Sie sagt, sie hat’s RTL angeboten.
(Aufgezeichnet. Unverlangt. Eindeutig gemeint.)
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Sie sitzt am Fenster,
wie man es nicht spielt, sondern lebt.
Still, aber nicht leise.
Präsent, ohne sich zu zeigen.
Es läuft irgendeine Talkshow,
zu hell ausgeleuchtet,
zu laut geschnitten,
zu sehr bemüht.
Sie beobachtet das Programm,
wie man einen schlecht gekleideten Exkollegen in der Fußgängerzone beobachtet –
mit leiser Fremdscham
und dem Wissen,
dass es mal besser war.
Und dass es das wieder sein könnte.
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„Ich hab’s RTL angeboten.“
Es kommt so beiläufig,
als würde sie von einer Postkarte sprechen,
die sie nie abgeschickt hat.
Doch sie blickt dabei nicht weg.
Sie sieht auf den Bildschirm,
als würde sie darin etwas prüfen,
das sie früher selbst mitgebaut hat.
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Man merkt schnell:
Sie ist vom Fach.
Manche nennen das „instinktiv“.
Aber sie weiß, was sie tut,
wenn sie über Formate spricht,
als wären es Dialogpartner.
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Sie sagt:
„Ich hab ihnen drei Konzepte geschickt.
Nichts Weltbewegendes.
Nur Zeug, das wieder atmen kann.“
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„Wer hat’s verkackt.“
Ein Format über Scheitern mit Stil.
Nicht bloß zum Lachen –
zum Wiedererkennen.
„Du bist nicht woke, du bist langweilig.“
Ein Talk, ohne Moderation.
Zwei Menschen,
ein Thema,
keine Ausflüchte.
„Wenn’s gut läuft,
versöhnen sie sich nicht.“
„Was guckst du wirklich.“
Ein Spiegel.
Zuschauer beim Zuschauen.
Fernsehen,
das sich selbst betrachtet –
und nicht mehr wegkommt vom Blick.
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Dann schweigt sie.
Ein Moment zu lang,
um nur eine Pause zu sein.
Eher wie ein Schnitt in einem Film,
bei dem die Tonspur stehen bleibt.
Sie erzählt plötzlich von Südfrankreich.
Ganz anders,
aber völlig logisch.
Nicht als Sehnsuchtsort.
Sondern als Ort,
wo man nicht auffällt.
Wo man nicht erklären muss,
wo niemand fragt,
„Was machen Sie beruflich?“
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„Ich kann mir Mallorca nicht vorstellen“,
sagt sie.
„Italien ist zu voll.
Norwegen klingt wie Selbstmord mit Aussicht.“
Dann lächelt sie,
nicht übertrieben,
nur wie jemand,
der seine Entscheidung schon vor Jahren getroffen hat.
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„Südfrankreich ist warm, aber nicht aufdringlich.
Wie ein Satz, der da ist,
aber nicht betont wird.“
Dort sagt man nicht „Guten Tag“.
Man nickt.
Und manchmal, denkt sie,
ist ein Nicken alles,
was von einem Leben bleibt.
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Sie sagt nicht, dass sie geflohen ist.
Nur, dass es weit genug weg sei,
um in Ruhe zu verschwinden,
und nah genug,
dass niemand merkt,
dass man nicht mehr zurückwill.
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„Köln zur Mittagspause ist lauter.
Aber nicht ehrlicher.“
Und wieder dieses Lächeln.
Dieses „Ich weiß es besser“ –
nicht arrogant.
Einfach erprobt.
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„Ich hab’s RTL angeboten“,
sagt sie noch einmal.
Einfach so.
Nicht, um genommen zu werden.
Nur, damit jemand
irgendwann
nachsieht,
ob noch Post gekommen ist.
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