usw. Der letzte Hammer wird nicht genagelt. Er wird so festgemacht, dass mit ihm der ganze grosse Pinsel bedeckt ist. Ohne den letzten Hammer würde man noch etwas von dem Pinsel sehen. Mit einem Lächeln auf dem Gesicht nennt der Meister sein Werk: Von .. Hämmern begrabener grosser Pinsel.

Künstler sind eigenartig. Sie sind so, weil sie nicht so sein wollen wie ihr. Sie sind nicht besonderes. Sie sind nicht aussergewöhnlich. Sie wollen ganz normale Sachen: gut essen, gut trinken usw.
Weil ich kein Künstler bin, gehe ich tagsüber arbeiten und setze mich abends vor den Fernseher, trinke eine Flasche Bier, werde müde und schlafe ein. Wenn ich wieder aufwache, ist schon Sendeschluss. Deshalb schallte ich den Fernseher aus und lege mich ins Bett.

Was ist schon die Kunst?! Sie hat keine Bedeutung! Kunst ist ein Begreifen, ein Betasten. Sie ist ein Auffallen von etwas Abfälligem. Kunst ist ein Bedeuten von etwas Abfälligem. Der Abfall fällt auf und wird bedeutet. Einfalt hat nichts mit Kunst zu tun. Der Künstler fällt auf, weil ihm nichts einfällt. Er fällt auf, weil ihm etwas auffällt. Gleichzeitig fällt er ab. Er hat keinerlei Bedeutung. Er bedeutet. Das Werk hat keine Bedeutung. Man bedeutet es. Das Werk hat keine Aussagekraft. Es sagt nichts aus. Man deutet es. Man legt Bedeutung hinein, die nichts zu bedeuten hat. Schon deshalb, weil das Werk keine Bedeutung hat, sagt es nichts aus. Es kann kein Funke überspringen, das Werk ist kein Auslöser von etwas. Es ist ein Werk des Künstlers, es ist ein Kunstwerk. Ich bin ein Kunstwerk.
Was bedeutet schon die Kunst? Nichts!
Was bedeutet schon ein Künstler? Er bedeutet den Abfall!

20.8.1975





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