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Hilfe für Afrika ist ein Gewinn
Als die Vereinten Nationen vor zehn Jahren acht gute Vorsätze der Entwicklungshilfe formulierten, sprachen sie vollmundig von Millenniumszielen. Jahre oder Jahrzehnte waren nicht genug, es musste gleich ein ganzes Jahrestausend sein. Es galt schließlich, die Welt zu retten. Immerhin wurden die Ziele zum konkreten Bezugspunkt für weitere Vorgaben von G 8, G 20 und Europäischer Union. Doch auf dem neuerlichen Millenniumsgipfel in New York müssen sich nun die versammelten Staats- und Regierungschefs vorhalten lassen, dass sie weit hinter Plan liegen.
Die neue Vereinbarung sieht nun vor, dass die Uhr trotz verfehlter Zwischenetappen wie bisher bis zum Jahr 2015 läuft. Fünf Jahre sollen alles zum Guten wenden. Ach, man könnte lange spotten, und es ist sicher richtig, dass sich die Teilnehmer mit Vorsatz in die Tasche lügen. Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Denn in Afrika hat sich in den zehn zurückliegenden Jahren wirklich einiges getan. So kommen viele Länder auf ansehnliches Wirtschaftswachstum, werden mehr Kinder eingeschult und haben mehr Menschen Zugang zu HIV-Medikamenten. Wenn afrikanische Staaten als strategische Partner verstanden würden, dann hätten beide Seiten mehr davon. Denn es gibt ja auf diesem Nachbarkontinent Europas nicht nur Armut, Gewalt und Krankheiten, sondern boomende Volkswirtschaften, junge Menschen und unermessliche Rohstoffe. Es ist kein Zufall, dass sich China mit Milliarden und Abermilliarden engagiert, nicht als Helfer, sondern als Investor. Anstatt immer nur von China und Indien zu schwärmen, sollten sich deutsche Unternehmen ihre Chancen in Afrika erschließen. Aus Risiken erwächst Gewinn.
Quelle: Tagesspiegel
Anmerkung Orlando Pascheit: Ein sympathischer Artikel, weil er versucht, Hoffnung zu verbreiten. In der mittelfristigen Realität besteht aber wenig Anlass für Hoffnung. Das ansehnliche Wirtschaftswachstum basiert vor allem auf dem Reichtum natürlicher Ressourcen in einigen afrikanischen Ländern. Dieser Rohstoffreichtum wird aber in den wenigsten Fällen zum Aufbau infrastruktureller Voraussetzungen für die weitere Entwicklung der afrikanischen Volkswirtschaften genutzt. Diese “leichten” Einnahmemöglichkeiten stehen leider nur allzu häufig dem Bemühen im Wege, eigene Kompetenzen, die auf dem Weltmarkt verwertbar sind, zu entwickeln. Kaum vorhandene Rechtsstaatlichkeit trägt ein Übriges dazu bei, dass bei der Verteilung dieses Reichtums meist nur einige Wenige davon profitieren.
Die Hoffnung, dass westliche Investoren die vorhandenen Chancen nur ergreifen müssten, ist trügerisch. Auch die in diesem Artikel hervorgehobenen chinesischen Investitionen dienen vor allem der Sicherung von Rohstoffvorkommen, angefangen bei der Erdölförderung bis hin zur Pacht von riesigen Agrarflächen. Darüber hinaus gehende Investitionen sind an bestimmte Rahmenbedingungen geknüpft, die die meisten afrikanischen Länder nicht erfüllen. Selbst die politische Stabilität ist bei vielen afrikanischen Volkswirtschaften nicht gegeben, dabei ist sie die aller erste Voraussetzung für komplexere, hochwertige Investitionen. Letztere erfordern aber auch eine Mindestzahl an qualifizierten Arbeitern und Angestellten, Ingenieuren, Ärzten, Lehrern usw. Leider ist es aber so, dass Afrika einen “brain drain” seiner besten Kräfte zu verzeichnen hat. Aber selbst für Investitionen in arbeitsintensive Billiglohn-Produktion ist z.B. ein Minimum an Verkehrsinfrastruktur notwendig. So ist beispielsweise die Hafeninfrastruktur vieler afrikanischer Länder nicht in der Lage, sich den Hafenkapazitäten Europas anzupassen. So führt die unzureichende Anzahl von Liegeplätzen zulangen und teuren Wartezeiten, so dass sich Engpässe im Schiffsverkehr zwischen Europa und Afrika bilden. Und selbst wenn sich die Hafenkapazitäten relativ schnell erweitern ließen, stellt der unterentwickelte Ausbau der Landverbindungen zu diesen Häfen ein Problem dar.
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