Mindesthaltbarkeitsdatum

Vorhin habe ich Kaugummis weggeworfen, die bis Juli '99 haltbar waren. In der Tasche war auch noch ein Duplo. Aber auf dem Duplo steht gar kein Mindesthaltbarkeitsdatum.
Übernächste Woche werde ich es essen. Nicht nächste Woche, weil da darf ich nicht krank werden. ;-)

Oder lieber doch nicht?

Versucht niemals, vor 5 Jahren abgelaufenes Karlsquell zu trinken. Das an sich schon mäßige gustatorische Erlebnis war im Ekligkeitsgrad noch deutlich erhöht durch einen metallischen Beigeschmack. Kann ich nur von abraten.

Wenn man sich auf eine kleine Reise in die Speisekammer begibt, so kann man, mit ein wenig Glück, nahrungshistorische Entdeckungen machen:

»Rindfleich in brauner Soße«

Ein vielversprechender Titel!

Die Isotopenmethode ergab:

Haltbar bis 1980!

nicht schlecht?

Suchen wir weiter....

Aha!

Ein interessantes Areal, uralte Sedimente, direkt hinter dem vergammelten Tafelwein:

Wir werden fündig:

"Tortenguss: Made in west Germany,

Haltbar: 1985.


Und gleich daneben: Backpulver der Marke »Backin«

Mmmmmh! lecker. Gerne einmal pur auf Eis.

Rekordverdächtig: mind. Haltbar bis 10.11.1979.

Sehr schön.

Genau das richtige für einen leckeren Kuchen an die Verwandtschaft.
Doch meine Frischwasserreserven gehen zur Neige.
Ich muss umkehren.

Wahrscheinlich sind in irgeneinem verborgenen Labor ein paar Wissenschaftler damit beschäftigt, ein Mittel zu entwickeln, das dafür sorgt, daß Lebensmittel mit Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums um Punkt 0.00 Uhr schlagartig verfaulen. Das wäre eine wirklich segensreiche Erfindung, entfiele damit doch das unsägliche »ob das wohl noch gut ist? na mal probieren - würg«, wenn das Mindesthaltbarkeitsdatum seit drei Tagen überschritten ist.

Wenn es so weit ist, sollte man das Mindesthaltbarkeitsdatum aber umbenennen in »Verfallsgarantie«, was dann zu folgenden Szenen im Supermarkt führen kann:

Kunde: »Schauen sie mal. Der Yoghurt ist seit einer Woche abgelaufen und noch immer nicht schlecht.«
Verkäufer: »Oh, da tut mir leid. Dann nehmen sie sich doch einen vergammelten von da hinten.«
Kunde: »Na also - geht doch!«

Wie oft schon hat man sich darüber hinweggesetzt als wäre es eine willkürliche Zahl ohne praktische Bedeutung! Wie haben wir uns cool gefühlt, als wir mit angeberischem Grinsen jenen Joghurt aßen, der sich jahrelang im unübersichtlichsten Winkel des Kühlschranks hinter einem Fass mit sauren Gurken verschanzt hatte. Die Konvention, sagte jemand, verbietet es und der gesunde Menschenverstand ist skeptisch, aber man ist jung und außerdem männlich, also auch tollkühn.
Und doch, nur einmal die Gefahr unterschätzen, nur einmal die eigenen Grenzen verleugnen, ein einziger Fehlgriff, die Folgen sind nicht abzuschätzen!